Finanzen

Geräuschlos und effizient: China steigt bei Banken in Europa ein

Lesezeit: 4 min
06.05.2017 00:23
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Der chinesische Autobauer Geely expandiert in die Finanzdienstleistungsbranche. Der Eigentümer der Pkw-Marke Volvo und der London Taxi Company übernimmt 25,7 Prozent an der dänischen Saxo Bank, die mit einer Internet-Handelsplattform für private Devisenanleger groß geworden ist. Geely kauft den Anteil von Saxo-Mitgründer Lars Seier Christensen, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Nehmen einige Kleinaktionäre von Saxo ihre Andienungsrechte wahr, könnten die Chinesen in Kürze sogar 30 Prozent halten und so zum größten Anteilseigner der Bank werden.

Mitgründer Kim Fournais, der noch 25,7 Prozent an Saxo hält, erhofft sich von dem neuen Investor aus China Hilfe bei der Finanzierung der Wachstumsambitionen. Der 1992 entstandene Finanzdienstleister beschäftigt 1600 Mitarbeiter. Fournais setzt bei dem Verkauf auf die Expertise von Geely im skandinavischen Markt.

Geely ist nicht das erste Industrieunternehmen aus China, das sich in die Finanzbranche wagt. Die aus der Luftfahrt- und Touristik-Branche (Hainan Airlines) stammende HNA hat sich kürzlich mit 9,9 Prozent bei der Deutschen Bank eingekauft.

Die Deutsche Bank ist seit kurzem zu beinahe zehn Prozent in chinesischer Hand. Das Unternehmens- und Finanzkonglomerat HNA hat seine Beteiligung in der vergangenen Woche mehr als verdoppelt und hält nun 9,92 Prozent an dem Geldhaus, wie aus einer Pflichtmitteilung vom Dienstagabend hervorgeht. Das Aktienpaket der Chinesen, die erst im Februar bei der Deutschen Bank eingestiegen waren, ist rund 3,4 Milliarden Euro wert.HNA hat damit aller Voraussicht nach die Herrscherfamilie von Katar als größten Aktionär der Deutschen Bank abgelöst. Ex-Premier Hamad Bin Jassim Bin Jabor Al-Thani und sein Cousin Hamad Bin Khalifa Al-Thani hielten Ende vergangenen Jahres zusammen acht Prozent der Anteile sowie Kaufoptionen im Volumen von rund zwei Prozent. Aktuellere Daten liegen nicht vor.

HNA ist vor allem als Miteigentümer von Fluggesellschaften (Hainan Airlines), Flughäfen (Swissport) und Hotels (Hilton) bekannt, hat seinen Schwerpunkt zuletzt aber stark auf die Finanz- und Immobilien-Branche verlegt. Insidern zufolge haben die Chinesen auch die Fühler nach der HSH Nordbank ausgestreckt, die stark unter der weltweiten Schiffskrise leidet und bis zum nächsten Jahr auf Druck der EU-Kommission verkauft werden muss. HNA setzt darauf, dass der Wohlstand in China wächst: "Wir wissen, dass der Bedarf an Vermögensverwaltung sehr stark sein wird", sagte der Chefinvestor von HNA Capital, Guang Yang, vor kurzem der Nachrichtenagentur Reuters.

HNA hatte bereits bei seinem Einstieg in Aussicht gestellt, im Laufe der Zeit weiter aufzustocken, aber unter zehn Prozent bleiben zu wollen. Für größere Beteiligungen im Ausland gelten in China Beschränkungen. Bei der acht Milliarden Euro schweren Kapitalerhöhung hat der neue Aktionär voll mitgezogen, wie aus der Pflichtmitteilung hervorgeht. Am 28. April verdoppelte HNA seine Beteiligung für 1,77 Milliarden Euro. Vorstandschef John Cryan kann mit der Unterstüzung der Chinesen rechnen. "Wir haben vollstes Vertrauen in das Management der Deutschen Bank", hatte HNA im Februar erklärt.

Formal liegt die Beteiligung beim Wiener Vermögensverwalter C-Quadrat, der sie für HNAverwaltet. Die Chinesen halten knapp zehn Prozent an C-Quadrat. Deren Gründer Alexander Schütz soll am 18. Mai in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank einziehen.

