Politik

CDU-Chaos: Politiker will Muslime nach Hause schicken, Merkel will fröhlich sein

Lesezeit: 3 min
12.02.2017 23:38
Bundeskanzlerin Merkel hat sich entschlossen, in der CDU Aufbruchstimmung zu verbreiten. Sie hat es allerdings mit einer Partei zu tun, in der die Linke nicht mehr weiß, was die Rechte sagt. Groteske Ausreißer zeigen, dass die Partei völlig profil- und orientierungslos ist.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die erweiterte Fraktionssitzung vor der Bundespräsidentenwahl am Sonntag für einen Aufruf Richtung Wahlkampf genutzt. CDU und CSU müssten in den nächsten Wochen zeigen, dass sie an einen Sieg bei der Bundestagswahl im September glaubten, sagte sie nach Angaben von Teilnehmern in der Runde von Unionspolitikern aus Bund und Ländern laut AFP.

«Ich bin willens, fröhlich in Wahlkampf zu gehen, um eine gute Zukunft für Deutschland zu erreichen», sagte sie den Angaben zufolge weiter und erntete dafür großen Beifall.

In der Union war in den vergangenen Tagen parteiintern Kritik an der mangelnden Aufbruchstimmung aufgekommen. Auch der Wahlkampfauftakt vor einer Woche gilt als wenig gelungen. CDU und CSU hatten in München nach ihrem monatelangen Streit Merkel zur gemeinsamen Kandidatin ausgerufen. Die gemeinsame Pressekonferenz von Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer war aber von gedämpfter Stimmung geprägt.

Merkel griff den Teilnehmerangaben zufolge die Spannungen in lockerem Ton auf. «Ich bin etwas irritiert, dass mein Stellvertreter fehlt. Ohne den kann ich nicht viel machen...», sagte die Kanzlerin, als Seehofer bei Sitzungsbeginn zunächst nicht anwesend war, und erntete Gelächter.

Der wenig später eingetroffene Seehofer konterte demnach zum Abschluss der Sitzung: «Unsere Vorsitzende ist heute so dynamisch, fröhlich und angriffslustig, dass der Stellvertreter heute schweigt.» Merkel amtierte während der Bundesversammlung als Fraktionsvorsitzende, CSU-Chef Seehofer als ihr Stellvertreter.

In der Union herrscht erhebliche Nervosität, weil es quasi über Nacht Umfragen gibt, denen zufolge die SPD einen gewaltigen Sprung gemacht haben soll. Sie soll sich bereits auf Augenhöhe mit der CDU befinden. Allerdings kann sich niemand erklären, wie es dazu gekommen ist. Der neue SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz ist bei der Bevölkerung weitgehend unbekannt, wird allerdings von zahlreichen Medien sehr freundschaftlich begleitet.

Allerdings hat die Union in der Tat weitgehend ihr Momentum verloren: Die Partei weiß nicht mehr genau, wofür sie stehen soll. Die Folgen könnten weitreichend sein: Rot-rot-grün hat erstmals die Chance, in Deutschland die Mehrheit zu erringen. Das konservative Lage ist dagegen weitgehend bedeutungslos geworden, weil traditionell konservative Positionen unter tätiger Mitwirkung der CDU-Parteikader ohne Differenzierung als «rechtspopulistisch» gebrandmarkt wurden. Damit wurde die AfD gestärkt, für dies es zuvor in Deutschland keinen politischen Markt gegeben hatte.

So wurde in den vergangenen Wochen immer wieder einmal die Merkelsche Willkommenskultur in Frage gestellt. Allerdings hat die Parteiführung verfügt, dass abweichende Stimmen nicht zugelassen sind. Im Hinblick auf eine gute Medienpräsenz haben sich die meisten Unionspolitiker auf einen Kurs verlegt, der sich von den rot-grünen Positionen kaum noch unterscheidet. Zugleich hat die CDU die AfD als rechtsextrem eingestuft und lehnt eine Koalition mit der neuen Partei kategorisch ab.

Weil sich aber in den vergangenen Wochen gezeigt hat, dass die Willkommenskultur nur noch verbal existiert und statt dessen die Flüchtlinge nun in Libyen kaserniert oder radikal abgeschoben werden sollen, haben sich viele Merkel-Fans wieder abgewendet und unterstützen das originale rot-grüne Lager.

In der Union dagegen sind plötzlich Stimmen zu hören, die man früher nur aus der AfD gewohnt war und die von der CDU-Parteiführung als «rechtspopulistisch» abgelehnt worden wären.

So sagte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn Deutschland, Muslime sollten Deutschland wieder verlassen, wenn sie mit der liberalen Lebensweise hierzulande nicht zurecht kommen. «Wem unsere Art zu leben nicht gefällt, unsere Offenheit und auch Freizügigkeit, der kann ja wieder gehen. Auf gar keinen Fall darf er meinen, uns seine Spießigkeit und Verklemmtheit aufzwingen zu dürfen», sagte Spahn der BZ am Sonntag.

Weiter sagte Spahn: «Zu viele wollen nicht mit uns, sondern neben oder sogar gegen uns leben.» Dabei sei niemand gezwungen, seine Zukunft hier in Deutschland zu suchen.

Man fragt sich allerdings, warum man dann alle ohne Unterschied ihrer Ansichten eingeladen hat, nach Deutschland zu kommen. Es ist im Grunde unfair, den Eingeladenen jetzt ihre andere Sicht der Welt vorzuwerfen.

Spahn prangert an, dass viele Männer aus islamischen Ländern Frauen und Homosexuelle nicht respektieren. Es könne nicht sein, dass Väter und Brüder die Ehemänner ihrer Töchter und Schwestern aussuchen oder dass religiöse Gebote mehr gälten als das Grundgesetz. «Da dürfen wir keine Abstriche machen. Das gilt auch für den Umgang mit Minderheiten, etwa mit Lesben und Schwulen.»

Spahn berichtete, dass er mit seinem Freund in Berlin an der Supermarktkasse kürzlich als schwules Paar unflätig beschimpft wurde. «Und der Akzent war jedenfalls nicht schwäbisch.»

Der CDU-Politiker kritisierte auch das jüngste Kopftuch-Urteil aus Berlin, welches das Kopftuch im Grundschulunterricht erlaubt. «Ich finde, solche Urteile senden völlig falsche Signale. Lehrerinnen und Erzieherinnen erfüllen ja einen staatlichen Auftrag, das sind keine Privatpersonen. Und an unseren Schulen, in unseren Kindergärten, bei Behörden oder etwa im Polizeidienst haben Kopftücher nichts zu suchen.»

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