Politik

Stratfor: Flüchtlings-Krise beschleunigt Zerfall der EU

Der private US-Geheimdienst Stratfor geht davon aus, dass die aktuelle Flüchtlings-Krise den Zerfall der EU beschleunigen werde. Diese Krise führe zu massiven Spannungen zwischen den EU-Staaten. Dadurch werden die nationalen Euro-Skeptiker gestärkt. Die EU-Spitzen wirken in der Tat trotz ihrer guten Absichten geradezu ohnmächtig in der Krise.
19.09.2015 00:01
Lesezeit: 2 min
Stratfor: Flüchtlings-Krise beschleunigt Zerfall der EU
Herkunftsländer und Destinationen von Asylsuchenden. (Grafik: Stratfor)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In den vergangenen Wochen haben mehrere EU-Mitgliedstaaten vorübergehende Grenzkontrollen eingeführt, um den Zustrom von Asylsuchenden zu stoppen. Die meisten Länder, die diesen Schritt vorgenommen haben, befinden sich rittlings der sogenannten Balkan-Route, die von Griechenland, über Mazedonien, Serbien und Ungarn nach Österreich und Deutschland verläuft. Künftig könnten die Flüchtlinge aufgrund der verschärften Grenzkontrollen nicht mehr die Route über Ungarn nehmen, sondern über Kroatien und Rumänien, berichtet der private US-Geheimdienst Stratfor.

Sollten wiederum Serbien und Mazedonien ihre Grenzkontrollen verschärfen, müssten die Flüchtlinge von Griechenland aus nach Italien, um nach Österreich und Deutschland zu gelangen. Wenn dieser Fall eintritt, wird Griechenland die Auswirkungen spüren. Die Flüchtlings-Routen innerhalb Europas führen zwangsläufig zu Streitigkeiten und gegenseitigen Anschuldigungen zwischen den EU-Staaten. Inzwischen hat dieses Problem große Spannungen zwischen Italien und Frankreich sowie zwischen Frankreich und Großbritannien ausgelöst.

Stratfor wörtlich: „Obwohl die steigende Zuwanderung Europas alternder und schrumpfender Bevölkerung helfen kann, erzeugt es auch Konflikte in den Aufnahmeländern. In Deutschland zum Beispiel, hat der Zustrom von Asylsuchenden zu einem Anstieg von Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte geführt. Währenddessen steigt in Schweden - ein beliebtes Ziel für Asylbewerber - die Popularität der Anti-Einwanderungs-Partei Schwedendemokraten Partei. Während die meisten nationalistischen Parteien in Europa in den letzten Wochen etwas geschwiegen hatten, melden sie sich aufgrund der Kombination aus Zuwanderung und einer stockenden wirtschaftlichen Erholung in vielen EU-Mitgliedstaaten wieder zu Wort. Sie finden ein fruchtbares Umfeld.“

In den kommenden Tagen werde Deutschland den politischen Druck auf Länder wie Polen und Rumänien erhöhen, damit dieser Flüchtlinge aufnehmen. Doch es gibt, so Stratfor, keine Möglichkeit, die Länder zu diesem Schritt zu zwingen. Auch die Einführung von finanziellen Strafen - in Form von Geldstrafen für nicht-kooperative EU-Staaten - werden die politische Zersplitterung innerhalb der EU nur noch verschärfen.

Der private US-Geheimdienst ist der Ansicht, dass die EU am Ende zerfallen und erneut durch die Nationalstaaten ersetze werde.

Tatsächlich wirkt die EU-Spitze trotz der guten Absichten geradezu ohnmächtig: EU-Präsident Donald Tusk hat die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union zu fast flehentlich zu einem gemeinsamen Vorgehen in der Flüchtlingskrise aufgefordert. Sie müssten aufhören, die Verantwortung abzuwälzen und sich gegenseitig die Schuld für die Krise zu geben, forderte Tusk am Freitag in seinem Einlandungsschreiben zum EU-Sondergipfel am kommenden Mittwoch. Die Europäer seien derzeit nicht in der Lage, die gemeinsamen Außengrenzen der EU zu regeln. Der Schutz der europäischen Gemeinschaft sei jedoch oberste Aufgabe, "und wir haben an dieser Front versagt". Es sei entscheidend, eine glaubwürdige europäische Flüchtlingspolitik zu etablieren.

Vor dem Sondergipfel sorgt unter anderem die Frage der Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Länder für Streit. Bei dem Treffen sollte es auch darum gehen, wie den von der Krise besonders betroffenen Ländern Italien, Griechenland und Ungarn geholfen werden könne, forderte Tusk. Er regte eine Zusammenarbeit mit den Westbalkan-Staaten an, über die viele Flüchtlinge versuchen, in die EU zu kommen. Zudem müsse über eine Zusammenarbeit mit der Türkei und anderen Nachbarländern Syriens gesprochen werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Friedensverhandlungen ohne Putin und Trump: Lawrow lästert über Selenskyj und schimpft auf Berlin
15.05.2025

Friedensverhandlungen in Istanbul: Der russische Außenminister Lawrow fordert, den Gesprächen eine Chance zu geben – und zieht...

DWN
Finanzen
Finanzen Massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben: Deutschland für höhere Militärausgaben trotz Wirtschaftskrise
15.05.2025

Verteidigungsminister Wadephul stellt sich hinter die Forderung des US-Präsidenten Trump für höhere Verteidigungsausgaben der...

DWN
Politik
Politik Rüstungsskandal bei der Nato: Verdacht auf Bestechung und Geldwäsche – Behörden ermitteln gegen Nato-Mitarbeiter
15.05.2025

Über die Nato-Beschaffungsagentur NSPA werden Waffensysteme und Munition im Milliardenwert eingekauft. Nun gibt es den Verdacht, auf...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Externe IT-Dienstleister: So teuer ist das Auslagern wirklich
15.05.2025

In ganz Europa setzen Organisationen auf externe IT-Dienstleister – und geraten dabei zunehmend in eine Falle: Der Einkauf orientiert...

DWN
Politik
Politik Frühere AfD-Chefin: Frauke Petry kündigt Gründung neuer Partei an - Alternative für die FDP?
15.05.2025

Die frühere Vorsitzende der AfD will vom kommenden Jahr an mit einer neuen Partei bei Wahlen antreten. Ziel der Partei soll sein, dass...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaft: Welche Unternehmen Deutschlands Wachstum und Wohlstand produzieren
15.05.2025

Analyse des McKinsey Global Institute (MGI) zeigt: Statt Effizienzsteigerung in der Breite treiben nur wenige deutsche Unternehmen den...

DWN
Panorama
Panorama Mutterschutz, Veteranen, Strom - was sich im Juni ändert
15.05.2025

Während mit dem Sommer auch die Urlaubszeit beginnt, gilt für Besitzer von Wohnwagen und Wohnmobilen bald eine neue Pflicht – und...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Gespräche in Istanbul: Nach neuem Sanktionspaket der EU - Putin kommt nicht
15.05.2025

Russlands Präsident Putin bleibt selbst den Friedensgesprächen in Istanbul fern. Was steckt hinter Putins demonstrativem Fernbleiben? Ein...