Politik

Österreich: SPÖ beendet überraschend „Ausgrenzung“ der FPÖ

In Österreich hat die SPÖ wenige Tage vor der Bundespräsidentenwahl überraschend die jahrelang praktizierte „Ausgrenzung“ der FPÖ aufgegeben - und will die Partei wie jede andere Partei behandeln.
25.11.2016 01:27
Lesezeit: 2 min

In Österreich hat Bundeskanzler Christian Kern eine überraschende Wende gegenüber der FPÖ eingeleitet: In einem Gespräch mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte der SPÖ-Vorsitzende Kern erklärt, dass die SPÖ nicht nur die FPÖ-Wähler akzeptieren wolle, sondern auch eine Gesprächsebene mit der Parteiführung sieht. Kern sagte auf die Frage bei einer ORF-Sendung, ob eine Regierungsbeteiligung der FPÖ denkbar sei, dass er Strache respektiere und anerkenne, dass "es Strache darum geht, Österreich voranzubringen".

Wie der ORF berichtet, hat der neue Kurs Zustimmung vor allem bei den Arbeitnehmervertretern ausgelöst: Das Gesprächsangebot sei eine Abkehr von der „Ausgrenzungspolitik der Vergangenheit“ und ein Zeichen an die SPÖ-Basis, sagte der SPÖ-Gewerkschafter Josef Muchitsch.

Die neue Tiroler SPÖ-Landeschefin Elisabeth Blanik sagte, sie sei „voll der Bewunderung“ für die neue Sachlichkeit im Umgang mit Strache.

Der burgenländische SPÖ-Landeshauptmann (Ministerpräsident) Hans Niessl sagte, nun könne auch eine Koalition der SPÖ mit der FPÖ auf Bundesebene neu bewertet werden. Niessl regiert im Burgenland mit einer rot-blauen Koalition.

Der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser sagte im ORF-Radio, der neue Weg signalisiere eine „Kultur der Auseinandersetzung“, die das Zuhören und Zuschauen „im positiven Sinne spannend und erträglich“ mache.

Die SPÖ hatte jahrzehntelang eine Koalition mit der FPÖ auf Bundesebene ausgeschlossen. In den vergangenen Monaten waren jedoch die Stimmen immer lauter geworden, dass die FPÖ mit dieser Haltung die Arbeiter in die Hände der FPÖ treibe und daher die FPÖ laut aktuellen Umfragen unangefochten die stärkste Partei ist.

Kern wird aber noch den linken Flügel der Partei überzeugen müssen: Die Wiener Stadträtin Sonja Wehsely sagte nach dem gemeinsamen Auftritt von Kern und Strache, dass Rot-Blau weiterhin ein "No-Go" sei.

Der Standard analysiert: "Tatsächlich hat die SPÖ die Enttabuisierung der FPÖ längst eingeleitet. Offiziell gilt zwar noch jener Parteitagsbeschluss, der eine Koalition mit Blau ,auf allen politischen Ebenen' ausschließt, doch eine interne Arbeitsgruppe untergräbt diesen nach Kräften: Künftig sollen die Sozialdemokraten in Gemeinden, Ländern und Bund die heikle Frage autonom für sich entscheiden, mit eigenen Wertekatalogen als Orientierungshilfe."

Die Wende Kerns kommt aus Sicht von österreichischen Beobachtern zu einem interessanten Zeitpunkt. Wenige Tage vor der Bundespräsidentenwahl zwischen dem FPÖ-Mann Norbert Hofer und dem Grünen Alexander Van der Bellen könnte die Aufgabe der grundsätzlichen Ablehnung der FPÖ ein Vorteil für Hofer sein: Der ORF zitiert den Politberater Thomas Hofer: Die „Geschichte des Gottseibeiuns, der den Weltuntergang bringt“, sei so nicht mehr aufrechtzuerhalten, das sei nun ein Problem für Alexander Van der Bellen.

Der Tabubruch ist offenbar auch bei der ÖVP eingeleitet: ÖVP-Klubobmann Reinhold Loptaka sagte der Kronen-Zeitung, dass für ihn Norbert Hofer der "bessere Kandidat" sei. Er habe "als Dritter Nationalratspräsident gezeigt, dass er für ein hohes Amt geeignet ist".

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die gemäßigte Haltung der US-Notenbank (Fed) verhilft XRP zu einem Kurs von 3,20 US-Dollar. DOT Miners bieten Anlegern stabile Renditen.

Institutionelle Fonds treiben die XRP-Preise in die Höhe. Das Green Mining von DOT Miners bietet Anlegern einen neuen Weg für stabile...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Fed-Zinsentscheid: Jerome Powell signalisiert erste Bereitschaft zu Zinssenkung
25.08.2025

Die US-Notenbank sendet neue Signale: Arbeitsmarkt schwächt sich ab, Trumps Zölle treiben die Preise – Fed-Chef Jerome Powell deutet in...

DWN
Politik
Politik Polens Machtkampf: Präsident und Premier machen das Land zur Lachnummer Europas
25.08.2025

Polen gehört zu den größten Unterstützern der Ukraine – doch in Washington blieb der Platz der Nation leer. Während Präsident...

DWN
Technologie
Technologie Social-Media-Sucht: Minister setzt auf differenzierte Maßnahmen statt Verbote
25.08.2025

Angesichts wachsender Sorgen über die intensive Nutzung digitaler Medien durch Kinder und Jugendliche hat NRW-Medienminister Nathanael...

DWN
Panorama
Panorama US-Amerikaner wegen mutmaßlicher Spionage für China in Koblenz angeklagt
25.08.2025

Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen US-Staatsbürger erhoben, der auf einem Militärstützpunkt in Deutschland tätig war. Dem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft IG Metall: Kündigungswelle bei Porsche-Batterietochter Cellforce droht
25.08.2025

Bei der Porsche-Tochter Cellforce stehen zahlreichen Mitarbeitern nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall Kündigungen bevor. Die Schreiben...

DWN
Politik
Politik Grünes Licht für umstrittene Atommülltransporte durch NRW
25.08.2025

Nordrhein-Westfalen bereitet sich auf eine der umfangreichsten Straßen-Atommülltransporte seit Jahrzehnten vor: Das Bundesamt für die...

DWN
Panorama
Panorama Ambrosia breitet sich aus: Allergiegefahr an Straßenrändern steigt
25.08.2025

Die Pollen der Ambrosia-Pflanze sorgen zunehmend für Beschwerden bei Allergikern. Schon kleinste Mengen können heftige Reaktionen...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage für Kinder: Warum P2P-Investments in die Schuldenfalle führen können
25.08.2025

Hohe Renditeversprechen locken, doch verspätete Zahlungen, fragwürdige Kreditvergaben und Plattformrisiken machen P2P-Investments zu...