Politik

Soros: Angela Merkel hat Zerfall der EU ausgelöst

Der Investor George Soros sieht die EU am Ende. Die Schuld gibt er Angela Merkel.
29.12.2016 19:43
Lesezeit: 2 min

George Soros liefert in einem Artikel für das Project Syndicate eine düstere Analyse über den Zustand der EU: Nach Ansicht des einflussreichen Investors ist die EU am Ende, weil Deutschland sich nur an seinen „engen eigenen Interessen“ orientiert habe. Anders als die USA nach dem Zweiten Weltkrieg hätten Deutschland den „anderen Nationen ein Austeritätsprogramm auferlegt“, statt ihnen mit nach der Lehman-Pleite im Jahr 2008 mit einem neuen Marshall-Plan zu helfen.

Der Zerfall sei durch Bundeskanzlerin Angela Merkel ausgelöst worden: „Als Lehman kollabierte hat sich Deutschland nicht reich genug gefühlt, um zusätzliche Verpflichtungen zu übernehmen. Als die europäischen Finanzminister erklärten, dass sie keine andere systemisch wichtige Finanzinstitution scheitern lassen würden, hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt – indem sie die Wünsche ihrer Wähler richtig interpretierte -, dass jeder Mitgliedsstaat die Sorge um seine eigenen Institutionen selbst übernehmen müsse. Dies war der Beginn des Prozesses des Zerfalls.“

Für Soros sind die folgenden Ereignisse – Brexit, Trump-Sieg und italienisches Referendum – die nächsten logischen Ereignisse, die den Zerfall der EU beschleunigen werden.

Soros bezeichnet Donald Trump als „Möchtegern-Diktator“, seine neue Regierung bestehe „aus inkompetenten Extremisten und pensionierten Generälen“.

Soros fürchtet, dass der russische Präsident Wladimir Putin die Herrschaft übernehmen werde. Ohne den geringsten Beleg vorzulegen, behauptet Soros, dass Putin mit Fake News und Propaganda den Sieg Trumps herbeigeführt habe. Das größte Problem sieht Soros in Frankreich: Sowohl der konservative Francois Fillon als auch Marine Le Pen hätten „eine Nähe zu Putin“: „Wenn einer von diesen beiden gewinnt, ist die Dominanz Putins über Europa ein fait accompli“.

Soros hatte lange mit ukrainischen Staatsanleihen spekuliert. Trotz seines Drängens und der Beschwörung der „russischen Gefahr“ war es ihm nicht gelungen, die EU zu neuen Milliarden-Zahlungen an die Ukraine zu bewegen. Sein Ingrimm auf die EU könnte auch darin begründet liegen, dass Trump als neuer Präsident das US-Engagement in der Ukraine zurückfahren könnte. Dann wäre auch sein Investment in Gefahr, mit dem er auf eine Erweiterung der US-Sphäre in Osteuropa gewettet hatte.

Besonders interessant ist die Tatsache, dass Soros seinen Beitrag zur Krise in der EU nur sehr verschämt erwähnt: Soros war einer der wichtigsten Proponenten für die Öffnung der Grenzen Europas für Flüchtlinge und Migranten. In dem Artikel merkt er lediglich lapidar an, dass die "Flüchtlingskrise außer Kontrolle" geraten sei. Tatsächlich könnte er die Urheberschaft für diesen Befund für sich reklamieren: Die von ihm finanzierte "Europäische Stabilitätsinitiative" (ESI) hatte Angela Merkel den ominösen Türkei-Deal vorgeschlagen. Tatsächlich war es der gescheiterte Soros-Plan zu Flüchtlingspolitik, der die EU massiv destabilisiert hat - wenngleich Merkels Beitrag zu diesem Projekt auch nicht zu gering eingeschätzt werden sollte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...