Politik

Deutschland: 400.000 neue Migranten und Flüchtlinge in diesem Jahr

Die Zahl der Flüchtlinge und Migranten, die im Jahr 2016 nach Deutschland kommen, dürfte bei etwa 400.000 Personen liegen. Diese erstaunlich hohe Zahl wird allerdings nur halten, wenn der Türkei-Deal nicht platzt. Viele Flüchtlinge müssen erst qualifiziert werden, um in den Arbeitsmarkt kommen zu können.
27.08.2016 02:06
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Etwa 700.000 Flüchtlinge werden langfristig auf den Arbeitsmarkt in Deutschland drängen. Zu dieser Einschätzung kommt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in einer Studie. Reuters hat einige Zahlen aus der vorläufigen "Bilanz der Fluchtmigration nach Deutschland" zusammengefasst:

ZUWANDERUNG VON FLÜCHTLINGEN: Im Vergleich zum Vorjahr zeichne sich ein starker Rückgang des Flüchtlingszuzugs nach Deutschland ab. Seit April 2016 habe sich die Zahl der neu erfassten Flüchtlinge bei monatlich etwa 16.000 eingependelt. Im gesamten Jahr sei mit 300.000 bis 400.000 neu erfassten Flüchtlingen zu rechnen - sofern das Türkei-Abkommen Bestand habe und die Balkan-Route geschlossen bleibe. 2015 waren es etwa 1,1 Millionen. Nach Abzug von Doppelzählungen, Weiter- und Rückreisen wie auch Rückführungen seien rund 900.000 Flüchtlinge nach Deutschland gekommen.

ARBEITSMARKT: Ende Juli hatten 345.000 (41 Prozent) der Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter einen Aufenthaltsstatus, der ihnen unbeschränkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt einräumt. Bis zum Jahresende könnte die Zahl um etwa 160.000 steigen - abhängig davon, wie schnell das Bundesamt für Migration (Bamf) die Asylanträge entscheide. Langfristig werde sich die Zahl aller Schutzsuchenden mit unbeschränktem Zugang zum Arbeitsmarkt auf etwa 700.000 Personen belaufen.

QUALIFIKATION: "Die Flüchtlinge bringen schlechtere Voraussetzungen für die Arbeitsmarktintegration als andere Migranten mit", heißt es in der Studie. Nur wenige verfügten über ausreichende Deutschkenntnisse. Ihr beruflicher Bildungsstand sei deutlich geringer als bei Deutschen. Rund 70 Prozent der arbeitsuchenden Flüchtlinge hätten keine abgeschlossene Berufsausbildung. Angesichts des geringen Durchschnittsalters der Flüchtlinge - 55 Prozent seien unter 25 Jahre alt - bestehe "ein hohes Potenzial für die berufliche Bildung und den Erwerb allgemeinbildender Abschlüsse".

INTEGRATION AUF ARBEITSMARKT: Die Beschäftigung von Flüchtlingen wird statistisch nicht erfasst, jedoch die Staatsangehörigkeit eines Arbeitnehmers. Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) gab es im Mai 2016 rund 136.000 Beschäftigte aus den nicht-europäischen Herkunftsländern von Asylbewerbern (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien). Das seien rund 32.000 mehr gewesen als ein Jahr davor. Zwei Drittel der Flüchtlinge kämen aus diesen Ländern, so dass der tatsächliche Beschäftigungszuwachs höher sein könne. Im Juli 2016 waren 322.000 Geflüchtete als arbeitsuchend registriert, davon galten 141.000 als arbeitslos.

FLUCHTWEGE: Die Zahlen auf den zentralen Fluchtrouten nach Europa seien stark zurückgegangen. Seit der Schließung der Balkan-Route und dem Türkei-Abkommen würden monatlich noch 1500 bis 1700 Flüchtlinge erfasst, die über die Agäis nach Griechenland gelangten. Auf der zentralen Mittelmeerroute von Libyen nach Italien seien die Flüchtlingszahlen mit rund 70.000 im ersten Halbjahr 2016 im Vergleich zum Vorjahr konstant. Diese Fluchtroute sei aber noch gefährlicher geworden: Im ersten Halbjahr 2016 seien 2499 Todesfälle auf der zentralen Mittelmeer-Route registriert worden (1804 im ersten Halbjahr 2015).

SCHUTZQUOTEN: Spätestens seit dem zweiten Halbjahr 2015 stammten die Flüchtlinge zum allergrößte Teil aus Kriegsgebieten und Staaten mit einem hohen Grad politischer Verfolgung, etwa Syrien, Afghanistan, Irak, Iran und Eritrea. Entsprechend hoch seien die Schutzquoten: Von Jahresanfang bis Ende Juli 2016 habe das Bamf 336.000 Asylanträge entschieden. Davon hätten 62 Prozent einen Schutzstatus erhalten.

ASYLVERFAHREN: Bis Jahresende "werden noch mehrere hunderttausend Asylverfahren nicht abgeschlossen sein". Ende Juli seien rund 526.000 Anträge noch nicht entschieden gewesen. Hinzu kämen 200.000 bis 250.000 Personen, die noch nicht als Asylbewerber registriert seien.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.

DWN
Finanzen
Finanzen Warren Buffett: Was wir von seinem Rückzug wirklich lernen müssen
10.05.2025

Nach sechs Jahrzehnten an der Spitze von Berkshire Hathaway verabschiedet sich Warren Buffett aus dem aktiven Management – und mit ihm...

DWN
Finanzen
Finanzen Silber kaufen: Was Sie über Silber als Geldanlage wissen sollten
10.05.2025

Als Sachwert ist Silber nicht beliebig vermehrbar, kann nicht entwertet werden und verfügt über einen realen Gegenwert. Warum Silber als...

DWN
Technologie
Technologie Technologieinvestitionen schützen die Welt vor einer Rezession
10.05.2025

Trotz der weltweiten Handelskonflikte und der anhaltenden geopolitischen Spannungen bleibt die Nachfrage nach Technologieinvestitionen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Starbucks dreht den Spieß um: Mehr Baristas statt mehr Maschinen
10.05.2025

Starbucks gibt auf die Maschinen auf: Statt weiter in teure Technik zu investieren, stellt das Unternehmen 3.000 Baristas ein. Nach...

DWN
Panorama
Panorama EU-Prüfer sehen Schwächen im Corona-Aufbaufonds
10.05.2025

Milliarden flossen aus dem Corona-Topf, um die Staaten der Europäischen Union beim Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie zu unterstützen....