Politik

Frankreich meldet schlechte Konjunktur wegen Anschlägen

Das französische Wirtschaftswachstum wird aufgrund der Anschläge geringer ausfallen als bislang gedacht, so die französische Zentralbank. Vor allem der Tourismusbereich, die Hotels und Restaurants müssen Einbußen hinnehmen. Insgesamt wird der Verlust auf 500 Millionen Euro geschätzt.
08.12.2015 13:56
Lesezeit: 2 min
Frankreich meldet schlechte Konjunktur wegen Anschlägen
Die Arbeitslosigkeit in Frankreich steigt – auch vor den Anschlägen. (Grafik: Französisches Arbeitsministerium)

Die Anschläge von Paris drücken offenbar das französische Wirtschaftswachstum. Die Zentralbank des Landes senkte am Dienstag ihre Wachstumsprognose für das letzte Quartal des Jahres von 0,4 Prozent auf 0,3 Prozent. Ein Zentralbank-Sprecher begründete dies mit den Auswirkungen der Anschläge vom 13. November. Die Anschlagsserie ließ auch den Umsatz der Fluggesellschaft Air France-KLM schrumpfen.

Die „Aktivität im Dienstleistungssektor“ sei im November langsamer gewachsen als in den vorhergehenden Monaten, erklärte die Banque de France. Betroffen seien unter anderem Hotels und Restaurants sowie Erholungsangebote. „Den Unternehmenschefs zufolge wird die Aktivität im Dezember in den meisten Sektoren wieder zunehmen.“ Der Zentralbank-Sprecher bezeichnete die Auswirkungen der Anschläge als „begrenzt“. Die Prognose für das gesamte Jahr 2015 ließ die Zentralbank unverändert bei 1,2 Prozent.

Bereits in der Woche nach den Anschlägen mit 130 Toten hatte das französische Finanzministerium in einem internen Dokument geschätzt, die Attentate könnten das Wachstum in den letzten drei Monaten des Jahres um 0,1 Prozentpunkte drücken. Das entspricht rund 500 Millionen Euro. Der Wirtschaftsexperte Eric Heyer bezeichnete das Absenken der Konjunkturprognose um 0,1 Punkte am Dienstag als „vernünftig“. „Die makroökonomischen Auswirkungen solcher Ereignisse sind begrenzt.“

Air France-KLM erklärte am Dienstag, in den Tagen nach den Anschlägen seien deutlich weniger Menschen von und nach Paris geflogen. Die negativen Folgen der Anschläge auf die Bilanz des Monats November beliefen sich demnach auf rund 50 Millionen Euro. Die Buchungszahlen erholten sich langsam.

Im Frachtgeschäft der Fluggesellschaft sank der Umsatz in November um mehr als elf Prozent, wie Air France-KLM weiter mitteilte. Grund seien vor allem die verschärften Sicherheitsmaßnahmen auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle nach den Anschlägen gewesen.

Neben dem geringen Wachstum ist auch die hohe Arbeitslosigkeit ein großes Problem für die französische Wirtschaft. Im dritten Quartal war die Erwerbslosenquote mit 10,6 Prozent so hoch wie seit 1997 nicht mehr. Nach dem Erfolg des Front National (FN) bei den Regionalwahlen in Frankreich hat das Unternehmerlager einen Notfallplan zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gefordert. Auf diese Herausforderung müsse die Regierung eine ähnliche entschlossene Antwort finden wie nach den Anschlägen von Paris, verlangte der Chef des Arbeitgeberverbandes, Pierre Gattaz, am Dienstag im RTL-Rundfunk. „Doch die Massenarbeitslosigkeit ist nicht angegangen worden“, kritisierte er.

Dennoch ist die französische Wirtschaft besser als ihr Ruf, so der Ökonom Heiner Flassbeck im Interview mit den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Einige Branchen würden hervorragend dastehen. Auch die Produktivität sei in Frankreich viel höher als in Deutschland: „Das liegt am Lohn-Dumping in Deutschland.“ Doch mit dem deutschen Modell gehe die Wettbewerbsfähigkeit verloren, was wiederum für den hochindustriellen Bereich tödlich sei: „Wenn daran nichts geändert wird, stirbt auf relativ kurze Sicht der Euro.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Immobilien
Immobilien Gewerbeimmobilien als Kapitalanlage? Lage matters!
19.04.2025

Gewerbeimmobilien bieten nach wie vor interessante Renditechancen für ausgefuchste Marktkenner. Wer klug investiert, kann von stabilen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wettbewerbskompass: Kurskorrektur bei Technologiewettbewerb dringend nötig!
19.04.2025

Europa steht vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen: Der globale Technologiewettbewerb spitzt sich zu, geopolitische Krisen...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalisierung im Bürgeramt: Passfotos ab Mai nur noch digital erlaubt
19.04.2025

Ab dem 1. Mai sind in Deutschland im Grunde nur noch digitale Passfotos erlaubt. Das neue Verfahren soll Fälschungen vorbeugen. Wer denkt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Italienische Luxusunternehmen: Prada übernimmt und trägt nun auch Versace
19.04.2025

Über einen möglichen Kauf war seit mehreren Monaten spekuliert worden: Der Luxuskonzern Prada schluckt den Konkurrenten Versace. Damit...

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...