Gemischtes

Flüchtlinge: Österreich stellt Zug-Verkehr mit Ungarn ein

Die österreichische Bundesbahn hat den Verkehr zwischen Ungarn und Österreich eingestellt. Der Grund: Die Züge seien hoffnungslos mit Flüchtlingen überlastet. Die Bahn rief freiwillige Helfer auf, keine Flüchtlinge mehr zu den Bahnhöfen zu bringen.
10.09.2015 17:07
Lesezeit: 2 min

Die österreichische Bahn hat am Donnerstag den Zugverkehr zwischen Österreich und Ungarn angesichts des Andrangs von Flüchtlingen vorübergehend eingestellt. Grund sei die «massive Überlastung» der aus Ungarn kommenden Züge, teilte das Unternehmen mit. Eine Prognose, wann Züge wieder fahren könnten, sei schwierig, hieß es.

Das Sicherheitsrisiko sei zu groß, sagte ÖBB-Sprecher Michael Braun. «Die aus Ungarn kommenden Züge sind so dermaßen überfüllt, dass wir sie auf keinen Fall weiterfahren lassen können. In Österreich dürfte so ein Zug den Bahnhof gar nicht verlassen.»

Eingestellt wurde demnach der Zugverkehr in beide Richtungen. Betroffen waren die Railjet/EuroNight- und die Eurocity-Verbindung auf der Strecke Wien-Budapest sowie grenzüberschreitende Regionalzüge. Bis auf weiteres sollten keine Tickets für Fahrziele in Ungarn verkauft werden.

Nach Angaben der Polizei stieg die Zahl der aus Ungarn kommenden Flüchtlinge am Donnerstag an. Tagsüber passierten demnach auch etwa 1000 Menschen zu Fuß die ungarisch-österreichische Grenze.

Nach der Einstellung des Zugverkehrs zwischen Österreich und Ungarn haben am Donnerstag mehrere hundert geflüchtete Menschen im Budapester Ostbahnhof auf eine Ausreisemöglichkeit gehofft. Familien mit kleinen Kindern drängten sich vor den Bahnsteigen, zumeist Kriegsflüchtlinge aus Syrien. Andere lagen erschöpft auf dem Boden. Freiwillige Helfer versorgten die Wartenden mit Lebensmitteln und Kleidung.

Über ein Megafon erklärte ein Flüchtling auf Arabisch die neue Lage. Er sagte, die Menschen sollten sich eine Fahrkarte bis zum nordungarischen Grenzbahnhof Hegyeshalom kaufen. Von dort aus könnten sie in Gruppen die Grenze nach Österreich überqueren. Nach österreichischen Polizeiangaben gelangten am Donnerstag etwa 1000 Menschen zu Fuß über die Grenze.

Die ÖBB riefen freiwillige Helfer und Busunternehmen auf, keine weiteren Reisenden an die Bahnhöfe zu bringen. «Eine geordnete Abwicklung der aktuellen Situation kann sonst nicht mehr gewährleistet werden. Der ohnehin schon starke Zustrom in Kombination mit der großen Zahl der schon jetzt an den Bahnhöfen auf die Weiterfahrt wartenden Menschen übersteigt die vorhandene Zugkapazität bereits seit den Morgenstunden.»

Die Lage an den großen Wiener Bahnhöfen sei angespannt, sagte Braun. Würden nun weiter zahlreiche Menschen aus Ungarn auf dem Weg nach Westen dort eintreffen, könne die Situation «kippen». Wien liegt an der Hauptflüchtlingsroute von Ungarn in Richtung Deutschland. Nahe des Wiener Westbahnhofs wurde unter anderem ein Aufnahmelager mit rund 600 Betten eingerichtet.

Sonderzüge nach München seien vorerst allerdings nicht vorgesehen, sagte Braun. Derzeit stünden insgesamt weniger Züge zur Verfügung, da etliche noch vom Wochenende gewartet und gereinigt werden müssten. Am Wochenende waren nach offiziellen Angaben deutlich mehr als 15 000 Menschen nach Österreich gekommen, nachdem sich Wien und Berlin in Absprache mit Budapest darauf verständigt hatten, Flüchtlinge aus Ungarn ohne bürokratische Hürden und Kontrollen einreisen zu lassen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzen: Deutschlands Pleitewelle hält an – ein Blick auf Ursachen und Folgen
11.07.2025

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland steigt weiter – wenn auch etwas langsamer. Trotzdem deuten aktuelle Daten auf tiefgreifende...