Politik

Wild-West-Aufklärung in den USA: Medien durchwühlen live Terror-Wohnung

Die US-Ermittler haben Reportern erlaubt, die Wohnung der mutmaßlichen Killer von San Bernardino zu durchwühlen. Normalerweise wird die Wohnung eines Verdächtigten versiegelt und alle Spuren sorgfältig gesichert. Es ist unklar, was die Ermittler mit diesem kriminalistischen Wild-West-Auftritt bezweckt haben.
05.12.2015 02:46
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In der Wohnung des Paares, das offenbar für das Massaker von San Bernardino verantwortlich ist, ist es am Freitag zu einem äußerst ungewöhnlichen „Lokalaugenschein“ gekommen: Zahlreiche Reporter und Kamerateams stürmten auf Einladung der Vermieter die Wohnung der Täter im kalifornischen Redlands, wie die Los Angeles Times berichtet.

Die Wohnung der Täter wurde zur TV-Kulisse. Ein Reporter posierte vor einem Kindebett, das er zuvor für die Kamera passend umgestaltet hatte. Die Medien hielten Personalausweise, Führerscheine und religiöse Devotionalien in die Kamera. Auf einem Tisch lag ein Koran. Die Berichterstattung war dementsprechend: Die Mörder seien gläubige Muslime gewesen. Für den flüchtigen Zuseher wurde der Eindruck erweckt, dass nun der Beweis offen zu Tage liegt: Es handelt sich bei dem Massaker um einen Terror-Akt. Die ermittelnden Geheimdienste und Sicherheitsbehörden verstärkten diesen Eindruck: Sie gaben bekannt, ein unter falschem Namen veröffentlichtes Facebook-Posting gefunden zu haben, auf dem sich die an dem Massaker beteiligte Frau zum IS bekannt haben soll.

Einige Reporter sagten in ihren Berichten, die Polizei habe das Haus zuvor durchsucht und offenbar sichergestellt, was sie für wichtig hielten. Einige Reporter wunderten sich selbst über die Freizügigkeit, mit der sie Zutritt zu möglicherweise wichtigem Beweismaterial in einem der schlimmsten Kriminalfälle der jüngeren Geschichte Kaliforniens erhielten.

Es wäre schon in normalen Kriminalfällen in jedem zivilisierten Rechtssaat unvorstellbar, dass die Ermittler die Wohnung der Tatverdächtigen für den Sturm der Medien öffnen. Man würde annehmen, dass dies im Falle eines Massenmordes wie dem von San Bernardino erst recht der Fall sein müsste.

Doch statt jedes einzelne Beweisstück zu sichern, zu überprüfen und forensisch zu untersuchen, ließen die Ermittler zu, dass Dutzende Reporter wie in einem Selbstbedienungsladen Babyspielzeug, Rechnungen, religiöse Gegenstände, Nahrungsmittel und alle anderen Dinge, die sich in der Wohnung befanden, ohne polizeiliche Aufsicht begutachteten, anfassten, umdrehten und kommentierten.

David Bowdich vom FBI in Los Angeles sagte am Freitag, der Angriff auf ein Sozialzentrum in Kalifornien mit 14 Toten sei ein Terrorakt gewesen. Die beiden Täter, ein Mann und eine Frau, hätten den Angriff intensiv vorbereitet. Sie hätten offenbar auch versucht, digitale Spuren zu zerstören. Möglicherweise hätten die beiden einen zweiten Anschlag geplant.

Zu den Motiven brauchte das FBI nichts mehr zu sagen – er wurde von den „Exklusiv“-Bildern erläutert.

Es ist völlig unklar, was die Behörden zu diesem in der Kriminalgeschichte des Terrors wohl einmaligen Aktion veranlasst hat.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Börsencrash, Blase oder Börsenrally? So brisant wird das zweite Halbjahr an den Aktienmärkten
08.07.2025

Zins-Chaos, Trump-Drohungen und eine Blase bei Rüstungsaktien: Drei Top-Strategen warnen vor einem explosiven Börsenhalbjahr – mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Exportflaute durch Handelsstreit: Unsicherheit belastet deutsche Firmen
08.07.2025

Trotz einer weiteren Fristverlängerung im Zollkonflikt mit den USA bleibt die Lage für deutsche Exportunternehmen angespannt. Die...

DWN
Politik
Politik Bundestag stimmt über Verfassungsrichter ab – Politische Debatte um Mehrheiten
08.07.2025

Im Bundestag steht eine wichtige Entscheidung an: Drei Kandidatinnen und Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht sollen gewählt...

DWN
Technologie
Technologie Wettlauf der Supermächte: Wer gewinnt das Milliarden-Quantenrennen?
08.07.2025

Quantencomputer gelten als Schlüsseltechnologie der Zukunft – und könnten bestehende Sicherheitsstrukturen weltweit aushebeln. Der...

DWN
Politik
Politik Recht auf Schutz: Gericht bestätigt Anspruch afghanischer Familie auf Visa
08.07.2025

Trotz der Einstellung des Bundesaufnahmeprogramms für gefährdete Afghanen hat das Verwaltungsgericht Berlin eine klare Entscheidung...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Urlaub wird teurer: Flugkosten steigen auch bei Billig-Airlines
08.07.2025

Fliegen vom deutschen Flughafen ist deutlich kostspieliger geworden – und das nicht nur bei klassischen Airlines. Auch...

DWN
Politik
Politik Haushaltsstreit 2025: Klingbeils Pläne, Kritik und offene Milliardenlücken
08.07.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat den Haushaltsentwurf für 2025 und die Finanzplanung bis 2029 in den Bundestag eingebracht....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Konzern behauptet Spitzenposition im deutschen E-Auto-Markt
08.07.2025

Der VW-Konzern setzt im deutschen E-Auto-Markt neue Maßstäbe. Die aktuellen Zahlen zeigen eine eindrucksvolle Entwicklung – doch der...