Politik

Heimliche SMS: Illegales Ausforschen ist gängige Praxis

Polizei und Geheimdienste in Deutschland haben ihre Maßnahmen zur elektronischen Überwachung der Bürger verstärkt. Besonders das BKA nutzt einen Trick, um aktiv an die Handydaten von Verdächtigen zu kommen und diese zu orten. Die Zahl der eigens dafür verschickten „Stillen SMS“ hat sich im vergangenen Jahr verfünffacht.
25.01.2016 00:02
Lesezeit: 1 min

Polizeien und Geheimdienste setzen zunehmend sogenannte Stille SMS ein, um Mobiltelefone von Verdächtigen zu orten. Regelmäßig abgefragt, erhalten die Sicherheitsbehörden dadurch ein umfangreiches Bewegungsprofil der Observierten. Die Zahlen des Bundeskriminalamtes haben sich im vergangenen Halbjahr wieder verfünffacht. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linkspartei hervor.

Die Methode ist rechtlich umstritten, da die Polizei nicht nur passiv bereits vorhandene Daten abfragt, sondern aktiv spezielle SMS zum Zwecke der Abhörung an vermeintliche Kriminelle verschickt. Der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko hält die Methode daher für illegal:

Die heimlichen Textnachrichten sind rechtswidrig. Polizei und Geheimdienste dürfen die Kommunikation von Telefonen nur passiv abhören. Als Ortungsimpulse werden die Stillen SMS aber von den Behörden selbst erzeugt“, so Hunko.  Demnach hinterlassen Nutzer elektronischer Kommunikation zwar immer digitale Fußabdrücke, die mit Werkzeugen ‚digitaler Forensik‘ ausgewertet werden können. Handys seien jedoch zum Telefonieren da, nicht um deren Besitzer heimlich zu verfolgen. Durch die neuen Fähigkeiten von Polizei und Diensten werde das Vertrauen in die digitale Privatsphäre weiter ausgehöhlt.

Die Anfrage zeige zudem, dass der Sicherheitsapparat alle ihm zur Verfügung stehenden Techniken auch einsetzt. Die Verhältnismäßigkeit bleibe dabei offensichtlich auf der Strecke. Hunko befürchtet, dass die Daten von Stillen SMS, Funkzellenabfragen oder aus der Analyse Sozialer Medien in einigen Jahren ‚vorwärtsgerichtet‘ genutzt, also von polizeilicher Vorhersagesoftware verarbeitet werden.

Hunko fordert daher als erster Schritt sofort eine Benachrichtigungspflicht der Betroffenen einzuführen. Das Auskunftsverhalten der Bundesregierung gegenüber den Abgeordneten verhält sich zum Ansteigen der elektronischen Spitzelei entgegengesetzt. Zahlen zu den ebenfalls zunehmenden Stillen SMS des Zoll sind seit einigen Jahren als Verschlusssache eingestuft. Weiterhin fehlt jede Angabe zum Bundesnachrichtendienst.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Wird die Grundsteuer erhöht? Zu viele Ausgaben, zu wenig Einnahmen: Deutsche Kommunen vorm finanziellen Kollaps
13.05.2025

Marode Straßen, Bäder und Schulen: Fast neun von zehn Städten und Gemeinden in Deutschland droht in absehbarer Zeit die Pleite. Bereits...

DWN
Finanzen
Finanzen Buffetts Abgang, Zölle, Milliardenflucht: Steht der Markt vor einem Wendepunkt?
13.05.2025

Turbulente Zeiten an der Wall Street: Während Großinvestoren Milliarden abziehen und Strategen vor dem Ende des Booms warnen, stürmen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Lateinamerika im Fokus: Chinas Milliardenoffensive gegen Washingtons Einfluss
13.05.2025

Chinas Regierung sucht neue Verbündete – nicht aus Not, sondern mit Strategie. Während die USA auf Konfrontation setzen, stärkt Peking...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelskrieg mit Ansage: Warum Europas Vergeltung Washington teuer zu stehen kommen könnte
13.05.2025

Die EU zieht die Reißleine: Mit einem neuen Maßnahmenpaket über 95 Milliarden Euro kontert Brüssel die US-Strafzölle – und trifft...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Munich Re: Milliardenschaden durch Waldbrände in Kalifornien
13.05.2025

Flammen wüten immer wieder durch Kalifornien – und hinterlassen nicht nur verkohlte Wälder, sondern auch tiefe Spuren in den Bilanzen...

DWN
Politik
Politik Trump besucht erneut die Golfstaaten – Wirtschaftsinteressen stehen im Vordergrund
13.05.2025

Warum reist Donald Trump erneut als erstes nach Saudi-Arabien – und nicht etwa zu den engsten Nachbarn der USA? Hinter dem glanzvollen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump: Die Arzneimittelpreise müssen um 59 Prozent sinken
13.05.2025

Die Pharmabranche gerät weltweit unter Druck: Mit einer neuen Ankündigung hat US-Präsident Donald Trump den globalen Arzneimittelmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?
13.05.2025

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die...