Politik

Russland behält die Nerven und spricht weiter mit den USA

Lesezeit: 3 min
13.04.2017 02:56
Russland behält die Nerven und spricht weiter mit den USA. (Artikel nur für Abonnenten zugänglich)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Syrien  
Russland  
USA  

[vzaar id="9869978" width="600" height="338"]

Russland will trotz der schwierigen innenpolitischen Lage in den USA weiter einen Gesprächskanal mit der US-Regierung aufrecht halten. Dies wurde beim Besuch des amerikanischen Außenministers Rex Tillerson in Moskau deutlich.

Aus dem Gesprächsprotokoll ist zu erkennen, dass Lawrow mit großer Geduld versuchte, alle Themen auf eine sachliche Ebene zu heben. Auch Tillerson bemühte sich sichtlich um ein zumindest verbale Deeskalation.

Tillerson besuchte sowohl Russlands Präsident Wladimir Putin als auch den russischen Außenminister Sergej Lawrow. Putin und Tillerson sprachen zwei Stunden lang, was auf eine grundsätzliche Diskussion hindeutet. Von dem Treffen mit Putin liegen allerdings keine Aufzeichnungen vor. Auch äußerten sich weder die Amerikaner noch die Russen zu dem Gespräch, was den Schluss zulässt, dass es sich um ein substanzielles Gespräch gehandelt haben dürfte. Beide Seiten sagten, man habe sehr "freimütig" miteinander gesprochen.

Lawrow sagte nach seinem Gespräch mit Tillerson, dass es zwar mehrere Meinungsverschiedenheiten gebe. Allerdings gibt es auch in einigen wichtigen Punkten Übereinstimmung. Lawrow sagte, es bestehe die Notwendigkeit, dass die USA und Russland auf höchster Ebene weiter einen Kommunikationskanal offen halten. Lawow sagte, dass beide Seiten daran interessiert seien, in Syrien eine Lösung herbeizuführen. Auch für die Ukraine stimme man überein, dass die Vereinbarungen von Minsk umgesetzt werden müssten. Die Kommunikation solle durch zwei Sondergesandte koordiniert werden. Außerdem wollen beide Seiten eine Arbeitsgruppe gründe, um auf neue Entwicklungen schnell reagieren zu können. In dieser Gruppe sollen nach Lawrows Aussage auch die Armeeführungen der beiden Staaten vertreten sein.

Lawrow sagte: "Wir verstehen, dass unsere amerikanischen Partner sich auch auf uns zubewegen. Unser Präsident hat bestätigt, dass auch wir den Willen haben, dies zu tun. Wir sehen aber auch Versuche, unsere Zusammenarbeit zu verhindern. Es gibt sogar Versuche, die Konfrontation zu eskalieren. Aber wir glauben nicht, dass das der richtige Ansatz ist. Wir glauben, dass, wenn Moskau und Washington zusammenarbeiten, es nicht nur zum Nutzen der beiden Staaten ist, sondern der gesamten Welt nutzt."

Lawrow spielte mit dieser Bemerkung auf einen Disput über Großbritannien an, der sich beim UN-Sicherheitsrat zugetragen hatte: Das Vereinigte Königreich habe alles getan, um die russisch-amerikanische Zusammenarbeit zu behindern. Der stellvertretende Ständige Vertreter Russlands bei den UN, Vladimir Safronkov, hatte bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates Großbritanniens Ständigen Vertreter bei den UN, Matthew Rycroft, heftig attackiert. (Video am Anfang des Artikels). Rycroft hatte gesagt, dass Russland "die falsche Seite der Geschichte gewählt habe", indem es den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad unterstütze, den Rycroft "einen mörderischen, barbarischen Verbrecher" nannte. Er sagte auch, dass die Unterstützung des Assad-Regimes zu "Scham" und "Demütigung" für Russland führen würde. Gleichzeitig stellte der britische Diplomat fest, dass Russland noch Zeit hatte, seinen Kurs zu ändern und Damaskus zu beeinflussen, damit er sich an den Waffenstillstand hält. Safronkov entgegnete in scharfen Worten, dass ein solches Verhalten inakzetabel sei. An einer Stelle sagte Safronkov zu Rycroft barsch, er solle ihn ansehen, wenn er rede.

