Technologie

Für Paketauslieferung: Daimler testet Lkws mit Elektroantrieb

Daimler hat ein Testprojekt mit Elektro-Lastern in Stuttgart gestartet. Die Sechstonner sollen künftig etwa Pakete für Hermes ausliefern. Angesichts drohender Diesel-Fahrverbote setzen immer mehr Nutzfahrzeug-Hersteller trotz Reichweitenproblemen auf Lkws mit Batterie.
11.04.2016 17:38
Lesezeit: 2 min

Daimler wird in einigen Jahren nach den Worten von Daimler-Trucks-Chef Wolfgang Bernhard leichte Lkw mit Elektroantrieb anbieten. „Wir sind heute noch nicht serienreif, aber in einigen Jahren sind wir so weit“, sagte Bernhard am Montag zum Start eines Testprojekts mit der Stadt Stuttgart und dem Transportunternehmen Hermes. Daimler spendiert seiner Heimatstadt ein Jahr lang vier Sechstonner der Marke Fuso Canter mit rein elektrischem Antrieb, um sie in der Praxis zu erproben. Hermes wird einen Lkw für Paketlieferungen in der Stadt einsetzen. Mit dem Flottentest will der Nutzfahrzeughersteller etwa erproben, wie die batteriebetriebenen Lkw mit den steilen Hügeln in Stuttgart zurecht kommen und ob sich Ladezeiten gut managen lassen.

Die Leistungsfähigkeit von Batterien setzt bereits Grenzen, wenn es um Elektroantriebe von Autos geht. Für Lastwagen galten sie bislang als gänzlich ungeeignet. Elektro-Nutzfahrzeuge werden nach Einschätzung Bernhards wohl niemals billiger sein als Lkw mit Diesel-Motoren. Grund der höheren Preise sind die Kosten für Batterien. „Ein E-Lkw kostet heute noch immer ein Vielfaches, nicht mal nur das Doppelte eines Diesel-Lkw“, sagte Bernhard. Doch die Batteriekosten sollten in den kommenden Jahren dank technischer Weiterentwicklung rapide sinken. So ließen sich die höheren Kosten durch niedrigere Betriebskosten wett machen, so dass Serienreife möglich werde.

Daimler ist jedoch nicht der einzige Autobauer, der versucht mit einem E-Antrieb in die Transportbranche vorstoßen. Angesichts der Debatte um Abgase und Feinstaub könnten Einfuhrverbote, Sondersteuern oder Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, wie sie in Paris, London oder zuletzt auch in deutschen Innenstädten diskutiert werden, auch Nutzfahrzeuge treffen. Viele Hersteller tüftelten deshalb an Ideen, wie auch Lastwagen und Transporter elektrisch fahren können, sagt NordLB-Analyst Frank Schwope. Elektromobilität könne die Abgaswerte im innerstädtischen Verkehr durchaus entlasten.

Erste Versuche in den vergangenen Jahren stießen noch auf wenig Kundeninteresse: Daimler hatte 2012 einen Transporter mit E-Antrieb auf den Markt gebracht, das Angebot aber mangels Nachfrage eingestellt, auch wenn Spartenchef Volker Mornhinweg zuletzt betonte, er sehe einen Markt erst in fünf Jahren.

Wer bislang einen Elektro-Brummi kaufen will, lässt häufig umrüsten. Die Firma Orten in Bernkastel-Kues an der Mosel beispielsweise hat in diesem Jahr einen elektrischen 7,5-Tonner auf den Markt gebracht. Elektrofahrzeuge Stuttgart (EFA-S) ist auf E-Antriebe für Transporter spezialisiert und beliefert etwa den Paketdienst UPS.

Auch die Deutsche Post lässt künftig einen selbst entwickelten Elektro-Transporter Streetscooter in Serie produzieren. Nach und nach will das Unternehmen bis zu 30 000 Fahrzeuge ersetzen. Streetscooter war 2010 als Start-up-Unternehmen gegründet und von der Post gekauft worden.

Aber auch die großen Nutzfahrzeughersteller forschen an Möglichkeiten, wie sie Elektrontriebe einsetzen können. Der zum Volkswagen-Konzern gehörende Lkw-Hersteller MAN will erst auf der Branchenschau IAA im Herbst Technologien für die Elektromobilität zeigen.

Renault Trucks versucht es bereits eine Nummer größer: Der französische Lkw-Bauer, der zur Volvo-Gruppe gehört, hat ein 16 Tonnen schweres Versuchsfahrzeug an den französischen Kosmetikkonzern Guerlain geliefert, die französische Post testet ein kleineres Brennstoffzellen-Fahrzeug. Für Guerlain legt der Lastwagen täglich mehr als 200 Kilometer zurück, muss über einen Einsatzzyklus von 24 Stunden aber mehrmals aufgeladen werden. „Die Strecke wurde so ausgelegt, dass er tagsüber zwei Teilladungen und eine komplette Ladung zwischen 19 Uhr und 2 Uhr morgens durchführen kann“, so eine Sprecherin. Einen elektrischen 4,5-Tonner verkauft Renault bereits in Serie - wenn auch nicht in Deutschland. „Die Nachfrage ist immer noch auf einem niedrigen Niveau, da elektrische Fahrzeuge immer noch eine erhebliche Investition für die Kunden darstellen“, sagt die Sprecherin. Die 16-Tonnen-Lastwagen sollen 2020 für die Kunden rentabel sein.

Für längere Strecken außerhalb von Städten reichen Batteriekapazität und Kraftmoment bislang nicht aus, so Analyst Schwope. An die Elektrifizierung großer Lastwagen auf Fernstrecken hat sich der Elektrokonzern Siemens in Zusammenarbeit mit den Herstellern Volvo und Scania gewagt. Die Elektro-Lkw mit Stromabnehmern können aber nur auf Strecken mit Oberleitungen fahren. Siemens hat dafür Teststrecken - unter anderem in der Uckermark - gebaut.

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