Finanzen

Moody’s: Commerzbank ist für externen Schock anfällig

Die US-Ratingagentur Moody’s begrüßt den grundlegenden Umbau bei der Commerzbank, er sei langfristig richtig. In den nächsten Jahren werde er jedoch dazu führen, dass die Stabilität der Bank in eine bedrohliche Schieflage geraten könne.
22.10.2016 03:06
Lesezeit: 3 min

Die US-amerikanische Ratingagentur Moody’s begrüßt in einem Bericht den geplanten grundlegenden Umbau bei der Commerzbank. Dieser werde sich langfristig auszahlen, prognostiziert die Agentur. Auf Sicht der nächsten Jahre jedoch würden die immensen Kosten der Reorganisation die Stabilität der Bank gefährden, berichtet das Magazin Finance.

Betroffen sie vor allem die Ausstattung der Bank mit Eigenkapital, welches größeren Schocks dann möglicherweise nicht mehr abfedern könne, so Moody’s. Zwischen 2016 und 2018 werde die Reorganisation über die deutlich sinkende Profitabilität dafür sorgen, dass die Bank kein neues Kapital bilden kann. Bis zum Jahr 2019 sei es deshalb sehr schwer, die Kernkapitalquote CET1 über die Marke von 12 Prozent zu steigern. Weil die Eigenkapitalanforderungen der europäischen Aufsichtsbehörden sowie des Basel-Ausschusses derzeit 11,75 Prozent betragen und zudem immer strenger werden, sei die Bank für externe Schocks anfällig.

Über 7.000 Stellen will die zweitgrößte deutsche Bank im Zuge ihrer 1,1 Milliarden Euro teuren Umstrukturierung streichen. Der Gewerkschaft Verdi zufolge könnten es deutlich mehr werden. 36.200 Stellen soll es 2020 dann noch geben bei der „neuen“ Commerzbank, 7100 weniger als Ende des vergangenen Jahres. Das geht aus den Plänen von Personalchefin Bettina Orlopp hervor, die die Generalbevollmächtigte dem Gesamtbetriebsrat Anfang Oktober präsentierte und die Reuters vorliegen. Die Arbeitnehmervertreter sprechen von einem „Kahlschlag“. Die dritte Abbauwelle in acht Jahren sei größer als die nach der Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank Anfang 2009. Damals gab es dort noch Arbeit für mehr als 59.000 Banker. Das Institut wollte sich zu den Plänen im Detail nicht äußern. Im Zuge des Sparprogramms von 2013 hat es bisher 4750 Stellen gestrichen.

9600 „Vollzeitkapazitäten“, wie es im Personaler-Sprech heißt, sollen abgebaut werden, 7700 allein im Inland, 4800 davon im Vertrieb, also in den Niederlassungen und Filialen. Denn die Commerzbank will zugleich Platz für 2300 neue Jobs schaffen, die sie bei der Digitalisierung voranbringen oder bei der Einhaltung von Regeln und Vorschriften (Compliance) helfen sollen. Betroffen vom Abbau seien letztlich „sicher 11.000 bis 12.000“ Mitarbeiter, wie es in einem Flugblatt der Gewerkschaft Verdi heißt. Denn bei der zweitgrößten deutschen Bank arbeiten mehr als 11.000 Menschen in Teilzeit: So verteilten sich Ende des vergangenen Jahren 45.400 Stellen auf 51.300 Mitarbeiter.

Doch verhandelt werden muss wohl nur über den Abbau von 6250 Stellen, wie aus den Papieren hervorgeht. 1700 Stellen fallen bis 2018 ohnehin weg, darüber ist sich die Bank längst mit den Arbeitnehmervertretern einig. 900 Mitarbeiter gehen absehbar in Rente oder kündigen freiwillig - so war es in den vergangenen Jahren regelmäßig. 500 haben die Bank in diesem Jahr bis Ende Juni bereits verlassen. Rund 600 Commerzbanker arbeiten in den Bereichen des Investmentbankings, die zunächst ausgegliedert und mittelfristig verkauft werden sollen, etwa das Geschäft mit börsennotierten Fonds (ETFs) und Zertifikaten.

Das ist immerhin ein Drittel der Belegschaft im Investmentbanking, das mit dem Großteil der bisherigen Mittelstandsbank zur neuen Firmenkunden-Sparte zusammengelegt werden soll. Diese neue Sparte trifft der Personalabbau nach dem Plan am stärksten. 4000 Stellen sind dort 2020 noch vorgesehen, Mittelstands- und Investmentbank zusammen kamen zuletzt auf 7300. Unklar ist, wie viele Kundenbetreuer von dort in die Privatkundensparte wechseln, die künftig kleinere Unternehmer mit Umsätzen bis 15 Millionen Euro mit betreut. Sie hatten in der Mittelstandsbank bisher ein Schattendasein geführt.

Der neue Privatkunden-Vorstand Michael Mandel hat künftig mehr als jeden zweiten Commerzbanker unter sich: 18.300 sind in seiner Sparte eingeplant. Die 2300 Stellen, die Mandel verliert, fallen ausschließlich in den Filialen weg. Viele davon werden anders als heute aussehen: Neben rund 100 Flaggschiffen soll es kleine „City-Filialen“ geben, auf dem Land eine Mischung aus beiden. Die Verwaltung bleibt unter dem Strich ebenso verschont wie die polnische Tochter mBank und der Online-Broker Comdirect. In der Frankfurter Konzernzentrale sollen 2900 Stellen gestrichen werden.

Bis Ende 2017 sollen die ersten 2400 Stellen weg sein. Gesamtbetriebsratschef Tschäge hält das für schwierig, zumal die Verhandlungen mit den Arbeitnehmern erst im Frühjahr 2017 in die entscheidende Phase gehen dürften. Während Orlopp den Personal-Abbau relativ gleichmäßig über die nächsten vier Jahre verteilen will, sollen mehr als zwei Drittel der neuen Stellen innerhalb von zwei Jahren besetzt sein. Schließlich müssen die IT-Lösungen und Systeme erst gebaut werden, die die Mitarbeiter später ersetzen sollen.

Tschäge setzt darauf, dass das am Ende länger dauert: „Wenn man sich die Erfahrungen mit IT-Projekten ansieht, wird man eher vorsichtiger sein müssen und den geplanten Personalabbau strecken wollen.“ Sicher sind die verbleibenden 36.200 Stellen aber auch nicht: Nach 2020 solle die Mitarbeiterzahl bis 2023 um knapp 1000 im Jahr weiter schrumpfen, heißt es in dem Flugblatt von Verdi.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kaffeepause statt Burn-out: Warum Müßiggang die beste Investition ist
12.07.2025

Wer glaubt, dass mehr Tempo automatisch mehr Erfolg bringt, steuert sein Unternehmen direkt in den Abgrund. Überdrehte Chefs,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...