Politik

Zu viele Kriege: Schwere Haushaltskrise in Saudi-Arabien

Lesezeit: 3 min
23.04.2017 00:45
Saudi-Arabien droht eine Haushaltskrise. (Artikel für Abonnenten zugänglich)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Dem Königreich Saudi-Arabien droht eine ernste Schieflage des Staatshaushalts. Ursächlich dafür ist in erster Linie der seit Mitte 2014 anhaltende Verfall der Rohölpreise. Die Notierungen für die Sorte Brent lagen damals noch über der Marke von 100 Dollar pro Barrel (159 Liter) und sind im Folgenden auf aktuell etwa 50 Dollar pro Barrel abgesunken. Die damit verbundenen Ausfälle bei den Deviseneinnahmen haben dazu geführt, dass der Staatshaushalt seit dem Jahr 2015 hohe Defizite aufweist. Die Regierung in Riad reagierte darauf, indem sie die Lücken mithilfe ihrer Devisenreserven ausgleicht. Wie Bloomberg berichtet, sind die Devisenreserven der saudischen Zentralbank zwischen Juni 2016 und Januar 2017 um 49,5 Milliarden Dollar oder 7,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gesunken.

Ende März stufte die US-Ratingagentur Fitch die Bonität des Landes um eine Stufe von AA- auf A+ herab und verwies zur Begründung auf die sich verschlechternde Situation im öffentlichen Haushalt, berichtet der Business Inquirer. Es sei unsicher, ob Saudi-Arabien das geplante Reformprogramm aufgrund eines „signifikant höher als erwartet ausgefallenen Haushaltsdefizits 2016“ überhaupt umsetzen könne. Die Herabstufung reflektiere zudem die „anhaltende Verschlechterung der Haushaltslage und der Handelsbilanz“.

Mit dem Reformprogramm versucht die Regierung, die Abhängigkeit der Wirtschaft des Landes vom Erdöl zu verringern. Im Jahr 2016 stammten über 60 Prozent der Einnahmen des Staates aus dem Ölgeschäft. Fitch geht davon aus, dass die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben im vergangenen Jahr etwa 17,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen hat. Die Regierung hofft, das Defizit im laufenden Jahr auf etwa 7,7 Prozent zu drücken. Analysten von Fitch hingegen prognostizieren ein Defizit von 9,2 Prozent. Durch die Herabstufung liegt die Wertung von Fitch nun auf der selben Stufe wie das Rating des Konkurrenten Moody’s. Die dritte wichtige Ratingagentur, Standard & Poor’s, bewertet die Kreditwürdigkeit Saudi-Arabiens zwei Stufen schlechter.

Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) beschäftigt sich in seinem aktuellen Fiscal Monitor-Bericht mit den Staatsfinanzen Saudi-Arabiens. Dem IWF zufolge konnte das Land zum letzten Mal im Jahr 2013 einen Überschuss von etwa 6 Prozent des BIP erwirtschaften. Im Jahr 2014 lag das Haushaltsdefizit bereits bei 3,4 Prozent, im Jahr 2015 dann bei 15,8 Prozent und im vergangenen Jahr bei fast 17 Prozent. Für das laufende Jahr rechnet der IWF mit einem Defizit von 9,8 Prozent und für 2018 von 6,4 Prozent.

Fitch zufolge werde das Reformprogramm dazu beitragen, die Defizite zu verringern aber es sei unwahrscheinlich, dass alle Ziele erreicht würden. „Der schiere Umfang der Reform-Agenda könnte die administrative Kapazität der Regierung überfordern während die Wirtschaft höhere Energiepreise oder die geplanten Steuern für ausländische Arbeiter nicht verkraften könnte.“

Wie das Wall Street Journal berichtet, peilen Saudi-Arabien, der Irak und Kuwait einen Ölpreis von 60 Dollar an. Dieser garantiere, dass Investitionen in die heimischen Ölindustrien wieder attraktiv würden und dass die amerikanischen Fracking-Anbieter im Gegenzug keine maßgebliche Ausweitung ihrer Produktion erreichen könnten.

