Der Chef Analyst der Baader Bank, Robert Halver, ist der Ansicht, dass China den anhaltenden Kapitalabfluss nicht wirklich beeinflussen kann.
Halver sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „China hat eine regelrechte ,Kommandowirtschaft‘. Das eigentliche Problem ist, dass China zwar den ausländischen Kapitalabfluss nicht wesentlich beeinflussen kann. Doch auf das inländische Kapital hat die Regierung einen enormen Einfluss. Hier kann die Kapitalverkehrsliberalität planwirtschaftlich weitestgehend eingeschränkt werden. Allerdings hat das dann mit freier Marktwirtschaft nichts mehr zu tun. Damit steht China vor einem Dilemma: Marktwirtschaft und damit wirtschaftsschädliche Kapitalflucht, die auch Investitionsmittel abzieht oder Planwirtschaft und Verhinderung von Kapitalflucht. Im Zweifel wird sich Peking für die zweite Variante entscheiden.“
Fed-Chefin Janet Yellen werden zumindest vorsichtig vorgehen. Eine ,scharfe Zinserhöhung‘ würde zwangsläufig zu Kapitalabflüssen in den Schwellenländern, zu denen auch China gehört, führen. Halver:
„Wenn die USA den Leitzins erhöhen sollte, ist die Gefahr von Kapitalabflüssen in allen Schwellenländern groß. Denn in den USA hat man als Anleger dann einen doppelten Vorteil: Höhere Zinsen und einen ansteigenden Dollar und damit Währungsgewinne. Nach einer Zinserhöhung würde ebenso der Euro schwächer. Eine Asien-Krise wie 1997/98 würde sich zwar nicht wiederholen, aber Wachstumseinbußen mit Kollateralschäden für die gesamte Weltkonjunktur wären zu befürchten. Deshalb erwarte ich keine ,scharfe‘ Zinserhöhung. In diesem Jahr erwarte ich gar keine Zinswende mehr. Dazu ist der US-Arbeitsmarkt zu schwach. Und sollte Frau Yellen überhaupt jemals die Leitzinsen erhöhen, dann nur homöopathisch. Diese Zinswende wird eher einer ,Zahnreinigung‘ statt einer ,Wurzelbehandlung‘ gleichkommen. Das Zinserhöhungsrisiko ist grundsätzlich sehr klein. Denn Frau Yellen muss auf die Asiaten Rücksicht nehmen, sonst ist sie schuld an einer Weltwirtschaftskrise.“
Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, was eine Zinserhöhung für Deutschland bedeuten würde, sagte Halver: „Durch den schwachen Euro würde zwar die deutsche Exportwirtschaft angekurbelt werden. Doch wichtiger ist es, wenn sich China stabilisiert. Denn wenn der chinesische Markt strauchelt, wird die deutsche und europäische Exportwirtschaft tangiert. Immerhin hat uns China während der Euro-Krise regelrecht gerettet, indem es unsere Produkte aufkaufte. Auf diese Sorglos-Pause will niemand verzichten.“