Die Anschläge von Paris drücken offenbar das französische Wirtschaftswachstum. Die Zentralbank des Landes senkte am Dienstag ihre Wachstumsprognose für das letzte Quartal des Jahres von 0,4 Prozent auf 0,3 Prozent. Ein Zentralbank-Sprecher begründete dies mit den Auswirkungen der Anschläge vom 13. November. Die Anschlagsserie ließ auch den Umsatz der Fluggesellschaft Air France-KLM schrumpfen.
Die „Aktivität im Dienstleistungssektor“ sei im November langsamer gewachsen als in den vorhergehenden Monaten, erklärte die Banque de France. Betroffen seien unter anderem Hotels und Restaurants sowie Erholungsangebote. „Den Unternehmenschefs zufolge wird die Aktivität im Dezember in den meisten Sektoren wieder zunehmen.“ Der Zentralbank-Sprecher bezeichnete die Auswirkungen der Anschläge als „begrenzt“. Die Prognose für das gesamte Jahr 2015 ließ die Zentralbank unverändert bei 1,2 Prozent.
Bereits in der Woche nach den Anschlägen mit 130 Toten hatte das französische Finanzministerium in einem internen Dokument geschätzt, die Attentate könnten das Wachstum in den letzten drei Monaten des Jahres um 0,1 Prozentpunkte drücken. Das entspricht rund 500 Millionen Euro. Der Wirtschaftsexperte Eric Heyer bezeichnete das Absenken der Konjunkturprognose um 0,1 Punkte am Dienstag als „vernünftig“. „Die makroökonomischen Auswirkungen solcher Ereignisse sind begrenzt.“
Air France-KLM erklärte am Dienstag, in den Tagen nach den Anschlägen seien deutlich weniger Menschen von und nach Paris geflogen. Die negativen Folgen der Anschläge auf die Bilanz des Monats November beliefen sich demnach auf rund 50 Millionen Euro. Die Buchungszahlen erholten sich langsam.
Im Frachtgeschäft der Fluggesellschaft sank der Umsatz in November um mehr als elf Prozent, wie Air France-KLM weiter mitteilte. Grund seien vor allem die verschärften Sicherheitsmaßnahmen auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle nach den Anschlägen gewesen.
Neben dem geringen Wachstum ist auch die hohe Arbeitslosigkeit ein großes Problem für die französische Wirtschaft. Im dritten Quartal war die Erwerbslosenquote mit 10,6 Prozent so hoch wie seit 1997 nicht mehr. Nach dem Erfolg des Front National (FN) bei den Regionalwahlen in Frankreich hat das Unternehmerlager einen Notfallplan zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gefordert. Auf diese Herausforderung müsse die Regierung eine ähnliche entschlossene Antwort finden wie nach den Anschlägen von Paris, verlangte der Chef des Arbeitgeberverbandes, Pierre Gattaz, am Dienstag im RTL-Rundfunk. „Doch die Massenarbeitslosigkeit ist nicht angegangen worden“, kritisierte er.
Dennoch ist die französische Wirtschaft besser als ihr Ruf, so der Ökonom Heiner Flassbeck im Interview mit den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Einige Branchen würden hervorragend dastehen. Auch die Produktivität sei in Frankreich viel höher als in Deutschland: „Das liegt am Lohn-Dumping in Deutschland.“ Doch mit dem deutschen Modell gehe die Wettbewerbsfähigkeit verloren, was wiederum für den hochindustriellen Bereich tödlich sei: „Wenn daran nichts geändert wird, stirbt auf relativ kurze Sicht der Euro.“