Politik

Anschlag in Ansbach war Selbstmord-Attentat eines Syrers

Ein als Asylbewerber abgelehnter Mann aus Syrien hat in der Nacht einen Selbstmordanschlag in der bayrischen Gemeinde Ansbach verübt. Mindestens 12 Menschen wurden verletzt. Der Mann war vor einem Jahr als Asylbewerber abgelehnt worden, blieb jedoch weiter auf Duldung in Deutschland. Er war bereits mehrfach polizeilich aufgefallen. Bayerns Innenminister geht von einem islamistischen Hintergrund aus.
25.07.2016 08:06
Lesezeit: 3 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Bei einem mutmaßlich islamistisch motivierten Bombenanschlag im fränkischen Ansbach sind zwölf Menschen verletzt worden, drei davon schwer. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hält es für wahrscheinlich, dass der Anschlag am Sonntagabend das Werk eines islamistischen Selbstmordattentäters war. „Meine persönliche Einschätzung ist, dass ich es leider für sehr naheliegend halte, dass hier ein echter islamistischer Selbstmordanschlag stattgefunden hat“, sagte Herrmann am Montag der dpa. Der mutmaßliche Täter sei ein 27-jähriger Flüchtling aus Syrien. Er starb bei der Explosion nahe einem Open-Air-Konzert.

Der Mann, der öfter in psychiatrischer Behandlung gewesen sei, habe die Bombe mit scharfkantigen Metallteilen in seinem Rucksack bei dem Musikfestival mit etwa 2.500 Besuchern zünden wollen, sagte Herrmann bei einer Pressekonferenz in Ansbach. Ihm wurde aber der Einlass verwehrt. Die Explosion ereignete sich gegen 22.00 Uhr vor dem Eingang zum Konzert. Der Nürnberger Polizeivizepräsident Roman Fertinger sagte: „Wenn er mit dem Rucksack in die Veranstaltung gelangt wäre, hätte es bestimmt mehr Opfer gegeben.“

Der syrische Attentäter sollte nach Angaben des Bundesinnenministeriums nach Bulgarien abgeschoben werden, berichtet Reuters. Es habe eine Abschiebeandrohung in das Balkanland gegeben, sagte ein Sprecher des Ministeriums am Montag in Berlin. Grund sei, dass der Mann zuvor in den EU-Staaten Bulgarien und Österreich registriert worden sei. Nach Syrien direkt könne derzeit wegen des Bürgerkriegs niemand abgeschoben werden. Warum der Mann sich noch in Deutschland aufgehalten habe, könne er derzeit nicht sagen, sagte der Sprecher. Er verwies darauf, dass Abschiebungen zunächst Ländersache seien.

Auf die Frage, ob der Täter im Zusammenhang mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) stehe, sagte der Minister: „Es ist dies auf jeden Fall nicht auszuschließen.“ Konkrete Hinweise auf den IS gebe es allerdings nicht. „Die offensichtliche Absicht, mehr Menschen zu töten, weist zumindest auf einen islamistischen Hintergrund hin.“ Man müsse nun herausfinden, mit wem der Täter kommuniziert habe, erläuterte Staatsanwalt Michael Schrotberger.

Es ist die dritte Bluttat in Bayern innerhalb einer Woche. Am Montag vergangener Woche hatte ein afghanischer Flüchtling unter anderem in einer Regionalbahn in Würzburg Menschen mit einer Axt angegriffen, am Freitag war ein junger Mann in München Amok gelaufen. Mehrere Menschen starben, viele wurden verletzt.

Herrmann sagte, es sei leider ein weiterer schlimmer Anschlag, der gerade die Besorgnis der Menschen weiter verstärken dürfte. Eine restlose Aufklärung der Tat sei wichtig, um das Vertrauen in den Rechtsstaat wieder herstellen zu können. „Wir müssen sehen, dass neben vielen Flüchtlingen mit schlimmen Schicksalen auch Leute in unser Land kommen oder gekommen sind, die eine echte Gefahr für die Sicherheit der Menschen in unserem Land darstellen“, sagte er. „Das können wir nicht hinnehmen.“ Das müsse Konsequenzen haben.

Er pocht auf Gesetzesänderungen auf Bundesebene. Dabei gehe es etwa um das Strafrecht und um aufenthaltsrechtliche Fragen. „Wir müssen auch anderen deutlich machen: Jeder hat die Rechtsordnung dieses Landes zu akzeptieren.“ Wenn jemand dagegen verstoße, müsse schon auf niedrigerer Schwelle als bisher deutlich werden, dass er das Land wieder zu verlassen habe. Allerdings hängen die Überlegungen nicht unmittelbar mit dem tödlichen Selbstmord-Attentat vom Sonntagabend zusammen: Das bayerische Kabinett wird von Dienstag an bei einer Klausur am Tegernsee vor allem das Thema Sicherheit diskutieren.