Tillerson versuchte in Moskau, eine professionelle Gesprächsebene mit den Russen zu etablieren. Er unterstützt die Idee, dass beide Regierungen einen Gesprächskanal aufbauen. Tillerson: "Der gegenwärtige Stand der USA-Russland-Beziehungen ist zu einem Tiefpunkt und es gibt ein geringes Vertrauen zwischen unseren beiden Ländern. Die beiden größten Atommächte der Welt können nicht eine solche Beziehung haben."

In der Syrien-Frage herrschte Uneinigkeit über den Verursacher des Giftgas-Angriffs bei Idlib. Tillerson betonte, dass man "syrische Regierungstruppen", die auf "Anweisung von Assad" gehandelt hätten, dafür verantwortlich mache. Lawrow widersprach dieser Annahme und verlangte erneut eine Untersuchung des Vorfalls.

Lawrow sagte, dass "regime change" durch die Amerikaner noch nie etwas Gutes für einen Staat gebracht habe. Russland wolle für niemanden Partei ergreifen. Das syrische Volk solle entscheiden, von wem es regiert werden wolle.

Tillerson ging etwas auf Distanz zu den harschen Tönen der vergangenen Tage. Er sagte: "Unsere Ansicht ist, dass die Herrschaft der Familie Assad zu Ende geht, und sie haben dies in den vergangenen Jahren mit ihrer Kriegsführung herbeigeführt. Wir haben unsere Ansicht besprochen, dass Rssland als ihr engster Verbündeter im Konflikt vielleicht die besten Möglichkeiten hat, Assad zu helfen, diese Realität zu erkennen. Wir glauben, dass es wichtig ist, dass Assads Ablösung auf eine geordente Art und Weise - eine geordnete Weise! - erfolgt, so dass bestimmte Interessen und Gruppen, die er vertritt, auch am Verhandlungstisch für eine politische Lösung vertreten sind."


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Streit ums liebe Geld: UN-Klimagipfel geht in die Verlängerung
22.11.2024

Milliarden für den Klimaschutz – doch wie weit sind die Staaten wirklich bereit zu gehen? Auf der UN-Klimakonferenz in Baku entbrannte...

DWN
Politik
Politik Netanjahu Haftbefehl: Deutschland und die rechtliche Zwickmühle
22.11.2024

Der Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu erschüttert die internationale Bühne. Deutschland sieht sich in einem schwierigen Spagat:...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bosch kürzt 5.550 Stellen - 3.800 davon in Deutschland
22.11.2024

Bosch steht vor massiven Einschnitten: Bis zu 5.550 Stellen sollen wegfallen, davon allein 3.800 in Deutschland. Die Krise in der...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis-Prognose 2025: Nach Kurskorrektur steigt der Goldpreis aktuell - wohin geht die Reise?
22.11.2024

Der Goldpreis steht derzeit im Fokus von Anlegern und Edelmetallexperten. Gerade in unsicheren Zeiten wollen viele Investoren Gold kaufen,...

DWN
Politik
Politik Iranisches Atomprogramm: Teheran will mehr Uran anreichern
22.11.2024

Droht der Iran dem Westen mit neuen Atomwaffen? Die IAEA warnt, Teheran wehrt sich – und eskaliert die Urananreicherung. Jetzt könnten...

DWN
Politik
Politik Dauerbaustelle Autobahn: Sie stehen hier im Stau, weil sich Verkehrsminister Volker Wissing verrechnet hat
22.11.2024

Wenn man im Sommer entspannt durch Frankreich oder Italien über die Autobahnen gleitet, fragt man sich jedesmal aufs Neue: Warum müssen...

DWN
Politik
Politik Krankenhausreform kommt: Lauterbachs Reform passiert den Bundesrat
22.11.2024

Karl Lauterbach freut sich: Der Bundesrat hat das sogenannte "Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz" gebilligt, das Herzensprojekt des...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Rezession droht im Winter, Euro ist im Sinkflug: Was sind die Gründe?
22.11.2024

Stagnation der deutschen Wirtschaft, ein schwächelnder Euro, miese Stimmung in den Unternehmen: Ökonomen befürchten eine...