Finanzen

E.ON und RWE: Gefangen in der Atom-Haftungsfalle

Spekulationen über zu niedrige Rückstellungen der Atomkonzerne ließen deren Aktien am Dienstag stark sinken. Die drohenden Finanzierungslücken warten nun auf einen Kompromiss zwischen Politik und den Energie-Riesen.
16.09.2015 17:58
Lesezeit: 1 min
E.ON und RWE: Gefangen in der Atom-Haftungsfalle
Die RWE-Aktie ist am Dienstag kurzzeitig stark gefallen. (Grafik: ariva.de)

Als wären die Aktionäre von E.ON und RWE nicht schon genug leidgeprüft, sorgten neue Spekulationen über angebliche Milliarden-Lücken in den Rückstellungen für den AKW-Rückbau der vier in Deutschland aktiven Atomkraft-Betreiber am Dienstag für ein regelrechtes Kursmassaker. Zeitweise um bis zu 13% brachen die Aktienkurse von E.ON und RWE ein, nachdem „Spiegel Online“ berichtet hatte, die Rückstellungen der Atom-Konzerne seien um bis zu 30 Milliarden Euro zu niedrig. Erst nachdem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel darauf hinwies, dass die Stresstest-Ergebnisse noch gar nicht vorlägen, erholten sich die Kurse ein wenig.

Tatsächlich ist es ein offenes Geheimnis, dass die von RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW gebildeten Atom-Rückstellungen von 38,4 Milliarden Euro wohl nicht ausreichen werden, um den AKW-Rückbau zu finanzieren. Das gilt insbesondere, wenn auch die Kosten für die Endlagerung berücksichtigt werden, die sich seriös kaum abschätzen lassen.

Bei dem Stresstest der AKW-Rückstellungen dürfte die vom Wirtschaftsministerium beauftragte Prüfungsgesellschaft Warth & Klein Grant Thornton denn auch verschieden Szenarien durchrechnen. So ist es durchaus möglich, dass im schlimmsten Fall ein Rückstellungsbedarf von bis zu 70 Milliarden Euro herauskommt. Entscheidend ist jedoch, welches Szenario die Politik am Ende für am wahrscheinlichsten hält und zur Grundlage für die anstehenden Verhandlungen über einen Atom-Kompromiss mit den Energie-Konzernen macht.

Der jüngste Kurssturz zeigt indes, wie dringend eine solche Einigung zwischen Politik und Atom-Konzernen ist. Ohne ein hohes Maß an rechts- und Planungssicherheit für die Strom-Konzerne werden die Investoren einen großen Bogen um die Versorger-Aktien machen. Doch auch bei einer Stiftungslösung, bei der die Konzerne ihre Rückstellungen einbringen, wird die Politik die Versorger nicht vollständig aus der Haftung entlassen können.

***

In Kooperation mit PLATOW Medien. Seit 70 Jahren steht der Name PLATOW für unabhängige Berichte und Exklusivrecherchen aus Wirtschaft, Kapitalmarkt und Politik. Der PLATOW Brief liefert Ihnen 3x pro Woche auf je 4 Seiten aktuelle Hintergrundinformationen aus der Finanzwelt, Analysen zu den internationalen Kapitalmärkten, zur Konjunktur und zu Zinsen. Für ein 4-wöchiges Probeabonnement können Sie sich hier anmelden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...