Die Opec-Staaten und andere Ölproduzenten wollen Insidern zufolge in gut fünf Wochen über eine Verlängerung der Förderbremse debattieren. Die Gespräche sollen am 25. Mai stattfinden und damit am gleichen Tag wie das Treffen des Ölkartells in Wien, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von zwei Personen, die mit der Sache vertraut sind. Im Umfeld der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) hieß es jüngst, wichtige Opec-Mitglieder wie Saudi-Arabien seien zu einer weiteren Drosselung der Produktion über Mitte 2017 hinaus bereit, wenn alle Beteiligten mitzögen. "Alles hängt von Russlands Position ab", sagte ein Opec-Vertreter am Mittwoch zu Reuters.

Die Opec hatte sich Ende 2016 mit anderen Förderländern auf eine Drosselung der Produktion verständigt, um dem niedrigen Ölpreis auf die Beine zu helfen. Diese Vereinbarung gilt noch bis Ende Juni.

Zusätzlich belastet wird der Haushalt von den Kriegen, die Saudi-Arabien in Syrien und dem Nachbarland Jemen führt. In Syrien finanziert Riad eine Vielzahl islamistischer Söldnertruppen. Im Jemen führt Saudi-Arabien einen völkerrechtswidrigen Krieg und wird dabei von den USA und Großbritannien unterstützt.  Besonders erfolgreich läuft dieser Krieg nicht, obwohl die Saudis und ihre Verbündeten ohne Rücksicht auf Zivilisten vorgehen. Am Dienstag waren beim Absturz eines Militärhubschraubers im Jemen zwölf Offiziere und Soldaten aus Saudi-Arabien ums Leben gekommen. Der amerikanische Hubschrauber vom Typ „Black Hawk“ sei während eines Einsatzes in der Provinz Marib, östlich der Hauptstadt Sanaa, abgestürzt, meldete die Saudische Presse-Agentur.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass trotz der desolaten Finanzen die Saudis vor einigen Monaten erstmals sehr erfolgreich eine Staatsanleihe begeben haben. Es ist anzunehmen, dass die Saudis auf die Unterstützung der Amerikaner auch unter Donald Trump hoffen können. Trump will mit den Saudis und mit Israel eine Allianz im Nahen Osten schmieden, die am Ende einen Feldzug gegen den Iran durchführen könnte.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis: Nicht jeder Anleger ist von Trump-Aktienrally überzeugt - was nun wichtig ist!
14.11.2024

Seit der Wiederwahl von Donald Trump steigen die Aktienkurse an den US-Börsen kräftig. Aktien von Unternehmen wie Tesla oder Anbieter aus...

DWN
Politik
Politik EU-Kommission verhängt Millionenstrafe gegen Meta
14.11.2024

Die EU-Kommission hat Meta eine Strafe von fast 800 Millionen Euro auferlegt, weil der Facebook-Mutterkonzern seinen Online-Marktplatz...

DWN
Politik
Politik EU-Chefdiplomat schlägt vor, Dialog mit Israel auszusetzen
14.11.2024

Als Reaktion auf die israelische Kriegsführung im Gazastreifen plant EU-Chefdiplomat Josep Borrell, den regelmäßigen politischen Dialog...

DWN
Politik
Politik Trumps illustres Kabinett: Ein Tech-Milliardär, ein TV-Moderator und eine Ex-Demokratin
14.11.2024

Es geht Schlag auf Schlag: Donald Trump als designierter US-Präsident verkündet seine Kandidaten für die Regierung. Mit dabei: ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratie in Deutschland kostet jährlich 146 Milliarden Euro
14.11.2024

Bürokratie-Abbau soll Kosten sparen. Durch die überbordende Bürokratie entgehen Deutschland bis zu 146 Milliarden Euro pro Jahr an...

DWN
Politik
Politik BSW: Regierungsbeteiligung nicht ausgeschlossen
14.11.2024

Das Bündnis Sahra Wagenknecht begrüßt die vorgezogene Neuwahl des Bundestages. Logistisch ist das für die junge Partei aber eine...

DWN
Panorama
Panorama Zufriedenheit mit der Demokratie nimmt stark ab, Ausländerfeindlichkeit steigt
14.11.2024

Eine Studienreihe der Universität Leipzig untersucht seit 2002, wie verbreitet rechtsextreme Einstellungen in der Gesellschaft sind. Vor...

DWN
Politik
Politik Nato-Raketenabwehrschirm: Polen verstärkt seine Sicherheitsmaßnahmen - und Russland droht
14.11.2024

In einer klaren Reaktion auf die anhaltende Bedrohung aus Russland wurde in Polen kürzlich ein Stützpunkt für den...