Finanzen

Flüchtlinge: Experten sagen hohe Arbeitslosigkeit voraus

Von der Bundesregierung beauftragte Wissenschaftler rechnen damit, dass die Arbeitslosenzahlen im kommenden Jahr infolge der Migration nach Deutschland deutlich steigen werden. Sie gehen für 2017 von etwa einer Viertelmillion arbeitsloser Flüchtlinge aus. Zudem kritisierten die Experten die Geldpolitik der EZB.
23.03.2016 12:29
Lesezeit: 2 min

Von der Bundesregierung beauftragte Wissenschaftler erwarten, dass die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im kommenden Jahr durch die Flüchtlingszuwanderung deutlich steigen und sich der Drei-Millionen-Marke annähern wird, wie Reuters meldet. Bis Ende 2017 gehe der Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung „von etwa 250.000 zusätzlichen Arbeitslosen infolge der Flüchtlingsmigration aus“, heißt es in der am Mittwoch veröffentlichten Konjunkturprognose der Wirtschaftsweisen.

Fast jeder zwölfte Arbeitslose wäre dann nach Einschätzung der fünf Top-Ökonomen ein anerkannter Flüchtling. Etwa 80.000 bis 130.000 anerkannte Flüchtlinge wären dem Gutachten zufolge 2017 voraussichtlich erwerbstätig. Der überwiegende Teil werde aber nur geringfügig beschäftigt sein. Für den gesamten Arbeitsmarkt rechnen die Wirtschaftsweisen 2016 mit einem geringen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf 2,808 Millionen. 2017 dürfte die Zahl den Berechnungen zufolge dann auf 2,958 Millionen zulegen.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will unterdessen noch in diesem Jahr Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge schaffen, deren Asylverfahren noch laufen. Sie sei sich mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einig, dass sie damit jetzt beginnen könne, sagte Nahles am Mittwoch in Berlin laut Reuters: „Das macht auch Sinn, weil die Leute ja jetzt da schon viele, viele Monate sitzen und zur Untätigkeit verdammt sind.“ Im Jahr 2017 seien 300 Millionen Euro für diese Arbeitsgelegenheiten vorgesehen, mit denen Flüchtlinge auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden sollen. Wie viel Geld in diesem Jahr dafür benötigt werde, hänge davon ab, wie schnell mit der Umsetzung begonnen werden könne.

Ein-Euro-Jobs gab es früher in großem Umfang für langzeitarbeitslose Hartz-IV-Empfänger. Flüchtlinge erhalten für diese Zusatzjobs neben den Zahlungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eine geringe Aufwandsentschädigung. Die Arbeitsgelegenheiten werden mit öffentlichem Geld angeboten und dürfen reguläre Arbeitsplätze nicht verdrängen, so Nahles.

Kritik äußerten die Wirtschaftsweisen an der Geldpolitik der EZB. Der Nullzins in der Euro-Zone berge größere Risiken für die Geldhäuser. „Mittelfristig stellt vor allem die Niedrigzinsphase im Euro-Raum das Geschäftsmodell der Banken grundsätzlich infrage“, heißt es in dem am Mittwoch aktualisierten Konjunkturausblick der Forscher. Auch Kreditrisiken aus dem Ölgeschäft lasteten auf den Instituten. Die Experten sprechen von einer „zunehmenden Aushöhlung des Geschäftsmodells der Banken“. Diese dürfte demnach zu den deutlichen Aktienkursverlusten der Finanzinstitute im Februar beigetragen haben. „Es handelte sich vermutlich nicht um reine Übertreibungen.“

Die Forscher gehen davon aus, dass die Niedrigzinsphase im Euro-Raum noch länger andauern wird und die Banken unter Druck bleiben. Hinzu kämen die Kosten der schärferen Regulierung nach der Finanzkrise, die die Institute schultern müssten. Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret hatte daher jüngst angeregt, dass Geldhäuser abhängig vom Einzelfall über Fusionen nachdenken sollten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Leitzins jüngst auf null gesetzt und zudem die Strafgebühr für Banken auf minus 0,4 Prozent verschärft. Sie will damit dafür sorgen, dass die Finanzinstitute weniger Geld bei ihr horten und stattdessen mehr Kredite vergeben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik US-Zölle als Wirtschaftskrieg: Trump zielt auf Europas Wohlstand
15.07.2025

Mit 30-Prozent-Zöllen will Donald Trump die europäische Wirtschaft in die Knie zwingen – und trifft damit ausgerechnet die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas seltene Chance: Schwedisches Metallvorkommen soll Abhängigkeit von China brechen
15.07.2025

In Schwedens Norden liegt Europas größte Hoffnung auf Rohstoffsouveränität. Doch der Fund der Seltenen Erden birgt Zielkonflikte,...

DWN
Immobilien
Immobilien Grunderwerbsteuer sparen: So zahlen Käufer weniger beim Immobilienkauf
15.07.2025

Der Kauf einer Immobilie wird schnell teurer als geplant – oft durch hohe Nebenkosten. Besonders die Grunderwerbsteuer kann kräftig...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Zuckerberg kündigt Mega-Rechenzentren an
15.07.2025

Mark Zuckerberg treibt den KI-Wettlauf in eine neue Dimension. Der Meta-Chef kündigt gigantische Rechenzentren an und will dabei selbst...

DWN
Politik
Politik Jetzt unterstützt Trump die Ukraine: Ist das die Wende?
15.07.2025

Donald Trump vollzieht die Wende: Plötzlich verspricht er der Ukraine modernste Waffen – auf Europas Kosten. Russland droht er mit...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche fahren wieder mehr Auto
15.07.2025

Deutschland erlebt eine Kehrtwende beim Autofahren: Nach Jahren des Rückgangs steigen die gefahrenen Kilometer wieder – obwohl einzelne...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldverbot 2025: Panikmache oder reale Gefahr für Ihr Gold?
15.07.2025

Mehrere Goldhändler warnen vor einem staatlichen Zugriff auf Barren und Krügerrands – Millionen Anleger fürchten um ihre Ersparnisse....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trumps Zölle sollen bleiben – weil er sie als Erfolg verbucht
15.07.2025

Donald Trump sieht seine Zollpolitik als Erfolg – und will sie verschärfen. Was der transatlantische Handelskrieg für Europa,...