Politik

Kroatien: Konservative Opposition gewinnt Wahlen

Kroatien steht vor einem Regierungswechsel: Die Konservativen, die im Wahlkampf eine restriktive Flüchtlingspolitik angekündigt hatten, wurden stärkste Partei.
08.11.2015 19:32
Lesezeit: 2 min

Die konservative Opposition hat die Parlamentswahlen in Kroatien gewonnen. Nach der Auszählung von rund 70 Prozent der Stimmen kam die Patriotische Koalition unter Führung der nationalkonservativen HDZ auf 59 Sitze im Parlament, wie aus in der Nacht zum Montag in Zagreb veröffentlichten Teilergebnissen hervorgeht. Das von den Sozialdemokraten angeführte Mitte-links-Bündnis von Regierungschef Zoran Milanovic errang 55 Mandate im 151 Sitze zählenden Parlament. „Wir haben die Parlamentswahlen gewonnen“, verkündete Oppositionsführer Tomislav Karamarko von der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ) vor jubelnden Anhängern. Der Sieg bringe die Verantwortung mit sich, das Land zu führen, „das in einer schwierigen Situation ist“.

Da den Konservativen eine klare Mehrheit fehlt, könnte die neue Partei Most zum „Königsmacher“ werden. Sie erhielt den Teilergebnissen zufolge 19 Sitze. Die Partei erneuerte aber ihr Versprechen aus dem Wahlkampf, dass sie in keine Koalition eintreten werde. Auch Regierungschef Milanovic umwarb die Partei und lud sie zu Gesprächen zur Bildung einer Koalition ein: „Wir brauchen Partner“, sagte er.

Der Wahlkampf war unter anderem von der Flüchtlingskrise geprägt; von Griechenland aus kommen täglich tausende Flüchtlinge über die sogenannte Balkanroute nach Kroatien, von wo aus sie weiter nach Österreich und Deutschland reisen wollen. Seit Ende September durchquerten so fast 350.000 Flüchtling das Land. Die Regierung in Zagreb zeigte Flüchtlingen gegenüber Mitgefühl – gegenüber den Nachbarländern, die sich die Flüchtlinge gegenseitig zuschoben, dagegen Härte. Das stieß in der Bevölkerung auf Sympathien

Die Wähler kreiden der Regierung an, dass sie den Staatssektor seit 2011 nicht reformiert und das Geschäftsklima zu wenig gestützt habe. In der Wirtschaftspolitik konnte die Regierung Milanovic auf nur wenig Erfolge verweisen; Kroatien steckt seit 2008 praktisch in der Rezession, im September lag die Arbeitslosenquote bei 16,2 Prozent. Es war die erste Parlamentswahl in Kroatien seit dem Beitritt des Balkanstaates 2013 zur Europäischen Union. Insgesamt 3,8 Millionen Wahlberechtigte waren am Sonntag zur Stimmabgabe aufgerufen.

Im Wahlkampf hatte die HDZ für einen schärferen Umgang mit den Flüchtlingen geworben. Seit Mitte September sind mehr als 330.000 Menschen aus Syrien, dem Irak und anderen Ländern durch Kroatien geströmt. Rund 5000 Flüchtlinge passieren derzeit täglich die Grenze zu Serbien. In Kroatien wollen nur wenige von ihnen bleiben. Das Land mit 4,4 Millionen Einwohnern, das zu den ärmsten EU-Mitgliedern gehört, kämpft mit einer Arbeitslosigkeit von etwa 16 Prozent. Allerdings stehen die Zeichen auf Wachstum. Die EU-Kommission erwartet in diesem Jahr mit 1,1 Prozent den ersten Zuwachs seit 2008. Im kommenden Jahr dürfte es sich auf 1,4 Prozent beschleunigen. Der sozialdemokratische Ministerpräsident Zoran Milanovic wirbt denn auch für sich mit dem Slogan „Kroatien wächst“.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrpflicht in Deutschland: Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
22.06.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Stellenabbau: Deutsche Industrie verliert in nur einem Jahr 100.000 Arbeitsplätze
22.06.2025

Die desaströse Wirtschaftspolitik der letzten Jahre führt in der Konsequenz zu immer mehr Stellenabbau in der deutschen Industrie. Vor...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliardenschwere Anleger schwenken um: Keine Rezession in Sicht
22.06.2025

Milliardenschwere Fondsmanager halten eine globale Rezession inzwischen für höchst unwahrscheinlich. Dennoch dominieren Unsicherheit und...

DWN
Immobilien
Immobilien Hamburger Westfield-Überseequartier: Ist das die Renaissance der Shopping-Malls?
22.06.2025

In Hamburg hat ein gigantisches Einkaufszentrum auf 419.000 Quadratmetern eröffnet. Ein Tor, wer dabei nur an Shopping denkt. Der...

DWN
Finanzen
Finanzen Home Bias: Warum Anleger oft falsch investieren
22.06.2025

Home Bias ist die Neigung von Anlegern, im eigenen Land oder Währungsraum zu investieren. Immer wieder wird gesagt, dass deutschen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mein Job, dein Job: Jobsharing als Arbeitsmodell der Zukunft?
22.06.2025

Aufgrund gesteigerter Ansprüche von Arbeitnehmern und zunehmendem Fachkräftemangel müssen Unternehmen kreativ werden, was...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mahnlauf statt Innovation: Wie Zahlungsausfälle die Wirtschaft bremsen
22.06.2025

Zahlungsverzögerungen belasten Europas Unternehmen massiv. Jeder zweite Betrieb rechnet mit Kundeninsolvenzen – Investitionen und...

DWN
Finanzen
Finanzen Berkshire Hathaway-Aktie: Warren Buffetts Abgang belastet – wie viel Substanz bleibt?
22.06.2025

Berkshire Hathaway verliert nach Buffetts Rückzug an Kurswert. Die Aktie steht unter Druck – und der Markt stellt die Zukunft des...