Finanzen

Banken-Krach Portugal: Investoren fürchten weitere Crashs

Banken in Südeuropa fällt es derzeit schwerer, an frisches Kapital zu kommen. Investoren halten sich zurück, weil sie die Rechtslage im Fall einer Abwicklung nicht einschätzen können. Aufgeschreckt wurden sie vom Fall der Novo Banco, zu deren Rettung Portugals Zentralbank kurzerhand einige Senior-Anleihen einsetzte – andere aber ohne erkennbaren Grund verschonte.
20.01.2016 01:25
Lesezeit: 1 min

Die Preise für Anleihen südeuropäischer Banken sind seitdem deutlich gesunken. Dadurch verteuert sich Kapital, das diese Institute am Anleihemarkt aufnehmen. Senior-Anleihen der italienischen Monte Paschi di Siena mit Laufzeitende 2019 wurden am Montag mit 97,6 Cent pro Euro gehandelt. Seit dem Vorfall bei Novo Banco am 29. Dezember gaben sie damit 3 Cent ab. Eine Senior-Anleihe der Banco Popolare verlor im gleichen Zeitraum rund 2 Cent. Senior-Anleihen der portugiesischen Novo Banco wurden zu 85 Cent für den Euro gehandelt – 7 Cent weniger als am 29. Dezember, wie Financial Times schreibt.

Seit dem Vorfall bei Novo Banco herrscht unter Investoren Verunsicherung. Am 29. Dezember des vergangenen Jahres schichtete Portugals Zentralbank überraschend fünf Senior-Anleihen der solventen Novo Banco im Gesamtwert von rund 2 Milliarden Euro in eine „Bad Bank“ um. Internationale Gläubiger wie die Allianz, Blackrock oder Pimco wurden dadurch faktisch enteignet. Der Vorgang ereignete sich wenige Tage, bevor die neue EU-Direktive zur Bankenabwicklung in Kraft trat. Diese sieht sogenannte „Bail-ins“, also die Haftung von Anlegern und Gläubigern vor. „Gerade ein Jahr, nachdem die Europäische Zentralbank die Aufsicht über Europas systemrelevante Banken übernommen hat, sind wir in Portugal mit einer Situation konfrontiert, die den Rechtsstaat in diesem Land und der EU in Frage stellt. Der Vorgang ruft außerdem ernste Fragen hinsichtlich der Art und Weise auf, wie die Europäische Zentralbank als oberster Bankenregulierer in Europa handelt“, schreibt Philippe Bodereau vom Vermögensverwalter Pimco.

Einige der enteigneten Gläubiger prüfen derzeit ein juristisches Vorgehen. Die International Capital Markets Association beschwerte sich bei der EZB und auch die portugiesische Regierung kritisierte das Vorgehen. Neben steigenden Kosten für kleinere europäische Banken erwarten Beobachter einen stärkeren Konsolidierungsdruck in der Branche. Banken könnten außerdem versuchen, mehr nachrangige Anleihen auszugeben, welche nach den neuen EU-Bestimmungen im Falle einer Insolvenz leichter zur Schuldentilgung herangezogen werden könnten. „An sich erscheint uns das Bail-in-Prinzip akzeptabel, aber die Implementierung verlief in der Praxis total chaotisch“, sagt Philippe Bodereau. Der neue „Einheitliche Abwicklungsmechanismus“ in der EU scheint nicht ausgereift zu sein und lähmt das Bankgeschäft.  Denn die Hauptaufgabe eines Kreditinstituts, mit kurzfristig abrufbaren Einlagen langfristige Ausleihungen zu refinanzieren, steht im genauen Gegensatz zur Forderung, dass Banken nun „jederzeit abwickelbar“ sein sollen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Italienische Luxusunternehmen: Prada übernimmt und trägt nun auch Versace
19.04.2025

Über einen möglichen Kauf war seit mehreren Monaten spekuliert worden: Der Luxuskonzern Prada schluckt den Konkurrenten Versace. Damit...

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...

DWN
Finanzen
Finanzen Wertvoller Schmuck im Fokus: So sichern Sie Ihre teuren Schmuckstücke ab
18.04.2025

Die Absicherung wertvoller Schmuckstücke wird immer wichtiger – Hausrat reicht oft nicht aus. Experten raten zu gezieltem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen in Dänemark: Wie Sie mit etwas Hygge ein Haus günstig kaufen können
18.04.2025

Nachdem es 2023 und 2024 in Deutschland zum ersten Mal seit 2013 spürbare Wertverluste auf dem Immobilienmarkt gab, kündigten Experten...

DWN
Finanzen
Finanzen USA: Staatsverschuldung erreicht 36,6 Billionen Dollar – wer sind die Gläubiger?
18.04.2025

Die Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten hat mit 36,6 Billionen Dollar einen neuen Höchststand erreicht und wächst in den letzten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Online-Handel unter Druck: Steigende Erwartungen, weniger Spielraum für Fehler
18.04.2025

Der digitale Handel erlebt 2025 einen Wendepunkt: Kunden erwarten Perfektion, während lokale Anbieter ums Überleben im globalen...