Nach zuletzt deutlichen Kursgewinnen haben die Anleger am deutschen Aktienmarkt eine Kaufpause eingelegt. Der Dax verlor am Freitag bis zum Mittag 0,6 Prozent auf 9405 Punkte. Der für die Eurozone maßgebliche EuroStoxx 50 notierte 0,7 Prozent schwächer. Seit Montag verbuchen beide Indizes damit ein Plus von rund fünf Prozent. Es sollte daher nicht überraschen, wenn erste Anleger Kasse machen, schrieb Gregor Kuhn vom Brokerhaus IG Markets in einem Kommentar.
Das Nachsehen im Dax hatten zum Wochenschluss vor allem die Autowerte. Die Aktie von Volkswagen verbilligte sich um 3 Prozent, nachdem das Manager Magazin berichtet hatte, dass der Autobauer bei den Verhandlungen mit den US-Behörden wegen des Abgasskandals nicht vor Ende März mit einer Einigung rechne. Die Kosten der zu erwartenden Rückrufe, Rückkäufe und Kompensationsmaßnahmen sollen demnach deutlich höher liegen als ursprünglich gedacht. Daimler erwischte ebenfalls keinen guten Tag: Eine US-Sammelklage wegen angeblich überhöhter Abgaswerte drückte die Aktie 2,4 Prozent ins Minus. Daimler wies die Anschuldigung zurück.
Für Unmut sorgte zudem die Aktie der Allianz, die zeitweise 4 Prozent nachgab. Das operative Ergebnis stieg 2015 zwar um drei Prozent auf 10,7 Milliarden Euro. Damit blieb der Konzern jedoch hinter seinem selbst gesteckten Maximalziel von bis zu 10,8 Milliarden Euro zurück. Die Dividende soll auf 7,30 von 6,85 Euro je Aktie steigen – viele Analysten hatten im Mittel mit 7,40 Euro gerechnet.
Auch an anderen europäischen Börsen dominierten Verkäufe: der französische CAC 40-Index lag am Mittag mit rund 0,4 Prozent, der britische FTSE 100 mit rund 0,2 Prozent und der Schweizer SMI mit rund 0,4 Prozent im Minus.
Die Aktienbörsen bewegten sich zuletzt im Gleichschritt mit den Ölpreisen. Weil sich Rohöl auf Wochensicht zeitweise um mehr als sieben Prozent verteuerte, zogen der Handel an den Börsen an. Die Sorgen vieler Investoren, dass vor allem den US-Förderfirmen eine Pleitewelle drohen könnte, wurden wieder etwas geringer.
Getrieben wurde der Ölpreis in den vergangenen Tagen von Spekulationen auf eine mögliche Deckelung der Produktion in den großen Förderländern. Doch die anfängliche Bereitschaft innerhalb der Ölkartells Opec bröckelte zum Wochenschluss: Der Außenminister Saudi-Arabiens, Adel al-Dschubeir, erklärte laut einem Medienbericht, sein Land sei nicht bereit, die Förderung zu drosseln. Auch aus den USA ist ein Ende der Ölschwemme nicht in Sicht: Dem US-Energieministerium zufolge stiegen die Rohöl-Reserven in der vergangenen Woche auf ein Rekordhoch. Am Freitag kosteten die Nordsee-Sorte Brent und das US-Öl WTI mit 33,73 Dollar und 30,21 Dollar je Fass gut 1,6 Prozent weniger.
Im Fokus standen neben dem Ölpreis auch wichtige US-Daten, darunter die Verbraucherpreise und das Barometer für die Konsumlaune. Von diesen Zahlen erhoffen sich die Investoren Hinweise auf die weitere Geldpolitik der Notenbank Fed. Bleibt die Inflation niedrig, sinkt die Wahrscheinlichkeit schneller Zinserhöhungen. Commerzbank-Analystin Esther Reichelt geht davon aus, dass die Preisentwicklung verhalten bleibt. Damit dürfte der Devisenmarkt weiter vergeblich auf Signale warten, die ihn dazu bringen könnten, für dieses Jahr doch noch auf eine weitere Zinserhöhung in den USA zu setzen, prognostizierte die Expertin. Der Euro notierte im Vorfeld der Daten knapp unter der Marke von 1,11 Dollar.