Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat seit 2010 Fremdwährungen im Gesamtvolumen von fast 500 Milliarden Franken gekauft, um den Kurs der Landeswährung zu drücken. Allein im vergangenen Jahr hat die SNB demzufolge Devisen im Gegenwert von 86 Milliarden Franken gekauft, wie aus dem im März veröffentlichten Jahresbericht hervorgeht.
Die Interventionen der SNB verteilten sich in unregelmäßigen Abständen auf die vergangenen Jahre. Im Jahr 2012, als die Euro-Krise einen vorläufigen Höhepunkt erreichte und Anleger in den vermeintlich „sicheren Hafen“ Franken strömten, investierte sie etwa 188 Milliarden. Im Jahr 2010 waren es bereits 144 Milliarden gewesen, wohingegen sich das Gesamtvolumen der Währungskäufe 2014 auf etwa 26 Milliarden und 2011 auf rund 18 Milliarden belief. Im Jahr 2013 tätigte die SNB keine Transaktionen – dies war eine Periode, in der sich der Franken zum Euro auf einem hohen Niveau von durchschnittlich etwa 1,23 Euro einpendelte.
Die SNB äußert sich im aktuellen Jahresbericht wie folgt zu ihrer Tätigkeit am Devisenmarkt: „Um ihr geldpolitisches Mandat zu erfüllen, kauft und verkauft die SNB Devisen gegen Schweizer Franken an den Finanzmärkten. (…) Die SNB akzeptiert über 100 Banken aus der ganzen Welt als Gegenparteien. Mit diesem Kontaktnetzwerk deckt sie den relevanten Interbanken-Devisenmarkt ab. Die Niederlassung in Singapur kann, wenn nötig, rund um die Uhr Devisengeschäfte tätigen.“
Auch in den vergangenen Wochen hat die SNB den Franken nach Einschätzung von Experten mit gezielten Devisenkäufen geschwächt. Ein Anzeichen dafür sind die gestiegenen Sichtguthaben von Banken und des Bundes bei der Nationalbank: Diese waren der Nachrichtenagentur Reuters zufolge in der ersten Aprilwoche um 2,6 Milliarden auf über 486 Milliarden Franken gestiegen. „Es riecht nach Intervention. Die SNB ist ständig am Markt. Aber der Anstieg der Sichtguthaben zeigt, dass es diesmal etwas mehr gewesen sein könnte“, sagte ein Händler.
Entsprechend viel Beachtung findet die Entwicklung der Sichtguthaben: Sie gilt als Indiz dafür, ob die Notenbank am Devisenmarkt interveniert, um den Franken gegenüber dem Euro zu schwächen. Die Zentralbank kauft Euro und schreibt den Banken den entsprechenden Franken-Betrag auf deren SNB-Konten gut.
Bis zum Januar 2015 hatte die SNB eine offizielle Untergrenze von 1,20 Franken zum Euro festgelegt und verteidigt. Seit deren Aufhebung finden die Maßnahmen zur Schwächung der Landeswährung verdeckter statt.
Die SNB fürchtet die negativen Auswirkungen eines aus ihrer Sicht zu starken Franken auf die Schweizer Wirtschaft. Dieser schadet der Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Industrie sowie der Tourismusbranche. Neben Devisenkäufen spielt der negative Einlagenzinssatz von minus 0,75 Prozent eine Hauptrolle im Repertoire der Notenbank zur Senkung des Frankenkurses. Der Aufwertungsdruck dürfte jedoch noch längere Zeit anhalten: Angesichts zahlreicher Risiken in der Weltwirtschaft, der Politik und an den Finanzmärkten kann es jederzeit zu einer enormen Nachfrage nach Franken von Investoren aus aller Welt kommen.