Russland hat erneut Forderungen nach einer sofortigen Waffenruhe in der umkämpften nordsyrischen Metropole Aleppo abgelehnt. Sein Land werde einer Feuerpause nur dann zustimmen, wenn zuvor Korridore für den Abzug von Kämpfern und Zivilisten aus dem belagerten Rebellengebiet Aleppos vereinbart seien, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag in Belgrad. Auf die Frage, ob dazu parallel geführte Gespräche mit den USA und der Türkei Erfolg haben könnten, sagte Lawrow, Russland arbeite mit allen zusammen, die die Lage beeinflussen könnten.
Nach Angaben des syrischen Militärs sollen syrische Truppen und ihre Verbündeten am Dienstag alle Bezirke der Stadt Aleppo, aus denen sich die Söldner zurückgezogen haben, befreit haben. Die Verteidigungslinie der Söldner brach am Montag zusammen und führte zu einem großangelegten Vormarsch der Regierungstruppen über mehr als die Hälfte der von den Söldnern besetzten Gebiete, berichtet Reuters.
Die Söldner hingegen mussten sich in die Viertel am Westufer des Queid-Flusses zurückziehen. Die Söldner werden nach dem Rückzug aus Aleppo in keiner einzigen Großstadt Syriens mehr vertreten sein. Allerdings befinden sich noch in den ländlichen Gebieten westlich von Aleppo und in der nordwestlichen Provinz Idlib zahlreiche Söldner-Verbände. Diese werden derzeit von der syrisch-russischen Koalition per Luft bombardiert.
Das russische Verteidigungsministerium meldet, dass innerhalb von 24 Stunden mehr als 8.000 Zivilisten den Osten Aleppos verlassen hätten. Mehr als die Hälfte der Geflüchteten sollen Kinder sein. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) appellierte am Montag an alle Seiten, zivile Leben zu schützen.
„Der Kampf um Aleppo hat sein Ende erreicht“, sagte laut Reuters auch der Direktor der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman. Er sprach von einem „vollständigen Zusammenbruch“ bei den "Rebellen". Rahman sitzt allerdings im englischen Coventry, es ist völlig unklar, woher er seine Informationen bezieht.
Reuters berichtet:
Angesichts des erwarteten baldigen Sieges feierten Regierungstruppen und verbündete Milizionäre in Aleppo am Montag bis tief in die Nacht ihren Triumph. Kugeln seien wie Regentropfen vom Himmel gefallen, nachdem Soldaten Freudenschüsse in den Himmel abgaben, berichtete ein Reuters-Reporter aus dem Westteil der ehemaligen Wirtschaftsmetropole, der unter Kontrolle der Assad-Truppen steht. Seit Montagabend ließen die Bombardierungen zunächst nach, berichtete der Reporter. Der Artilleriebeschuss und die Luftangriffe auf Rebellenstellungen im Osten der Großstadt seien spürbar weniger geworden.
Die UN wirft Syrien vor, mindestens 82 Zivilisten während des Vormarsches gegen die Söldner getötet zu haben, so Reuters. „Insgesamt haben wir gestern Nachmittag Berichte erhalten, dass Regierungskräfte mindestens 82 Zivilisten getötet haben, darunter elf Frauen und 13 Kinder“, sagte der britische Sprecher des UN-Büros für Menschenrechte, Rupert Colville, in Genf. Zivilisten seien in der unmittelbaren Umgebung der Stellungen der „Rebellen“ gefangen, sagte der Söldner-Kommandeur Ali Sakur zuvor Reuters. Der Bereich werde von Regierungstruppen bombardiert. Die Söldner haben im Verlauf des Syrien-Konflikts Zivilisten durchgehend und gezielt als menschliche Schutzschilde eingesetzt. Über diese Taktik hatten unter anderem die Zeitungen Al Jazeera und The Telegraph berichtet.
Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu sagte am Dienstag, dass die Türkei ihre Gespräche mit Russland und anderen Ländern im Zusammenhang mit Aleppo intensivieren werde. Es sei ein Waffenstillstand erforderlich, um die Zivilbevölkerung zu evakuieren. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem tschechischen Amtskollegen in Ankara bestätigte Çavuşoğlu ein geplantes Treffen zwischen russischen und türkischen Beamten, sagte aber, es sei eines der vielen Treffen zwischen der Türkei und der internationalen Gemeinschaft zur Syrienkrise.
Ein hochrangiger türkischer Diplomat sagte Reuters, dass die Türkei mit Russland verhandeln werde, um einen Korridor zu öffnen, und syrische Söldner und Zivilisten aus den übrigen „oppositionellen“ Distrikten von Aleppo zu evakuieren. Doch es sei noch keine Einigung erzielt worden.