Politik

Parteitag: CDU kippt überraschend doppelte Staatsbürgerschaft

Angela Merkel hat beim CDU-Parteitag eine empfindliche Niederlage einstecken müssen. Die Mehrheit der Delegierten verweigerte der Parteichefin und ihrem Generalsekretär die Gefolgschaft und kippte den Doppelpass für Ausländer.
07.12.2016 12:47
Lesezeit: 2 min

Angela Merkel hat beim CDU-Parteitag eine empfindliche Niederlage einstecken müssen: Die CDU lehnt die Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft, wie sie in einem Kompromiss mit der SPD aus dem Jahr 2014 vereinbart worden ist, ab. Nach einer hitzigen Debatte stimmte der Essener Parteitag am Mittwoch für einen Antrag der Jungen Union, die sogenannte Optionspflicht für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern wieder einzuführen. Die rund 1000 Delegierten stemmten sich damit gegen die Empfehlung der Parteispitze um Bundeskanzlerin Angela Merkel. Am Ende fand sich eine knappe Mehrheit gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Die SPD reagierte entrüstet: "Der Doppelpass bleibt", sagte Justizminister Heiko Maas.

Mit der 2014 von der großen Koalition nach langem Ringen beschlossenen Neuregelung müssen sich Kinder von Ausländern nicht mehr wie zuvor bis zum 23. Geburtstag entscheiden, welchen Pass sie besitzen und welchen sie abgeben wollen. Dies bleibt ihnen erspart, wenn sie in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Dazu müssen sie nachweisen, dass sie bei Vollendung des 21. Lebensjahres mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt oder sechs Jahre hier die Schule besucht haben. Als Nachweis für den Doppelpass kann auch ein deutscher Schulabschluss oder eine abgeschlossene Berufsausbildung in Deutschland vorgelegt werden.

CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn sagte, eine Entscheidung bis zum 23. Lebensjahr über die eigene Staatsbürgerschaft könne von jemandem, der in Deutschland geboren und großgeworden sei, durchaus verlangt werden. Die Kultur der Eltern oder Großeltern könne auch ohne entsprechende Staatsbürgerschaft gepflegt werden. Die bis 2014 gültige Regelung sei schon ein Kompromiss gewesen.

Innenminister Thomas de Maiziere warb erfolglos dafür, bei dem Kompromiss zu bleiben. Die Union sei gegen die doppelte Staatsbürgerschaft als Regelfall. Der Kompromiss sehe diese aber im Ausnahmefall vor. Das neue CDU-Präsidumsmitglied warnte zudem davor, einen in der Regierung beschlossenen Kompromiss als falsch zu erklären und zu sagen "April, April". Er sehe auch "nirgendwo eine Mehrheit, dass wir das wieder umdrehen können". Generalsekretär Peter Tauber sagte, die einstmalige Pflicht zur generellen Entscheidung über die Staatsangehörigkeit habe nicht zu einer besseren Integration geführt. Denn mit der Übernahme der deutschen Staatsbürgerschaft würden nicht automatisch auch die Werte und Überzeugungen geteilt.

Justizminister Maas warnte: "Die Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft wäre ein riesiger Rückschritt für die Integration." Der CDU-Beschluss sei eine "Misstrauenserklärung gegen die weit überwiegende Mehrheit der Doppelstaatler, die voll hinter unserem Grundgesetz steht". SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wertete den Beschluss als Niederlage für Merkel. "Die Kluft zwischen der Kanzlerin und ihrer Partei wird immer größer." Die SPD-Vizechefin und Migrationsbeauftragte der Regierung, Aydan Özoguz, monierte, auf der Suche nach dem verlorenen Markenkern opfere die CDU wichtige Integrationserfolge.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...

DWN
Politik
Politik Dänemark übernimmt EU-Ratsvorsitz – Aufrüstung dominiert Agenda
01.07.2025

Dänemark hat den alle sechs Monate rotierenden Vorsitz im Rat der EU übernommen. Deutschlands Nachbar im Norden tritt damit turnusmäßig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Technik streikt: Zählt Ausfallzeit zur Arbeitszeit?
01.07.2025

Wenn im Büro plötzlich die Technik versagt, stellt sich schnell eine Frage: Muss weitergearbeitet werden – oder zählt die Zeit...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...