Finanzen

Ungewöhnliches Statement: Merkel ist offenbar wegen Crash nervös

Der Crash hat offenbar auch Angela Merkel einen gehörigen Schrecken eingejagt. Die Bundeskanzlerin äußerte sich, sehr ungewöhnlich, zu den Verwerfungen an den internationalen Börsen. Doch mit einer selbständigen Einschätzung hielt sich Merkel zurück - und verschanzte sich hinter dem IWF.
24.08.2015 20:29
Lesezeit: 2 min

Der Crash hat auch bei Angela Merkel für Nervosität gesorgt und die Kanzlerin zum ungewöhnlichen Schritt eines Börsen-Kommentars veranlasst. Anleger dürfen von Angela Merkel allerdings keinen Hinweis erwarten, ob der Börsen-Crash ein ernsthaftes Problem in der Wirtschaft signalisiert oder nur ein kleiner Unfall war. Die Kanzlerin sagte am Montag, sie vertraue der Einschätzung des IWF, dass China schon alles richtig machen werde. Die Tatsache, dass Merkel sich überhaupt zu dem Thema äußerte, deutet auf einige Sorgen hin, die die Kanzlerin haben dürfte. Politische Statements dieser Art dienen in der Regel der Beruhigung der Bevölkerung und stellen keine Sachaussagen dar. Zuletzt waren Merkel und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück am Höhepunkt der Finanzkrise vor die Presse getreten und hatten die Spareinlagen garantiert - wohl wissen, dass sie das gar nicht können. Die Regierung war damals beunruhigt gewesen, weil die Bundesbank ungewöhnlich viele Abhebungen an den Geld-Automaten registriert hatte. 

China wird nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande alles tun, um einen Wirtschaftseinbruch zu vermeiden. "Ich bin der Überzeugung, dass China alles in seinen Möglichkeiten stehende tun wird, um die wirtschaftliche Situation zu stabilisieren", sagte Merkel am Montag nach einem Treffen mit Hollande in Berlin. Angesichts der Ängste vor einem Einbruch der Weltwirtschaft nach stark sinkenden Börsenkursen am Montag verwies Merkel auf den Internationalen Währungsfonds (IWF). Dieser sei nicht besorgt, dass es eine lang anhaltende Krise in China geben werde. "Wenn jeder seinen Weg geht, wird China seinen Beitrag dazu leisten", sagte sie. Das Wort "Hausaufgaben" fiel nicht.

Der IWF hatte vor wenigen Tagen gesagt, er halte den China-Crash für keinen globalen Trend. Doch die Marktteilnehmer schenkten den beschwichtigen Worten der Organisation von Merkels Freundin Christine Lagarde keinen Glauben, sondern verfielen erst recht in Panik.

Der IWF war bereits in Griechenland dadurch ins Gerede gekommen, weil er andauernd alle Prognosen als über-optimistisch kassieren musste.

Würde Angela Merkel profunde Wirtschaftsanalysen wie diese oder jene lesen, würde sie sich vielleicht doch einige Gedanken machen und möglicherweise zu einem anderen Urteil kommen. Ob sie es jedoch wagen würde, ihre eigene Einschätzung offen auszusprechen, ist eine andere Frage. Die USA haben in diesem Zusammenhang ein wesentlich professionelleres Kommunikationssystem: Obamas Berater Larry Summers sagte, er halte es für denkbar, dass der Crash der Vorbote einer sehr ernsten Situation sein könnte.

Ähnlich unspezifisch reagierte auch Hollande, der sagte, dass China seine Lage stabilisieren werde. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt habe dafür genug Ressourcen. "Die Weltwirtschaft ist solide genug, um ebenfalls Wachstumsperspektiven zu haben - unabhängig von China", sagte er. Die Politik könne sich nicht an Börsenindizes orientieren.

Die Furcht vor einem heftigen Konjunktureinbruch in China hat am Montag heftige Schockwellen durch die Finanzmärkte gejagt. Der Dax verlor 4,7 Prozent, der französische Index CAC 5,6 Prozent.

Die etwas hilflose Reaktion der europäischen Politiker zeigt, dass die wichtigsten wirtschaftspolitischen Entscheidungen längst in den Händen anderer liegen. Sollten diese versagen, hat die Politik wenig Möglichkeiten, zu reagieren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...