Finanzen

Hanjin-Pleite wird zur ernsten Gefahr für die Weltwirtschaft

Die Insolvenz der Hanjin-Reederei hat den Seehandel schwer getroffen – Waren im Wert von 14 Milliarden Dollar dümpeln derzeit auf mehr als 70 Hanjin-Schiffen auf hoher See. Die Pleite war eine bewusste Entscheidung der südkoreanischen Regierung, welche die Firma jahrelang mit günstigen Krediten über Wasser gehalten hatte. Weitere Reedereien könnte in den kommenden Monaten das gleiche Schicksal ereilen.
13.09.2016 01:25
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Insolvenz der weltweit siebtgrößten Reederei Hanjin wurde von der südkoreanischen Regierung offenbar bewusst in Kauf genommen. Über Jahre hatte sie Hanjin und andere heimische Reedereien mit günstigen Krediten vor dem Untergang bewahrt. Die Gesamtschulden Hanjins allein belaufen umgerechnet sich auf etwa 4,9 Milliarden Euro. Offenbar wurde nun entschieden, dem Konkurs nicht mehr entgegenzuwirken und damit eine Konsolidierung der unter Überkapazitäten leidenden Schifffahrt Südkoreas anszustoßen.

„Die Regierung hat endlich erkannt, dass sie strauchelnde Firmen nicht endlos mit Steuergeldern stützen kann. Indem sie Hanjin fallengelassen haben, sendeten sie ein klares Zeichen, dass das „Too big to fail“-Mantra nicht mehr bindend sei“, wird ein Professor der Hansung-Universität von der Financial Times zitiert. Ein Analyst sagt:  „Überkapazität ist ein großes Problem, dass viele unserer Exportindustrien betrifft, aber das Spiel der freien Markkräfte wurde nicht zugelassen. Die Entscheidung, Hanjin in die Insolvenz zu schicken, drückt eine veränderte Haltung der Regierung aus, dass eine Konsolidierung notwendig ist, um die wirtschaftliche Effizienz Koreas zu stärken.“

Die Insolvenz ist ein schwerer Schlag für den globalen Seehandel, weil vom Ausfall der Warentransporte und Zahlungen nicht nur Händler und Banken, sondern auch andere Containerfirmen betroffen sind. Waren im Gesamtwert von rund 14 Milliarden Dollar sollen derzeit auf Hanjin-Frachtern auf hoher See dümpeln, oder in Häfen beschlagnahmt worden sein. Zudem hat Hanjin 61 Schiffe von anderen Reedereien - auch deutschen -gemietet und kann seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Zudem mehren sich nach Angaben der Financial Times gerichtliche Klagen, weil der Ausfall von Hanjin zu „Rissen in der globalen Wertschöpfungs- und Logistikkette“ geführt habe.

„Hanjin ist ein großes Unternehmen, weswegen das Scheitern einen großen Einfluss auf viele Exporteure und Logistikfirmen hat“, wird ein Sprecher der koreanischen Frachtbehörde von der Financial Times zitiert. „Uns gehen bereits einige Größen und Farben aus“, wird der Präsident eines Textilunternehmens in Los Angeles von Reuters zitiert. „Was die Beschaffung betrifft, so haben wir Probleme, Rohstoffe von den Hanjin-Schiffen herunterzubekommen. Wir versuchen jetzt, unsere Lieferkette umzustellen, um die verlorene Fracht zu ersetzen“, sagte ein Unternehmen in Singapur.

Zwar ist durch den Ausfall Hanjins etwas mehr Kapazität für seine Konkurrenten auf dem Markt freigeworden, am grundsätzlichen Problem des massiven Überangebots im Containerhandel wird dies aber nichts ändern, sagen Beobachter.

Seit Ende 2014 ist das Wachstum im Seehandel praktisch zum Erliegen gekommen – trotzdem werden weiterhin neue Frachter gebaut. Im zweiten Quartal des Jahres sei die Nachfrage nach dem Transport von Gütern um 2 Prozent gestiegen, berichtet die weltgrößte Reederei Moller Maersk – das Angebot an Transportkapazität jedoch um 6 Prozent. Auch ein großer Teil der Schiffe von Hanjin wird weiterverwendet werden – der Konkurrent Hyundai Merchant Marine hat bereits Interesse signalisiert und die gemieteten Frachter werden wahrscheinlich an die Eigner zurückgegeben werden. Beobachter schätzen, dass bis zu 1500 mittelgroße Containerschiffe vom Markt verschwinden müssten, damit das Verhältnis aus Angebot und Nachfrage wieder ausgeglichen wird.

„Hanjin repräsentiert nur 3 Prozent des Welthandels auf See und es scheint, dass die Überkapazität in der Industrie mehr als das ist. Dies ist nur einer der schmerzhaften Schritte, mit denen die Industrie ihr Überangebot korrigiert, es werden wahrscheinlich noch weitere folgen“, wird der Präsident des Online-Logistikunternehmens Freightos von CNBC zitiert.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Was sind alternative Investments? Whisky, Windpark, Private Equity – wie Sie abseits der Börse Rendite machen
16.05.2025

Alternative Investments gelten als Baustein für resiliente Portfolios. Doch was genau verbirgt sich hinter dieser Anlageklasse? Warum sie...

DWN
Politik
Politik Dobrindt: Grenzkontrollen markieren den Beginn eines Kurswechsels
16.05.2025

Innenminister Dobrindt setzt auf strengere Maßnahmen und schärfere Grenzkontrollen – ein klarer Kurswechsel in der Migrationspolitik....

DWN
Politik
Politik Grüne kritisieren Wadephuls Aussage zu Verteidigungsausgaben als "naiv"
16.05.2025

Verteidigungsausgaben sollen auf fünf Prozent steigen – ein Vorschlag, der Deutschland spaltet. Doch wie realistisch ist dieses Ziel?...

DWN
Politik
Politik Merz warnt vor Wiederbelebung von Nordstream 2 – Geheimgespräche zwischen USA und Russland
16.05.2025

Geheimgespräche zwischen Washington und Moskau über Nordstream 2 alarmieren Berlin. CDU-Chef Friedrich Merz warnt vor einer...

DWN
Politik
Politik Fünf Prozent für Verteidigung: Welche Kosten kämen auf Deutschland zu?
16.05.2025

Die Debatte um höhere Verteidigungsausgaben nimmt Fahrt auf: Fünf Prozent des BIP stehen im Raum. Doch was würde das konkret für...

DWN
Politik
Politik Russland-Ukraine-Friedensverhandlungen: Was kann in Istanbul erreicht werden?
16.05.2025

Russland und Ukraine starten in Istanbul neue Friedensverhandlungen – doch wie realistisch sind Fortschritte? Welche Rolle spielen...

DWN
Politik
Politik Die Macht der Herausforderung: Putin hat gekniffen
16.05.2025

Man möchte den wenigstens etwas ernstzunehmenden Menschen sehen, der geglaubt hat, Wladimir Putin würde die Herausforderung des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen DAX-Konzerne verzeichnen deutlichen Rückgang bei Gewinnen
16.05.2025

Geringere Gewinne, schrumpfende Belegschaften und globale Unsicherheiten: Deutschlands DAX-Konzerne stehen unter Druck. Doch wie...