Politik

Brasilien: Regierung von Dilma Rousseff ist am Ende

Die Regierungskoalition in Brasilien ist geplatzt. Die Rechtsliberalen verlassen die Regierung. Der Regierungschefin Dilma Rousseff droht nun die Abwahl durch das Parlament.
29.03.2016 22:11
Lesezeit: 1 min

In Brasilien ist das Regierungsbündnis von Präsidentin Dilma Rousseff geplatzt. Ihr wichtigster Koalitionspartner, die rechtsliberale Partei der Demokratischen Bewegung (PMDB), beschloss am Dienstag den "sofortigen" Austritt aus dem Bündnis mit Rousseffs linker Arbeiterpartei (PT), wie die Partei mitteilte. PMDB-Chef Michel Temer ist Vize-Präsident und würde Rousseff als Interimspräsident nachfolgen, wenn sie durch das Parlament abgesetzt würde.

Rousseff steht schon seit Wochen unter großem Druck. Regierungsgegner fordern regelmäßig bei Protestkundgebungen mit Millionen Teilnehmern ihren Rücktritt. Das Parlament hat Mitte des Monats ein Amtsenthebungsverfahren auf den Weg gebracht. Stimmen zwei Drittel der Abgeordneten dafür, geht die letzte Entscheidung über die Amtsenthebung zum Senat. Das Parlamentsvotum wird Mitte April erwartet.

Rousseff wird unter anderem für die schlimmste Rezession in Brasilien seit Jahrzehnten verantwortlich gemacht. Darüber hinaus gibt es weitreichende Korruptionsvorwürfe, ein Großteil davon ist mit den Geschäften des Ölkonzerns Petrobras verknüpft. Aktuell wird ihr auch vorgeworfen, in den Jahren 2014 und 2015 staatliche Haushaltsdefizite verschleiert zu haben, indem sie Schulden auf Konten öffentlicher Banken umbuchen ließ.

Die PMDB war seit 2004 an der Regierung, derzeit ist sie unter den im Parlament vertretenen Parteien mit 69 von 518 Abgeordneten die größte. Die Versammlung der Parteiführung dauerte am Dienstag nur wenige Minuten. Der Vorschlag zur Aufkündigung des Regierungsbündnisses wurde per Akklamation angenommen.

Zwischendurch waren Rufe wie "Temer Präsident!" und "Arbeiterpartei raus!" zu hören. Der Beschluss der PMDB-Parteiführung bedeutet, dass die sieben Minister der Partei das Kabinett verlassen müssen. Tourismusminister Henrique Alves kam dem bereits zuvor und erklärte am Montagabend seinen Rücktritt.

Bei der Präsidentschaftsstichwahl im Oktober 2014 war Rousseff nur mit knappem Vorsprung vor ihrem konservativen Herausforderer Aécio Neves von der Sozialdemokratischen Partei (PSDB) im Amt bestätigt worden. Neves sieht Rousseffs Regierung nun "am Ende", der Rückzug der PMDB sei der "letzte Sargnagel" gewesen.

Rousseff hatte der Opposition angesichts der ihr drohenden Amtsenthebung durch das Parlament einen "Staatsstreich gegen die Demokratie" vorgeworfen. "Ich habe keinerlei Verbrechen begangen, ich werde nie verzichten, ich werde nie zurücktreten", sagte sie in der vergangenen Woche. Angesichts des Machtkampfes erklärte das Militär am vergangenen Freitag, es werde die Stabilität im Land sichern. "Unsere Aktionen werden allein davon getragen, was Recht und Gesetz ist", erklärte Armeechef Eduardo Vilas Boas.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Keine Stromsteuersenkung für Verbraucher: "Fatales Signal"
03.07.2025

Die Strompreise bleiben hoch, die Entlastung fällt kleiner aus als versprochen. Die Bundesregierung gerät unter Druck, denn viele Bürger...

DWN
Panorama
Panorama Spritpreis: Wie der Rakete-und-Feder-Effekt Verbraucher belastet
03.07.2025

Die Spritpreise steigen wie eine Rakete, fallen aber nur langsam wie eine Feder. Das Bundeskartellamt nimmt dieses Muster ins Visier und...

DWN
Finanzen
Finanzen Vetternwirtschaft und Machtspiele: So scheitert der NATO-Innovationsplan
03.07.2025

Milliarden für die NATO-Innovation, doch hinter den Kulissen regiert das Chaos: Interessenkonflikte, Rücktritte und Streit gefährden...

DWN
Politik
Politik Trump dreht den Geldhahn zu: Kiew kämpft ohne Washington
02.07.2025

Donald Trump kappt Waffenhilfe für die Ukraine, Europa zögert, Moskau rückt vor. Doch Kiew sucht nach eigenen Wegen – und die Rechnung...

DWN
Panorama
Panorama Köln schafft den Begriff "Spielplatz" ab
02.07.2025

Köln verabschiedet sich vom traditionellen Begriff "Spielplatz" und ersetzt ihn durch "Spiel- und Aktionsfläche". Mit neuen Schildern und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Tusk zieht die Grenze dicht – Spediteure schlagen Alarm
02.07.2025

Grenzkontrollen sollen Sicherheit bringen – doch für Spediteure und Industrie drohen Staus, teurere Transporte und Milliardenverluste....

DWN
Panorama
Panorama EU-Klimapolitik: Soviel Spielraum lässt das 90-Prozent-Ziel
02.07.2025

Die EU-Kommission hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2040 sollen die Emissionen massiv sinken, ein großer Schritt Richtung...

DWN
Technologie
Technologie DeepSeek zerstört Milliardenwerte: China-KI soll aus Europa verschwinden
02.07.2025

Ein chinesisches Start-up bringt Nvidia ins Wanken, Milliarden verschwinden in Stunden. Doch für Europa ist das erst der Anfang: Die...