Politik

Putin irritiert über die EU: „Sie haben gesagt, das Spiel ist aus“

Russlands Präsident Wladimir Putin ist erstaunt über die EU: Bei den Verhandlungen über den Freihandels-Streit zwischen der EU, Russland und der Ukraine hätten die Europäer die Russen brüskiert. Putin reicht der EU dennoch weiter die Hand.
22.12.2015 16:07
Lesezeit: 2 min

Die Verhandlungen über den Freihandels-Streit zwischen der EU, Russland und der Ukraine sind am Montag ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Die dpa berichtet:

„Das Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit der Ukraine wird zum Jahreswechsel gegen den Willen Russlands in Kraft treten. Gespräche mit Moskau, die sich über eineinhalb Jahre hinzogen, brachten kein Ergebnis, wie EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström am Montag in Brüssel berichtete.

,Russland kam die ganze Zeit mit Ergänzungsanträgen‘, bilanzierte die liberale Schwedin. Diplomaten hatten nicht damit gerechnet, dass Moskau die Blockade aufgibt.

Der Handelspakt wird am 1. Januar 2016 wirksam. Ursprünglich sollte er schon im November 2014 in Kraft treten. Vor allem wegen Moskauer Einwände hatte es dann die Verschiebung gegeben.

Moskau argumentierte bisher, die heimische Wirtschaft könne durch das Abkommen der EU mit der Ukraine Nachteile erleiden, weil zollfreie Importe über die Ukraine auch nach Russland gelangen könnten.

Russland war bei der EU durch Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew und die Ukraine durch Außenminister Pawel Klimkin vertreten.

Kreml-Chef Wladimir Putin hatte bereits in der vergangenen Woche angekündigt, dass Russland seinerseits zum 1. Januar den Freihandel mit der Ukraine aussetzen werde.“

Die TASS berichtet, dass Russlands Präsident Wladimir Putin eine ganz andere Schilderung der Ereignisse vorlegte: Putin sagte, dass die russische Delegation „konkret und prinzipiell umstrittene Themen auf den Tisch legte“, die EU-Delegation jedoch brüsk reagiert habe: „Sie sagten, das Spiel ist aus, und verließen die Verhandlungen.“ Putin kritisierte die EU-Mitteilung, dass die Russen die Verhandlungen hätten platzen lassen und sagte, dieses Verhalten „ist ganz und gar nicht europäisch, es ist nicht tolerant“.

Putin reicht trotz dieses Zwischenfalls den EU-Politikern weiter die Hand: „Ich glaube, wir werden uns noch oft zu diesen Themen austauschen. Wir wollen die Beziehungen mit unseren Partnern zum Thema Freihandel verbessern, sowohl mit der Ukraine als auch mit der Europäischen Union.“

Das Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine war der Auslöser der aktuellen Spannungen zwischen Russland und der EU. Die EU hatte es verabsäumt, die Interessen Russlands ausreichend zu würdigen. Verhandlungen mit dem Zweck, Russland zum Partner in dem Deal zu machen, fanden nicht in dem Ausmaß statt, wie es die delikate Materie erfordert hätte. Kurz nachdem Putin dem damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch klargemacht hatte, dass das Abkommen mit der EU die ukrainisch-russischen Beziehungen ohne Lösung der offenen Frage beeinträchtigen werde, zog Janukowitsch seine Zusage zur Unterschrift zurück. Wenig später wurde Janukowitsch gestürzt. Die USA hatten der EU vorgegeben, dass der heutige Premier und frühere Zentralbanker Arseni Jazenjuk Übergangspremier werden solle. Jazenjuk steht heute wegen massiver Korruptions-Vorwürfe sogar unter Beschuss der USA.

Der zentrale Punkt, zu dem eine Mitwirkung Russlands unerlässlich gewesen wäre, war die in dem Abkommen geplante Nato-Assoziierung der Ukraine. Russland hat das vertraglich verbriefte Recht der Truppen-Stationierung auf der Krim, wo die russische Schwarzmeer-Flotte liegt. Eine plötzliche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine war für Russland daher aus naheliegenden Gründen unannehmbar.

Mittlerweile ist die Nato-Assoziierung der Ukraine schon weiter fortgeschritten als die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Die USA liefern seit einiger Zeit tödliche Waffen nach Kiew. Der Haushalt für das kommende Jahr sieht einen klaren Rüstungsschwerpunkt vor. Die Ukraine konnte vor einer Staatspleite nur gerettet werden, weil der IWF seine Spielregeln geändert hat und nun auch zahlungsunfähigen Staaten Kredit gewährt. Russland fällt daher um die Bezahlung eines Kredits um, den Moskau Kiew noch zu Janukowitschs Zeiten gewährt hatte. Russland wird gegen die Ukraine wegen des Zahlungsausfalls klagen und geht davon aus, dass man „100 Prozent Recht“ bekommen werde, schreibt die TASS.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands Brücken sind marode – reicht eine Finanzspritze aus?
20.04.2025

Deutschlands Brücken sind in einem kritischen Zustand – ein aktuelles Beispiel ist die A100-Brücke in Berlin. Die sogenannte...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft De-minimis-Ausnahme: Trump hat europäischen Unternehmen bisher ein Geschenk im Wert von 800 Dollar hinterlassen
19.04.2025

Trumps Zollpolitik ermöglicht es europäischen Unternehmen, Waren bis 800 Dollar zollfrei in die USA zu versenden. Doch Experten warnen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osterleckereien 2025: Warum Schokolade, Butter & Co. teurer sind denn je
19.04.2025

Ostern 2025 wird für Verbraucher teurer – besonders bei traditionellen Produkten wie Schokohasen, gefärbten Eiern und selbstgebackenem...

DWN
Immobilien
Immobilien Gewerbeimmobilien als Kapitalanlage? Lage matters!
19.04.2025

Gewerbeimmobilien bieten nach wie vor interessante Renditechancen für ausgefuchste Marktkenner. Wer klug investiert, kann von stabilen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wettbewerbskompass: Kurskorrektur bei Technologiewettbewerb dringend nötig!
19.04.2025

Europa steht vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen: Der globale Technologiewettbewerb spitzt sich zu, geopolitische Krisen...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalisierung im Bürgeramt: Passfotos ab Mai nur noch digital erlaubt
19.04.2025

Ab dem 1. Mai sind in Deutschland im Grunde nur noch digitale Passfotos erlaubt. Das neue Verfahren soll Fälschungen vorbeugen. Wer denkt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Italienische Luxusunternehmen: Prada übernimmt und trägt nun auch Versace
19.04.2025

Über einen möglichen Kauf war seit mehreren Monaten spekuliert worden: Der Luxuskonzern Prada schluckt den Konkurrenten Versace. Damit...

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...