Politik

Italien in Sorge wegen massivem Geburtenrückgang

Die italienische Gesundheitsministerin beschwört eine „Apokalypse“: Sie sieht einen massiven Rückgang der Geburten. Nun will die Regierung die Baby-Prämie erhöhen. Doch viele italienische Familien können sich wegen der unsicheren Wirtschaftslage keine Kinder mehr leisten.
17.05.2016 00:47
Lesezeit: 1 min

Im Kampf um die dramatisch abnehmende Geburtenrate in Italien will die Regierung die „Baby-Prämie“ verdoppeln. Wenn es nicht gelinge, den gegenwärtigen Trend umzudrehen, werde es in zehn Jahren weniger als 350.000 Geburten pro Jahr geben, 40 Prozent weniger als 2010 – „eine Apokalypse“, warnte Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin in einem Interview mit der Zeitung La Repubblica.

Um dem Rückgang der Geburtenrate entgegenzusteuern, will Lorenzin die derzeit bei 80 Euro monatlich liegende Prämie verdoppeln, die Familien mit niedrigem und mittlerem Einkommen für das erste Baby erhalten. Zudem will sie den Bonus für weitere Kinder erhöhen. So sollen Familien mit mittlerem Einkommen für ein zweites oder drittes Kind 240 Euro monatlich erhalten, arme Familien sogar 400 Euro.

Die im vergangenen Jahr erst eingeführten Prämien werden für Babys gezahlt, die zwischen dem 1. Januar 2015 und dem 31. Dezember 2017 geboren sind, und zwar bis zu ihrem dritten Geburtstag. Die Ministerin will nun die Regelung auf alle unter Dreijährigen ausweiten, also auch auf Kinder, die vor 2015 geboren wurden. Ferner soll die Anwendungsfrist um weitere drei Jahre bis Ende 2020 verlängert werden.

Familien, deren Einkommen mehr als 25.000 brutto pro Jahr beträgt, haben keinen Anspruch auf die „Baby-Prämie“. Die Kosten für die Pläne der Ministerin könnten nach Berechnungen ihres Hauses mit rund 2,2 Milliarden Euro zusätzlich in den kommenden sechs Jahren zu Buche schlagen.

Italiens Premier Renzi geht hier offenbar auf Konfrontation mit der EU: Die neuen Prämien würden die Schulden Italiens erhöhen. Renzi hat in den vergangenen Monaten mehrfach gefordert, die EU-Defizitregeln zu lockern, um die Wirtschaft in Gang zu bringen. Tatsache ist, dass es Renzi bisher nicht gelungen ist, die Wirtschaft anzukurbeln. Die Arbeitslosigkeit vor allem unter Jugendlichen verharrt auf hohem Niveau. Viele Italiener müssen bei ihren Eltern leben. An eigene Familien ist wegen der stagnierenden Wirtschaft für viele nicht zu denken.

*** Bestellen Sie den täglichen Newsletter der Deutschen Wirtschafts Nachrichten: Die wichtigsten aktuellen News und die exklusiven Stories bereits am frühen Morgen. Verschaffen Sie sich einen Informations-Vorsprung. Anmeldung zum Gratis-Newsletter hier. ***

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Grünes Image unter Druck: EU plant strengere Regeln für Umweltwerbung
09.07.2025

Begriffe wie „klimaneutral“ oder „biologisch abbaubar“ begegnen Verbraucherinnen und Verbrauchern inzwischen fast überall – von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschlands 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturplan: Eine Chance für europäische Bauunternehmen?
09.07.2025

Deutschland plant das größte Infrastrukturprogramm seiner Geschichte. Doch es fehlen Bauarbeiter. Können andere europäische Firmen und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs stabil trotzt Milliardenbewegung: Anleger bleiben dennoch vorsichtig
08.07.2025

80.000 Bitcoin aus der Satoshi-Ära wurden bewegt – doch der Bitcoin-Kurs blieb stabil. Was hinter dem Rätsel steckt, warum Investoren...

DWN
Politik
Politik Steinmeier drängt auf mehr gemeinsame Rüstungsprojekte in Europa
08.07.2025

Bei seinem Besuch in Lettland hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für mehr Zusammenarbeit in der europäischen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwäche in China bremst Porsche: Absatz geht im ersten Halbjahr zurück
08.07.2025

Porsche muss im ersten Halbjahr 2025 einen spürbaren Rückgang beim Fahrzeugabsatz hinnehmen. Besonders in China läuft das Geschäft...

DWN
Politik
Politik Trump verspricht Raketen für die Ukraine – doch zu welchem Preis?
08.07.2025

Donald Trump kündigt neue Waffenlieferungen an die Ukraine an – obwohl er sich lange zurückhielt. Ein Signal der Stärke oder Teil...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nvidia-Aktie auf Höhenflug: Wie realistisch ist das 250-Dollar-Ziel?
08.07.2025

Die Nvidia-Aktie eilt von Rekord zu Rekord – doch Analysten sehen noch Luft nach oben. Wie realistisch ist das Kursziel von 250 Dollar?...

DWN
Politik
Politik NATO-Chef erwartet Doppelangriff: China greift Taiwan an, Russland die NATO
08.07.2025

Ein gleichzeitiger Angriff Chinas auf Taiwan und Russlands auf die NATO – ausgerechnet NATO-Chef Mark Rutte hält dieses...