Finanzen

China: Handelsbilanz ist besser als die Zahlen vermuten lassen

Die Abschwächung der Konjunktur in China ist offenkundig moderater, als die Zahlen vermuten lassen. Zahlreiche Faktoren zeigen, dass es sich um kurzfristige Phänomene handelt. Der Rückschluss auf einen möglichen Crash ist unzulässig.
19.03.2016 02:11
Lesezeit: 2 min

Einer Analyse der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) zufolge müssen bei der Beurteilung der chinesischen Handelszahlen einige wichtige Aspekte berücksichtigt werden, die die Zahlen in einem weit weniger dramatischen Bild erscheinen lassen als allgemein kommentiert wird.

Im Februar waren Exporte (minus 25 Prozent) und Importe (minus 14 Prozent) des Landes stark zurückgegangen, was neue Sorgen vor einer Schwäche der chinesischen Volkswirtschaft aufkommen ließ. Die Helaba weist jedoch auf eine Reihe von Faktoren hin, welche die Aussagekraft der Daten beeinträchtigen.

Hierzu gehört, dass die Daten nicht saisonbereinigt veröffentlicht werden. Dies sei wichtig, weil es ein saisonales Muster in Chinas Außenhandel gibt – dieser ist gegen Jahresende meist stark, zu Jahresbeginn eher schwach ausgeprägt. Eine Untersuchung der Ein- und Ausfuhren auf Monatsbasis ist deswegen schwierig, besser wäre aus Sicht der Helaba der Vergleich mit dem Vorjahresmonat.

Ein weiteres Problem hängt mit dem Neujahrsfest zusammen: „Da sich die Feiertage zum Neujahr – viele Chinesen haben eine ganze Woche frei – in erheblichem Maße auf wirtschaftliche Größen auswirken (Konsumausgaben, Reisen, Produktionsausfälle usw.), gibt es im ersten Quartal des Kalenderjahres einen massiven Sondereffekt, der nicht an einen bestimmten Tag bzw. noch nicht einmal an einen bestimmten Monat gebunden ist. Diese Verzerrung führt dazu, dass selbst die Vorjahresrate betroffener Reihen von Januar bis Februar nur eingeschränkt interpretierbar ist, weil das Timing des Neujahrs zu Ausschlägen führt. Das kräftige Minus von 25 Prozent im Februar 2016 ist daher vor allem einem massiven Plus 2015 geschuldet“, schreiben die Analysten der Landesbank.

Der nominale Charakter der Daten ist ebenfalls ein Problem. Für die meisten Zwecke, insbesondere für die Konjunkturanalyse, sind reale oder Volumengrößen aussagekräftiger als Daten in laufenden Preisen. Denn Preise unterliegen Schwankungen. So resultierte das Minus bei den Importen im Februar aus Sicht der Helaba zu einem beträchtlichen Teil aus sinkende Preisen, nicht aus geringeren Mengen.

Hinzu kommt das Problem der schwankenden Wechselkurse. „Da die chinesischen Handelsdaten in US-Dollar veröffentlicht werden, besteht die Möglichkeit, dass größere Schwankungen des Yuan zu statistischen Verzerrungen führen. Um diesen Effekt quantifizieren zu können, wäre es jedoch erforderlich zu wissen, in welchem Umfang der Außenhandel Chinas in Yuan, in US-Dollar oder in Drittwährungen abgewickelt wird. Auch ist unklar, ob die chinesischen Statistiker diese Information überhaupt abfragen oder ob die zuständige Zollbehörde nur Daten auf Dollar- oder nur auf Yuan-Basis erhebt und diese dann eigenständig umrechnet“, heißt es in der Publikation.

Wie Konjunkturdaten anderer Länder auch sind die chinesischen aus Sicht der Helaba zu hinterfragen. Aktuell würden diese wohl aus mehreren Gründen die Schwäche der chinesischen Binnennachfrage ebenso wie die Entwicklung der chinesischen Exporte überzeichnen. Rechnet man diese Faktoren heraus, zeichnet sich ein etwas moderateres Bild von Chinas Wirtschaft ab.

Die gesamte Publikation der Helaba „Chinas Außenhandel: Alles klar?“ finden Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...