Politik

Familien-Patriarch David Rockefeller gestorben

Der Patriarch der Rockefeller-Familie, David Rockefeller, ist im Alter von 101 Jahren gestorben.
20.03.2017 20:09
Lesezeit: 3 min

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Der Milliardär und Philanthrop David Rockefeller, der frühere Chef von Chase Manhattan und Patriarch einer der berühmtesten und einflussreichsten amerikanischen Familien, ist am Montag im Alter von 101 Jahren gestorben. Das teilte die Familie am Montag in New York mit.

Rockefeller, der in seinem Leben fast 2 Milliarden Dollar verschenkt hat, starb demnach im Schlaf an Herzversagen in seinem Haus in Pocantico Hills, New York, so Sprecher Fraser Seitel in einer Erklärung.

Er war er der Sohn von John D. Rockefeller Jr., der das New Yorker Rockefeller Center entwickelte und war der letzte lebende Enkel des Öl-Tycoon John D. Rockefeller, Gründer von Standard Oil und Begründer der Familiendynastie.

Reuters schreibt: „Während seiner Zeit als Chef von Chase von 1969 bis 1981 schuf Rockefeller ein derart gutes Netzwerk von engen Beziehungen zu Regierungen und multinationalen Konzernen, dass Beobachter sagten, die Bank habe ihre eigene Außenpolitik.“

Der Rockefeller-Name wurde stellvertretend für den schlechten Ruf von US-Banken in den Schuldner-Ländern eingesetzt. Rockefeller zog sich die Verachtung von Linken zu, weil er mit Chiles Augusto Pinochet und dem Schah des Iran zusammenarbeitete.

Von den Rechten wurde er gehasst, weil er den Handel mit China und der Sowjetunion während des Kalten Krieges vorantrieb. Die Trilaterale Kommission, eine Gruppe von Rockefeller, die 1973 gegründet wurde, um die Beziehungen zwischen Nordamerika, Japan und Westeuropa zu fördern, wurde von Gegnern bezichtigt, eine Weltregierung etablieren zu wollen.

Rockefeller und sein langjähriger Freund Henry Kissinger überredeten Präsident Jimmy Carter im Jahr 1979 dazu, den Schah des Iran in die Vereinigten Staaten zur Behandlung einreisen zu lassen und dabei zu helfen, die Iran-Geiselkrise zu lösen.

In Manhattan als jüngster von sechs Geschwistern geboren, verbrachte Rockefeller seine Kindheit in New York City und in den Anwesen der Familie und konnte zahlreiche Prominente wie Charles Lindbergh, Admiral Richard Byrd und Sigmund Freud persönlich kennenlernen.

Er soll zeitlebens engen Kontakt zu Berühmtheiten gehalten und über 100.000 Karteikarten von ihnen verfügt haben, welche er in einem eigenen Raum neben seinem Büro in Manhattan Rockefeller Center aufbewahrte.

Der Ort des neunstöckigen Herrenhauses, in dem er geboren wurde, war damals das größte Privathaus New Yorks. Es ist heute Teil des Museum of Modern Art, an dessen Gründung seine Mutter, Abby, im Jahr 1929 mitgewirkt hatte.

Rockefeller sammelte Käfer als lebenslanges Hobby und erwarb auch Kunst – so ein Bild von Mark Rothko, welches er 1960 für weniger als 10.000 Dollar gekauft hatte, und das im Mai 2007 für mehr als 72 Millionen Dollar versteigert wurde.

Sein Vermögen wurde von Forbes im März 2017 auf 3,3 Milliarden Dollar geschätzt. Der Familiensprecher gab an, Rockefeller habe in seinem Leben fast 2 Milliarden Dollar an Organisationen wie das Museum of Modern Art in New York und die Rockefeller University gespendet.

Rockefeller gründete mehrere internationale und philanthropische Verbände: die Americas Society, die Trilaterale Kommission zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Nordamerika, Europa und Japan und die New York City Partnerschaft, um den Armen der Stadt zu helfen.

Die Chase Manhattan wuchs von einer Bank im Wert von 4,8 Milliarden im Jahr 1946 zu einer Institution von 76,2 Milliarden Dollar im April 1981, als Rockefeller seinen Posten aufgab. Nach seinem Abgang konnte die Bank ihre Spitzenposition jedoch nicht halten und wurde von der Chemical Bank New York im Jahr 1996 gekauft. Heute ist die Bank ein Teil von JPMorgan Chase & Co.

Im Jahr 2002 veröffentlichte er seine Autobiographie, „Memoiren“, und ging bis in seinen neunziger Jahre noch jeden Tag zur Arbeit.

Rockefeller blieb ein lebenslanges Mitglied der „Rockefeller Republikaner“, einem gemäßigten Flügel dieser Partei.

Rockefeller hat 1936 einen Abschluss an der Harvard University gemacht und studierte an der London School of Economics, wo er den zukünftigen Präsidenten John F. Kennedy traf und eine kurze Affäre mit dessen Schwester Kathleen hatte. Seinen PhD machte er 1940 in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Chicago.

Von 1940 bis 1941 war er Sekretär des New Yorker Bürgermeisters Fiorello LaGuardia. 1942 trat er in die U.S.-Armee ein und diente im militärischen Aufklärungsdienst in Nordafrika und Frankreich. Rockefeller wurde zum Ritter der französischen Ehrenlegion geschlagen.

Rockefellers Frau Peggy starb 1996. Das Ehepaar hatte sechs Kinder und 10 Enkelkinder.

Die Rockefeller-Stiftung war stets ein Trendsetter bei Investments. Im März 2016 stieg der Rockefeller Family Fund bei ExxonMobil aus. Auch von Beteiligungen im Bereich Kohle und kanadischem Ölsand wollte man sich damals so schnell wie möglich trennen. Angesichts der existenziellen Bedrohung, der sich die Menschheit und das natürliche Ökosystem ausgesetzt sähen, gebe es für Unternehmen „keinen vernünftigen Grund, weiter nach neuen Kohlenwasserstoff-Quellen zu suchen“.

Die Stiftung wandte sich damit von den Ursprüngen des Reichtums der Rockefeller-Familie ab. Vor mehr als einem Jahrhundert machte John D. Rockefeller Sr. mit Standard Oil, einem Exxon-Vorläufer, ein Vermögen. Doch mittlerweile sieht der Family Fund Exxon kritisch. Das Verhalten bei Klimathemen scheine „moralisch verwerflich“ zu sein, hieß es in der Mitteilung.

Im November 2015 hatte die New Yorker Staatsanwaltschaft gegen Exxon Ermittlungen eingeleitet. Dabei ging es um die Frage, ob der Konzern die Öffentlichkeit und Aktionäre über die Risiken des Klimawandels getäuscht hat. Exxon erklärte damals, auf Geschäftsrisiken über Jahre hinweg unter anderem in Quartalsberichten hingewiesen zu haben.

Ironie der Geschichte: Seit wenigen Wochen ist der frühere CEO von Exxon, Rex Tillerson, Außenminister der USA. Präsident Donald Trump hatte erklärt, es sei ein Fehler gewesen, dass die USA im Nahen Osten nicht beim Öl geblieben seien. Er kündigte den Abschied vom Klimawandel und eine Rückkehr zu jener Energie an, aus der sich die Rockefellers als Investoren zurückgezogen hatten.

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