Politik

Schlecht für Sparer: EZB will Null-Zinsen noch lange beibehalten

Die EZB will die verschuldeten Staaten der Euro-Zone weiter auf Kosten der Sparer und der deutschen Sozialkassen retten: Die Nullzinsen bleiben während des gesamten europäischen Superwahljahres auf 0,00 Prozent.
19.01.2017 13:59
Lesezeit: 2 min

Die Europäische Zentralbank (EZB) will die Leitzinsen noch lange niedrig halten. Der Schlüsselsatz für die Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld werde weit über die Zeit des Anleihen-Kaufprogramms hinaus auf dem aktuellen Niveau von 0,0 Prozent oder sogar noch tiefer liegen, teilten die Währungshüter am Donnerstag in Frankfurt mit. Sie bekräftigten zugleich, dass die Anleihenkäufe bis mindestens Ende 2017 weitergeführt werden sollen. Dabei soll ab April der monatliche Umfang der Transaktionen von derzeit 80 Milliarden Euro auf 60 Milliarden Euro sinken.

Damit werden die Sparer und Versicherer in dem Superwahljahr massiv belastet, während die Staaten sich weiter billig verschulden können. Die EZB will offenbar den Regierungen in Paris, Berlin, Rom und Den Haag Schützenhilfe leisten, um zu verhindern, dass Euro-Gegner die Macht in den wichtigsten Hauptstädten der Welt übernehmen.

Die Entwicklung ist für die Sparer besonders unangenehm, weil die Inflation im Jahr 2017 deutlich anziehen dürfte und daher mit den Nullzinsen eine faktische Enteignung der Sparer stattfindet.

Die extrem niedrigen Zinsen bereiten auch Deutschlands Sozialkassen immer größere Probleme. Der Gesundheitsfonds, der die Krankenversicherungsbeiträge an die Krankenkassen verteilt, habe im vergangenen Jahr bereits 5,1 Millionen Euro Negativzinsen an Banken zahlen müssen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit hätten 2016 für ihre Reserven gerade noch eine positive Verzinsung erreicht.

Die Europäische Zentralbank (EZB) erhebt seit Juni 2014 einen negativen Zins von derzeit 0,4 Prozent für Geld, das bei ihr kurzfristig geparkt wird. Die Notenbank will so die Banken animieren, Kredite in die Wirtschaft zu pumpen, statt es bei ihr zu bunkern.

Diese Negativzinsen geben die Banken an ihre Kunden weiter. Somit wird das Geschäft mit der Geldanlage auch für die Sozialkassen, in welche die Milliarden-Beiträge der gesetzlich Versicherten fließen, immer schwieriger.

Der Gesundheitsfonds legt laut "SZ" monatlich zwischen 4,7 Milliarden und neun Milliarden Euro maximal für gut zwei Wochen als Termingeld an. Mit so kurzen Laufzeiten ließen sich aber keine positiven Erträge mehr erzielen.

Etwas besser sehe es bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) aus, die ihre Beiträge und Steuerzuschüsse sofort an die 20,8 Millionen Rentner ausgibt, aber auch über eine Reserve verfügt. Diese Rücklage belief sich Ende 2016 auf 32,4 Milliarden Euro. Bereits ein Viertel der Anlagen werde negativ verzinst, berichtete die Zeitung unter Berufung auf die DRV. Die Vermögenserträge bezifferte die DRV für 2015 mit nur 65.000 Euro.

Die Bundesagentur für Arbeit hatte Ende 2016 eine Rücklage von 11,5 Milliarden Euro. Die Verzinsung habe sich auf plus 0,052 Prozent belaufen, so wenig wie noch nie, heißt es in dem Pressebericht. Die Behörde schließe mittlerweile wegen der Zinspolitik der EZB "die Möglichkeit einer Negativverzinsung nicht mehr gänzlich aus". 2007 und 2008 hatte die Verzinsung noch bei gut vier Prozent gelegen.

***

Die kritische und unabhängige Berichterstattung der DWN ist auf die Unterstützung der Leser angewiesen. Die aktuellen Versuche, unabhängige Medien zu diskreditieren und ihnen das Geschäftsmodell zu entziehen, verfolgen wir mit Sorge.

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen wir nicht zur Verfügung. Wir folgen streng der journalistischen Distanz, wie sie in unserem Impressum veröffentlicht ist. Anders als Facebook

(Daten) oder staatliche Medien (Steuern, Gebühren) müssen sich die DWN täglich ausschließlich vor den Lesern beweisen. Das gibt uns die absolute Freiheit in der Berichterstattung. Die einzige Finanzierung, die uns diese Freiheit garantiert, ist die Unterstützung unserer Leser.

Daher bitte wir Sie, liebe Leserin und Leser, um Ihre

Unterstützung:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, erhalten Sie automatisch eine Nachricht vom System und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...