Unternehmen

Schweizer holen ihr Geld von der Bank und horten Bargeld

Lesezeit: 2 min
31.10.2015 01:15
Schweizer Unternehmen und Privatpersonen sind aufgrund der eingeführten Strafzinsen und der lockeren Geldpolitik verunsichert. Immer häufiger wird Bargeld von der Bank geholt und woanders gelagert. Das zeigt sich auch im enormen Anstieg der Tausendernoten.
Schweizer holen ihr Geld von der Bank und horten Bargeld

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

In unsicheren Zeiten setzen die Menschen auf Bargeld. Für die Schweiz gilt das für Unternehmen wie für Privatpersonen. Bargeld ist im Trend. Die Zahl der Tausendernoten, die im August im Umlauf waren, war gegenüber dem Vorjahreszeitraum um zehn Prozent höher, wie die aktuellen Daten einer Credit Suisse Analyse zeigen.

So sind mittlerweile 42,7 Millionen Banknoten im Umlauf. Zuletzt gab es eine ähnlich starke Nachfrage nach Tausendernoten während der Eurokrise vor zwei Jahren. 2008 lag die Zahl der Tausendernoten noch bei etwa 22 Millionen. Sowohl die niedrigen Zinsen als auch die Unruhe an den weltweiten Aktienmärkten hat zu dieser Entwicklung in der Schweiz geführt. Zumal nicht die Niedrigzinsen allein problematisch sind. Mitte Oktober hat mit der Alternativen Bank Schweiz die erste Schweizer Bank Negativzinsen für seine Privatkunden eingeführt.

Ab einer Einlage von 100.000 Franken müssen die Bankkunden dann ab Januar 2016 der Bank die Negativzinsen der Schweizer Nationalbank SNB in Höhe von 0,75 Prozent zahlen. Auf den Alltagskonten für den privaten Zahlungsverkehr liegt der Negativzins bei 0,125 Prozent. Kunden mit hohen Einlagen sollen der Bank zufolge ihre Gelder lieber auf ein Sparkonto einzahlen oder in Kassenobligationen anlegen.

Entscheidend für die Entwicklung des Negativzinses ist vor allem die Geldpolitik der SNB. Diese ist aber wiederum abhängig von der der Europäischen Zentralbank. Im Dezember findet die nächste EZB-Ratssitzung statt. Weitet Draghi sein Anleiheprogramm aus oder senkt den Leitzins noch einmal, würde das den Franken wieder erheblich aufwerten. Mittlerweile ist die Geldpolitik der EZB aber auch eng mit der der Fed verwickelt. Hebt die Fed tatsächlich Ende des Jahres ihren Leitzins wieder an, könnte dies Draghis Geldpolitik noch einmal in einer andere Richtung bewegen.

In jedem Fall könnte eine abermalige Aufwertung des Franken den Druck auf die SNB erhöhen, den Leitzins noch einmal zu senken. Die Aufwertung des Franken hatte die Wirtschaft des Landes schwer mitgenommen. Im ersten Halbjahr fielen die Exporte um 2,6 Prozent und die Importe um 7,4 Prozent. Im dritten Quartal sanken die Ausfuhren gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres um 5,2 Prozent auf 49,2 Milliarden Franken (45,4 Milliarden Euro), wie die Eidgenössische Zollverwaltung mitteilte. Der Franken war bis zu 20 Prozent teurer geworden, nachdem die Schweizerische Nationalbank am 15. Januar den Mindestwechselkurs zum Euro aufgegeben hatte.

Eine neue Senkung des Leitzinses durch die SNB würden die Banken aber wiederum an ihre Kunden weitergeben, was zu einer noch größeren Nachfrage nach Tausendernoten führen würde. „Generell steigt die Nachfrage nach Bargeld, wenn die Unsicherheit besonders hoch ist“, zitiert die Handelszeitung den Credit-Suisse Ökonom Maxime Botteron.

Die große Zunahme des Bargeldes birgt aber wiederum eine Gefahr für die Effektivität der Geldpolitik. Je mehr Bargeld im Umlauf ist, umso geringer ist die wirtschaftliche Wirkung der Notenbank-Maßnahmen. Aus diesem Grund hatten einige Ökonomen in den vergangenen Monaten nach einer Abschaffung des Bargeldes gerufen. Der UBS-Analyst Thomas Wacker schätzt jedoch, dass sich ein solches Verbot nicht so einfach durchsetzen lässt. Es sei praktisch kaum umsetzbar. Ein Verbot müsste nämlich gewährleisten, dass alle Möglichkeiten es zu umgehen, ausgeschlossen werden: „Das halte ich für sehr schwierig. Zudem ist es fundamental nicht notwendig, weil die Zinsen in Europa allmählich wieder steigen werden“.

 


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Immobilien
Immobilien Gesundheitsimmobilien: Investmentmarkt stolpert – wie sieht die Pipeline weiter aus?
07.05.2024

Nach robustem Transaktionsvolumen in den vergangenen Jahren herrschte auf dem Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Menge sichergestellten Kokains im Hamburger Hafen verdreifacht
06.05.2024

Im Hamburger Hafen werden alle nur erdenklichen Waren umgeschlagen - auch Drogen. Immer mehr Kokain findet durch das Tor zur Welt seinen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Der internationale Handel und Kriege im Fokus bei Xi-Besuch in Frankreich
06.05.2024

Auf gute Stimmung machen in Europa: Chinas Staatspräsident Xi besucht seit fünf Jahren mal wieder Frankreich und lächelt, als ihn...

DWN
Politik
Politik Neues Gesicht in der CDU: Helmut Kohl-Enkel will in Bundesvorstand gewählt werden
06.05.2024

Die Kinder von Helmut Kohl haben auf eine Karriere in der Politik verzichtet. Jetzt versucht der Enkel des früheren Bundeskanzlers,...

DWN
Politik
Politik Friedrich Merz bleibt Parteichef: CDU zur sofortigen Regierungsübernahme bereit
06.05.2024

Die CDU trifft sich zum dreitägigen Bundesparteitag in Berlin. Es geht um die Verabschiedung des neuen Parteiprogramms der Union und auch...

DWN
Politik
Politik Scholz zu Besuch in Litauen: „Jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen"
06.05.2024

Mit der anlaufenden Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade an der Nato-Ostflanke geht Deutschland im Bündnis voran. Der...

DWN
Politik
Politik Über Fidschi nach Down under: Annalena Baerbock an der Frontlinie der Klimakrise
06.05.2024

Sie zählen zu den kleinsten Klimasündern, haben aber am stärksten unter den Folgen der Erderwärmung zu leiden. Baerbock ist um die...