In Ansbach sorgte die Explosion für einen Großeinsatz der Polizei, die mit 200 Kräften anrückte. Feuerwehr und Rettungsdienste waren mit 350 Kräften im Einsatz. Die Polizei gründete eine Sonderkommission mit mehr als 30 Mitgliedern. Die Tatortarbeit begann noch in der Nacht.

Der mutmaßliche Täter sei vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen und habe einen Asylantrag gestellt, sagte Herrmann. Der Antrag wurde vor einem Jahr abgelehnt, der Flüchtling sei seitdem geduldet gewesen. Hintergrund sei, dass Deutschland im Moment niemanden nach Syrien in den Krieg abschiebe. Der Grund für die Ablehnung des Asylantrags ist laut Herrmann noch unbekannt. Dies soll im Laufe des Tages mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geklärt werden.

Er sei entsetzt, dass der Asylschutz menschenverachtend missbraucht werde, sagte er. „Das ist ungeheuerlich.“ Alles müsse unternommen werden, damit solches Verhalten nicht weiter um sich greife. „In Reutlingen liegt kein Staatsschutzdelikt vor, zu Ansbach dauern die Ermittlungen an“, sagte ein Sprecher der Bundesregierung am Montag.

Der Mann wohnte in einer Unterkunft in Ansbach und war wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Unter anderem hatte die Polizei wegen eines Drogendelikts mit dem Mann zu tun, wie Herrmann sagte. Der Syrer habe sich schon zwei Mal das Leben nehmen wollen. Er sei deshalb auch schon in einer Psychiatrie untergebracht gewesen.

Die komplette Altstadt von Ansbach, das rund 40.000 Einwohner hat, war am späten Abend abgeriegelt. Anwohner konnten zunächst nicht zurück in ihre Häuser. Das Open-Air-Konzert wurde abgebrochen. Bei den „Ansbach Open 2016“ sollten am Sonntag die deutschen Popsänger Joris, Philipp Dittberner und Gregor Meyle auftreten.

Unklar war zunächst, in welchem Umfeld sich der 27-Jährige bewegte und woher er den Sprengstoff hatte. Man müsse auch klären, woher genau die Metallteile stammten, sagte Polizeivizepräsident Fertinger. Diese glichen solchen, die in der Holzindustrie verwendet werden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Haushaltsstreit 2025: Klingbeils Pläne, Kritik und offene Milliardenlücken
08.07.2025

Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat den Haushaltsentwurf für 2025 und die Finanzplanung bis 2029 in den Bundestag eingebracht....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Konzern behauptet Spitzenposition im deutschen E-Auto-Markt
08.07.2025

Der VW-Konzern setzt im deutschen E-Auto-Markt neue Maßstäbe. Die aktuellen Zahlen zeigen eine eindrucksvolle Entwicklung – doch der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft China frisst Europas Industrie und niemand wehrt sich
08.07.2025

Chinas Staatskonzerne zerlegen Europas Industrie Stück für Stück – doch Berlin, Brüssel und Paris liefern nur leere Worte. Während...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Dow schließt Chemieanlagen: Was das für Deutschland bedeutet
07.07.2025

Der US-Konzern Dow zieht sich teilweise aus Mitteldeutschland zurück – und das hat Folgen. Standorte in Sachsen und Sachsen-Anhalt...

DWN
Politik
Politik Folgekosten in Millionenhöhe: Corona-Krise und die Schattenseite staatlicher Beschaffung
07.07.2025

Milliardenkosten, ungenutzte Schutzmasken und politische Spannungen: Die Folgen der Maskenkäufe in der Corona-Krise wirken bis heute nach....

DWN
Politik
Politik Kontrollen an der Grenze zu Polen: Grenzkontrollen jetzt beidseitig aktiv
07.07.2025

Mitten in der Urlaubszeit zieht Polen die Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland an. Reisende spüren die Auswirkungen sofort –...

DWN
Politik
Politik Trump droht BRICS-Staaten mit neuen Strafzöllen
07.07.2025

Trump verschärft den Handelsstreit mit den BRICS-Staaten drastisch. Seine angekündigten Strafzölle könnten globale Lieferketten...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX aktuell auf Höhenflug trotz drohender US-Handelszölle
07.07.2025

Der DAX überrascht mit einem starken Anstieg über 24.000 Punkte – und das trotz drohender US-Zölle. Wie reagieren Investoren auf die...