Politik

Sigmar Gabriel: Deutschland soll freiwillig mehr an die EU zahlen

Bundesaußenminister Gabriel schlägt vor, dass Deutschland freiwillig mehr in die EU-Kassen zahlt. Damit legt Deutschland überraschend seine Karten auf den Tisch - noch bevor die Brexit-Verhandlungen begonnen haben.
22.03.2017 02:20
Lesezeit: 1 min

[vzaar id="9638109" width="600" height="338"]

Deutschland sollte nach Ansicht von Außenminister Sigmar Gabriel mehr Geld in den EU-Haushalt einzahlen. Die Bundesrepublik sei zwar der größte Nettozahler, aber auch der größte Nettogewinner, schrieb der SPD-Politiker in einem Gastbeitrag für die FAZ laut Vorabmeldung. "Jeder Euro, den wir für den EU-Haushalt zur Verfügung stellen, kommt - direkt oder indirekt - mehrfach zu uns zurück." Gabriel begründete seine Rechnung mit deutschen Exporten ins EU-Ausland. Millionen deutscher Arbeitsplätze hingen davon ab, dass es Menschen in anderen EU-Staaten gutgehe.

Zudem habe der deutsche Nettobeitrag von 14 Milliarden bis 15 Milliarden Euro im Jahr keine "überragende Bedeutung", schrieb Gabriel weiter. Pro Kopf zahlten etwa Niederländer und Schweden mehr. "Wie wäre es also, wenn wir bei der nächsten Debatte über Europas Finanzen etwas 'Unerhörtes' tun? Statt für eine Verringerung unserer Zahlungen an die EU zu kämpfen, die Bereitschaft zu signalisieren, sogar mehr zu zahlen."

Der ungewöhnliche Vorschlag kommt zu Beginn der Austrittsverhandlungen mit Großbritannien. Diese Verhandlungen werden zwangsläufig auch eine Neuverhandlung des Innenverhältnisses der verbleibenden EU-Staaten zur Folge haben. Der Ökonom Hans-Werner Sinn schrieb neulich in einem Gastbeitrag für die FAZ: "Es handelt sich nicht um den Austritt irgendeines EU-Landes, den man hinnehmen kann, bevor man wieder zur Tagesordnung übergeht. Es geht vielmehr um die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU. Die Wirtschaftskraft des Vereinigten Königreichs ist genauso groß wie die der 20 kleinsten EU-Länder zusammengenommen. Es ist, als würden nun 20 von 28 Ländern gleichzeitig austreten."

Großbritannien zahlte in den vergangenen Jahren etwa 6 Milliarden Euro netto ein, im Jahr 2016 waren es aufgrund eines Einmaleffekts 11 Milliarden. Man wird nicht erwarten können, dass die Nettoempfänger Abstriche machen. Auch die bisherigen Nettozahler werden dankbar zur Kenntnis nehmen, dass Deutschland im Vorfeld der Verhandlungen bereits die Karten auf den Tisch legt: Länder wie Frankreich Österreich, Italien oder die Niederlande können aufgrund ihrer innenpolitischen Verhältnisse eine Erhöhung ihrer Zahlungen schwer argumentieren. In Deutschland gibt es unter den Parteien eine überwältigende Mehrheit an Zustimmung zur EU in ihrer jetzigen Form.

US-Präsident Donald Trump hatte der EU zuletzt vorgeworfen, nichts anders als ein Vehikel zur Förderung der deutschen Exporte zu sein. 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trotz US-Verboten finden chinesische Tech-Giganten Wege, um im KI-Rennen zu bleiben
14.06.2025

Die USA wollen Chinas Aufstieg im KI-Sektor durch Exportverbote für High-End-Chips stoppen. Doch Konzerne wie Tencent und Baidu zeigen,...

DWN
Technologie
Technologie Einsatz von Tasern: Diskussion um „Aufrüstung“ der Polizei
14.06.2025

Taser gelten als umstritten, nun will Innenminister Alexander Dobrindt damit die Bundespolizei ausrüsten. Kritik kommt von Niedersachsens...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividendenstrategie: Für wen sie sich im Aktiendepot lohnen kann
14.06.2025

Mit einer Dividendenstrategie setzen Anleger auf regelmäßige Erträge durch Aktien. Doch Ist eine Dividendenstrategie sinnvoll, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krisenmodus in der Industrie: Autohersteller weichen Chinas Regeln aus
14.06.2025

Weil China den Export kritischer Magnetstoffe drastisch beschränkt, geraten weltweite Lieferketten ins Wanken. Autohersteller suchen eilig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft H&M baut Milliardenhandel mit Secondhand-Mode aus
14.06.2025

H&M will das Image der Wegwerfmode abschütteln – mit gebrauchten Designerstücken mitten im Flagshipstore. Wird ausgerechnet Fast...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Atomkraftgegner fordern Ende der Uran-Geschäfte mit Kreml
14.06.2025

Atomkraftgegner wenden sich an die Bundesregierung: Sie fordern einen Stopp russischer Uranlieferungen nach Lingen. Auch die hybride Gefahr...

DWN
Finanzen
Finanzen Teuer Wohnen in Deutschland: Rund jeder Siebte zahlt mehr als halben Monatslohn für Miete
14.06.2025

Nach der Mietzahlung ist bei manchen nicht mehr viel übrig für den Rest des Monats, zeigt eine Studie. Jedoch haben viele Menschen auch...

DWN
Technologie
Technologie Autoren fragen, ob ihre Werke für künstliche Intelligenz genutzt werden können – eine unmögliche Mission?
14.06.2025

Ein Ex-Spitzenmanager von Meta warnt: Wenn KI-Unternehmen vor jedem Training urheberrechtlich geschützte Werke lizenzieren müssten,...