Politik

Kriegs-Rhetorik: Frankreichs Regierung ruft zu „heiliger Union“ auf

Der französische Premier ruft eine „heilige Union“ aus, die Konservativen wollen eine neue Einwanderungspolitik. Präsident Hollande will den Ausnahmezustand auf drei Monate ausdehnen. Offenbar wollen die Parteien den Terror nutzen, um gegen Marine Le Pens Front National zu punkten.
15.11.2015 17:18
Lesezeit: 1 min

Nach den verheerenden Anschlägen von Paris hat Frankreichs Premierminister Manuel Valls Politik und Gesellschaft zur Einigkeit aufgerufen. "Wir sind im Krieg", sagte Valls am Sonntag beim Besuch der Polizeipräfektur von Paris. "Was in einem Krieg unverzichtbar ist, ist eine heilige Union", sagte der Sozialist. "So widersteht ein großes Land, eine Demokratie mit unseren Werten dem Terrorismus, dieser Geist des Widerstands, diese Fähigkeit zur Einigkeit, diese heilige Union."

Präsident François Hollande bemüht sich seit den Anschlägen am Freitagabend um politische Einheit. Er wollte am Sonntag Vertreter des Senats, der Nationalversammlung sowie der wichtigsten Parteien empfangen. Am Montag will er zudem vor dem im Schloss von Versailles versammelten Kongress sprechen, der die beiden Parlamentskammern vereint. Laut AFP plant Hollande, den Ausnahmezustand auf drei Monate zu verlängern. In dieser Zeit können die Sicherheitsbehörden faktisch ohne gerichtliche Rückbindung tun und lassen, was sie für richtig halten. Der Ausnahmezustand ermöglicht unter anderem Ausgangssperren, Wohnungsdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss auch in der Nacht und Hausarrest für Menschen, deren "Aktivität" als "gefährlich für die Sicherheit und die öffentliche Ordnung" angesehen wird. Außerdem können Versammlungsverbote verhängt und Konzertsäle und Kinos geschlossen werden. Dazu muss das Parlament zustimmen, was die Kriegs-Rhetorik erklären könnte.

Der frühere konservative Staatschef Nicolas Sarkozy, den Hollande am Sonntagvormittag als ersten im Elysée-Palast empfing, forderte eine "drastische Änderung unserer Sicherheitspolitik", eine "neue Einwanderungspolitik" und einen Kurswechsel in Syrien. In Teilen der Opposition stieß Hollande auch mit seiner Äußerung auf Kritik, wonach die islamistischen Angriffe am Freitagabend ein "Kriegsakt" seien.

Der konservative frühere Premier Dominique de Villepin wies die Idee zurück, dass Frankreich "im Krieg" sei, da dies nur den Extremisten in die Hände spiele. "Die Falle, die uns gestellt wird, ist die Idee, dass wir einen Krieg führen müssen", sagte Villepin mehreren Medien. Eine "Bande fanatischer Mörder" wolle das Land spalten und "in einen Bürgerkrieg" stürzen, doch dürfe die Regierung nicht in diese Falle gehen, warnte er.

Tatsächlich wollen alle Parteien gegen den Front National punkten, der von den Ereignissen profitiert, ohne etwas unternehmen zu müssen. Allerdings könnte hinter der gespenstischen Rhetorik auch der Versuch stehen, einen Wahlsieg von Le Pen zu unterbinden - etwa, indem man eine nationale Notstandsregierung formt.

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