Politik

WSJ: Bundesregierung schließt Einstieg bei Deutscher Bank aus

Lesezeit: 2 min
15.10.2016 02:17
An der Wall Street scheint man langsam die Realität zur Kenntnis zu nehmen: Die Bundesregierung wird nicht mehr als Retter der Deutschen Bank erwartet. Damit muss sich die Finanzindustrie selbst nach Lösungen umsehen, um nicht schwere Verluste zu erleiden.
WSJ: Bundesregierung schließt Einstieg bei Deutscher Bank aus

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Italien  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Deutsche Bank könnte laut einem Zeitungsbericht bei einer Kapitalerhöhung nicht auf staatliche Unterstützung zählen. Ein Regierungsvertreter habe vergangene Woche gegenüber Abgeordneten erklärt, dass der Staat sich an so einem Schritt nicht beteiligen werde, berichtete das "Wall Street Journal" am Freitag unter Berufung auf einen Teilnehmer des Treffens. Es sei "undenkbar", dass man wie 2009 bei der Commerzbank einen Anteil an der Deutschen Bank übernehme. "Die Regeln für die Bankenabwicklung haben sich seit 2009 geändert", sagte der Regierungsvertreter demzufolge. An diese Regeln müsse sich auch Deutschland halten.

Bundesfinanzministerium und Deutsche Bank lehnten eine Stellungnahme zu dem Bericht ab. Offiziell hat die Bundesregierung wiederholt erklärt, Staatshilfe für die Deutsche Bank sei kein Thema. Einen Bericht, die Bundesregierung würde hinter den Kulissen an der Rettung der Bank arbeiten, hat die Bundesregierung hart dementiert. Immer wieder werden solche Berichte lanciert, um die Finanzindustrie zu entlasten. Allerdings steht die Deutsche Bank zum einen offensichtlich besser dar als ihre Gegner wollen. Zahlreiche Spekulanten hatten vor Wochen einen Angriff auf die Deutsche Bank gestartet, sich jedoch eine blutige Nase geholt und die Attacke vorerst abgeblasen. Auch nach der WSJ-Meldung blieb die Aktie der DB im Plus.

Nach eigenem Bekunden braucht die Bank im Moment zwar weder Hilfe vom Staat noch eine Kapitalerhöhung. Viele Anleger und Analysten sind aber skeptisch, weil der mit Spannung erwartete Vergleich im Hypothekenstreit mit den USA viel teurer werden könnte als gedacht. Eine Forderung des US-Justizministeriums von 14 Milliarden Dollar steht im Raum, die die Rückstellungen weit übersteigt. Die Verhandlungen darüber laufen derzeit noch.

Der Grund der Nervosität der Finanzindustrie liegt in der Tatsache begründet, dass die neuen EU-Regeln vorsehen, dass die Gläubiger im Zuge der Haftungskaskade als erste zur Kasse gebeten werden. Stünde eine Bank tatsächlich vor der Pleite, käme der seit diesem Jahr in der EU greifende "einheitliche Abwicklungsmechanismus" in Gang. Dieser sieht vor, dass der Kapitalbedarf ganz überwiegend von den Anteilseignern und Gläubigern gedeckt würde und nicht von den Steuerzahlern. Die große Frage ist aber, ob dieser Mechanismus schon stark genug ist, um eine systemrelevante Bank aufzufangen beziehungsweise geordnet abzuwickeln.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es bei der Deutschen Bank bisher offenbar keine Anzeichen eines Bank-Runs gibt. Angesichts der teilweise panischen Meldungen der vergangenen Monate ist das eine große Überraschung, die zeigt: Die Mehrzahl der Kunden und Gläubiger ist von den Attacken der Spekulanten unbeeindruckt geblieben.

Es gibt allerdings eine Möglichkeit, den Staat schon vor einer Pleite ins Boot zu holen: Die Regierung kann bei einer gesunden Bank im Rahmen einer Kapitalerhöhung einsteigen. Die Bedingung dafür wäre, dass auch private Investoren dabei sind und sich der Staat den Anteil zu marktüblichen Konditionen besorgt. Überprüfen würde das die EU-Kommission nach den beihilferechtlichen Regeln.

Diese Lösung streben vor allem die Italiener bei der Skandal-Bank Monte Paschi an. Allerdings ist deren Rettung im Grunde wieder fraglich geworden, Zuletzt hattte sich der staatliche Rettungsfonds Atalante gegen einen Einstieg entschieden - womit auch hier die Finanzindustrie am Zug ist.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Yulin Delegation - Erfolgreich veranstaltetes Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen in Berlin

Am 25. April 2024 organisierte eine Delegation aus der chinesischen Stadt Yulin ein erfolgreiches Wirtschafts- und Handelsaustauschtreffen...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Investitionstief: Rückgang setzt Wirtschaft unter Druck
02.05.2024

Deutschlands Attraktivität für ausländische Investitionen schwindet weiter: 2023 markiert den niedrigsten Stand seit 2013. Manche...

DWN
Politik
Politik 1.-Mai-Demonstrationen: Gewerkschaften fordern dringend Gerechtigkeit
02.05.2024

Am Tag der Arbeit kämpfen Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen. Ihre Spitzenvertreter betonten die Notwendigkeit von...

DWN
Politik
Politik Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter im DWN-Interview: Die Folgen des Massenmords von Odessa 2014
02.05.2024

Der Militärhistoriker Dr. Lothar Schröter ordnet im DWN-Interview den Massenmord in Odessa vom 2. Mai 2014 ein. Dabei geht er auch auf...

DWN
Politik
Politik DWN-Interview: Ukraine-Krieg - Zehn Jahre nach dem Massenmord von Odessa
02.05.2024

Am 2. Mai 2014 ist es in der ukrainischen Stadt Odessa zu einem Massenmord gekommen, bei dem fast fünfzig Menschen qualvoll ums Leben...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin als Geldanlage: „Das ist gleichzusetzen mit einem Besuch im Casino“
02.05.2024

Bitcoin entzweit trotz neuer Kursrekorde die Anlegergemeinschaft. Die einen halten große Stücke auf den Coin, die anderen sind kritisch....

DWN
Politik
Politik Heimatschutz: Immer mehr Bürger dienen dem Land und leisten „Wehrdienst light"
01.05.2024

Ob Boris Pistorius (SPD) das große Ziel erreicht, die Truppe auf über 200.000 Soldaten aufzustocken bis 2031 ist noch nicht ausgemacht....

DWN
Immobilien
Immobilien Balkonkraftwerk mit Speicher: Solarpaket könnte Boom auslösen - lohnt sich der Einbau?
01.05.2024

Balkonkraftwerke aus Steckersolargeräten werden immer beliebter in Deutschland. Insgesamt gibt es aktuell über 400.000 dieser sogenannten...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Weltweite Aufrüstung verschärft Knappheit im Metallsektor
01.05.2024

Die geopolitischen Risiken sind derzeit so groß wie seit den Hochzeiten des Kalten Krieges nicht mehr. Gewaltige Investitionen fließen in...