Zwei chinesische Finanzkonzerne strecken ihre Fühler nach der HSH Nordbank aus. Neben dem Tourismus- und Finanzkonglomerat HNA zähle auch der Versicherer Anbang zu den Bietern für die kriselnde Landesbank, sagten zwei mit Vorgang vertraute Personen am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. Insgesamt seien noch zwischen sieben und neun Interessenten im Rennen. Ein Sprecher der Hamburger Finanzbehörde wollte sich dazu nicht äußern, betonte jedoch: "Unsere Erwartungen mit Blick auf den Verkaufsprozess haben sich in den letzten Wochen verbessert."

Die HSH, die mehrheitlich den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gehört, muss auf Druck der EU-Kommission bis 2018 verkauft werden. Sonst wird das Geldhaus abgewickelt. Die Bank selbst geht davon aus, dass es keinen Käufer für die ganze HSH geben wird, sondern nur für ihre zwei Teile: Die profitable Kernbank, in der das Firmenkunden- und das Immobiliengeschäft gebündelt sind, könnte an ein anderes Geldhaus gehen. Die defizitäre Abbaubank, in der die meisten faulen Schiffskredite lagern, könnte an einen Finanzinvestor verkauft werden.

Insider halten es aber auch für denkbar, dass die Abbaubank am Ende in einer "Bad Bank" der Länder abgewickelt wird. Entsprechend deuten mit dem Vorgang vertraute Personen Aussagen von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig in einem NDR-Interview Anfang der Woche. Die Länder hätten einen Veräußerungsprozess für die Kernbank auf den Weg gebracht, sagte Albig. "Und wir haben für die schlechten Risiken in der Bilanz der Bank eine Sonderkonstruktion gefunden, dass sie am Ende in die Haushalte von Hamburg und Schleswig-Holstein kommen, weil wir die einzigen sind - anders als ein Unternehmen – die sie über viele viele viele Jahre dann aus diesen Haushalten langsam wieder herauswachsen lassen können."

In Schleswig-Holstein, wo am Sonntag Landtagswahlen stattfinden, zählt die HSH zu den größten Haushaltsrisiken. Albig räumte ein, dass auf die Steuerzahler wegen der HSH weitere Belastungen zukommen. "Aber wenn wir sie langsam über die nächsten Jahrzehnte bezahlen, werden wir das im Wachstum der Haushalte abbilden können, ohne das wir es durch Kürzungen merken", erklärte der SPD-Politiker.

Am Freitag erklärte Albigs Sprecher, der Ministerpräsident habe sich mit seinen Aussagen auf ein fünf Milliarden Euro schweres Kreditportfolio bezogen, das die Länder der HSH im vergangenen Jahr für 2,4 Milliarden Euro abgekauft hatten. Ein Sprecher der Hamburger Finanzbehörde erklärte, die Gesamtbank müsse am Ende - wie mit der EU vereinbart - für einen positiven Kaufpreis veräußert werden. Die Länder hätten nach den ersten unverbindlichen Angeboten einige Bieter ausgewählt. Diese hätten nun Zugang zum Datenraum der HSH. Dazu zählen Insidern zufolge HNA, Anbang und einige Finanzinvestoren, darunter der US-Konzern Apollo. Über das Interesse des Anbang-Konzerns, von dem am Freitagabend keine Stellungnahme zu erreichen war, hatte zuerst der "Spiegel" berichtet.

Zuvor gab es für Anbang in China jedoch einen schmerzhaften Rückschlag. Die Aufsichtsbehörden untersagten der Lebensversicherungssparte des Konzerns für drei Monate, neue Produkte aufzulegen. Grund für die Strafe sei ein Produkt, mit dem Anbang gegen Regeln zur Eindämmung von Risiken bei Lebensversicherungen verstoßen habe.

Anbang und andere chinesische Finanzkonzerne hatten viele hochverzinste Produkte aufgelegt, mit deren Erlösen sie sich dann an börsennotierten Unternehmen beteiligten. Anbang ist in den vergangenen zwei Jahren bei mehreren Banken und Immobilienfirmen eingestiegen, unter anderem bei der Agricultural Bank of China und dem Immobilienentwickler Vanke. Auch in Europa bemühte sich der Konzern um Übernahmen. Ob Anbang, HNA oder Finanzinvestoren von den europäischen Aufsichtsbehörden grünes Licht für eine HSH-Übernahme bekommen würden, sei Stand heute sehr schwer vorherzusagen, sagte ein Bankenaufseher Reuters.

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