Einem Bericht der Zeitung Hürriyet zufolge hat das türkische Kartellamt Ermittlungen gegen Mercedes-Benz Türk A.Ş. – die türkische Tochtergesellschaft von Mercedes Benz - eingeleitet. In einer Mitteilung schreibt das Kartellamt, es gebe ernste Hinweise dafür, dass die deutsche Firma ihre starke Stellung auf dem Markt missbraucht habe, um preisliche Absprachen mit einem Betonpumpenhersteller zu treffen. Dadurch seien andere Mitbewerber benachteiligt worden. Mercedes-Benz Türk A.Ş. hat 1.600 Mitarbeiter und hat bisher in ihrem Werk Aksaray 185.000 Lkws angefertigt, berichtet das Unternehmen auf seiner Webseite. Das Werk beliefert vor allem die Märkte in Zentral- und Osteuropa.
Hinzukommt, dass das türkische Chemieunternehmen AK Kimya eine Anzeige gegen schwedische und deutsche Unternehmen, die das Bleichmittel Natriumpercarbonat in die Türkei importieren, erstattet hat. Die deutschen und schwedischen Chemieunternehmen sollen Dumpingpreise angesetzt haben, um ihre Waren zu importieren, was wiederum einen großen Schaden für heimische Chemieunternehmen nach sich zog. Das türkische Wirtschaftsministerium hat Untersuchungen eingeleitet. Sollte sich der Verdacht bestätigen, werden alle deutschen und schwedischen Chemielieferanten mit „Anti-Dumping-Steuern“ belegt werden. Das geht aus dem türkischen Amtsblatt hervor.
Weiterhin wurden den Prüf- und Zertifizierungsunternehmen Bureau Veritas, DEKRA Türkei, TÜV Türkei die Lizenzen auf unbestimmte Zeit entzogen.
Finanzen 100 berichtet, dass die Türkei insbesondere für die deutsche Automobil- und Chemiebranchen eine wichtige Rolle spielt. Im Jahr 2016 exportierte die deutsche Chemiebranche Waren im Wert von drei Milliarden Euro in die Türkei. „Man muss im Auge haben, dass da nichts anbrennt“, so Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer beim Branchenverband VCI. Die deutschen Autoexporte in die Türkei fielen im selben Zeitraum um zehn Prozent auf 6,3 Milliarden Euro.
Der Grüne Vorsitzende Özdemir brachte im vergangenen Jahr als erster Politiker in Europa Sanktionen gegen die Türkei ins Gespräch. Doch die Türkei gehört – wie zuvor Russland – zu den wichtigsten Märkten der deutschen Exportindustrie. Deshalb stellt sich Volker Treier, Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), gegen Forderungen, wonach Sanktionen gegen die Türkei verhängt werden sollen. „Wer jetzt über Sanktionen redet, der läuft Gefahr, die Türen gegenüber der Türkei ganz zuzuschlagen“, so Treier. Für die deutsche Wirtschaft ist die Türkei nicht nur einer der 20 wichtigsten Handelspartner in der Welt mit einem bilateralen Handelsvolumen von knapp 37 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Auch als Investor ist Deutschland in dem Land stark vertreten.
Das Auseinanderdriften der beiden Länder würde sich zum Nachteil beider Volkswirtschaften auswirken.