Finanzen

Gazprom: Erdgas wäre über die Ostsee billiger als durch Ukraine

Lesezeit: 2 min
17.06.2016 02:34
Gazprom zufolge ist der Gas-Transport durch die geplante Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 rund 20 Prozent billiger als durch die Ukraine. Weil das Thema jedoch geopolitisch aufgeladen ist, beschwichtigt die Bundesregierung: Nord Stream 2 dürfe die Energieversorgung der osteuropäischen EU-Staaten nicht gefährden.
Gazprom: Erdgas wäre über die Ostsee billiger als durch Ukraine
Die geplante Erdgas-Pipeline. (Grafik: Nord Stream)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der Transport von russischem Erdgas durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 verursacht rund ein Fünftel geringere Betriebskosten als der Transport durch die Ukraine. Dies sagte Gazprom-Chef Alexei Miller am Donnerstag auf dem St. Petersburg International Economic Forum, wie die russische Nachrichtenagentur Tass berichtet.

Grund für den Kostenunterschied sei, dass Gazprom Miteigentümer der Nord Stream-Pipeline ist. „Gazprom als Aktionär des Projekts wird sich selbst Transport-Gebühren zahlen. Die Gebühr für den Transport über Nord Stream 2 liegt bei 2,10 Dollar je tausend Kubikmeter pro hundert Kilometer. Die Transport-Gebühr über die Ukraine beläuft sich auf 2,50 Dollar – dies bedeutet, dass der Transport durch die Ukraine 20 Prozent teurer ist“, sagte Miller.

Für Deutschland bedeute ergebe sich daraus, dass Gas über Nord Stream im Endeffekt etwa 1,6 Mal günstiger sei als über die zentrale Route durch die Ukraine. Zudem müsse die Ukraine ihre Anlagen modernisieren. „Für den Fall, dass die Ukraine Investitionsgelder findet, ergibt sich dort sogar eine Gebühr von etwa 4,6 Dollar“, so Miller weiter. Die Ukraine ist faktisch pleite und hat einen Staatsbankrott nur mithilfe von Geldern der EU und des Internationalen Währungsfonds abwenden können.

Miller deutete an, dass die höheren Kosten letztendlich die Kunden betreffen werden: „Für Gazprom führt der Transit von 30 Milliarden Kubikmeter Gas durch die Ukraine zu Extra-Kosten von 25 bis 43 Milliarden Dollar. Es sollte geklärt werden, wer für diese Kosten aufkommt.“ Russlands Energieminister machte am Donnerstag indes klar, dass es trotz rechtlicher Auseinandersetzungen wegen Tarifänderungen durch die Ukraine keine Änderungen des Liefervertrages zwischen Russland und der Ukraine geben werde.

Teile der EU versuchten in der Vergangenheit, das Nord Stream-Projekt zu sabotieren – offiziell, um die starke Abhängigkeit von Russland im Energiesektor zu dämpfen. Ein besonderes Interesse daran haben amerikanische Energiekonzerne, die den Russen den europäischen Markt für Erdgas und den globalen Markt für Erdöl streitig machen wollen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel beschwichtigte bereits. Nord Stream 2 dürfe die Versorgungssicherheit osteuropäischer Staaten nicht gefährden. „Aus politischer Sicht ist mir wichtig, dass sowohl die Ukraine als auch die Slowakei nicht in unangemessener Weise getroffen werden durch das Projekt“, sagte Merkel am Donnerstag in Berlin nach einem Treffen mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico laut Reuters. Hintergrund ist die Sorge etlicher osteuropäischer Länder, dass Russland künftig Gas nicht mehr durch die Ukraine und Polen nach Westen schicken könnte, sondern nur noch durch die Ostsee direkt nach Deutschland. Dann würden die osteuropäischen Länder etwa Durchleitungsgebühren verlieren.

Es müsse sichergestellt werden, dass "nicht eine völlige Kappung dieser Leitungen stattfindet", sagte Merkel. Deutschland unterstütze deshalb neue trilaterale Gespräche zwischen Russland, der Ukraine und der EU-Kommission. Die Frage der Verlängerung der EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Eingreifens in der Ostukraine habe mit dem Pipeline-Projekt nichts zu tun, wird sie von Reuters zitiert.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...