Gemischtes

Serie Mittelstand: Arroganz gefährdet den Unternehmenserfolg

Der deutsche Mittelstand treibt international die Innovation voran. In einer DWN-Serie stellen wir einige Strategien vor, warum die deutschen Unternehmen weltweit so erfolgreich sind.
07.06.2017 14:27
Lesezeit: 3 min

Der im Folgenden UMTEC GmbH & Co. KG genannte Betrieb galt über viele Jahre als echtes Vorzeigeunternehmen. Schon sehr früh gelang die weltweite Vernetzung mit Einheiten in den USA und Asien sowie das Agieren in einer wohldurchdachten Wachstumsmatrix. Die Produktlogik folgte einem vorausschauenden Baukasten-Prinzip, das noch heute 90 Prozent der Kundenwünsche abdeckt. Alles geschah höchst reflektiert. Prozesse wurden stets hinterfragt. Der Hersteller von Messkomponenten für umwelttechnische Geräte schaffte einen Umsatz von 92 Millionen Euro pro Jahr. 420 Mitarbeiter standen für die bereits seit den 1980er Jahren gelebte Kybernetik. Doch der Erfolg schürte die eigene Überheblichkeit und wurde so zur Gefahr für das Unternehmen. Nur eine konsequente Zusatzstrategie brachte die Wende.

„Seit einigen Jahren hatte sich unmerklich eine Arroganz in den Organismus eingeschlichen, die sich immer mehr als Problem herausstellte“, so Heiner Kübler und Carl A. Siebel in ihrem Buch „Mittelstand ist eine Haltung: Die stillen Treiber der deutschen Wirtschaft“. Kunden hätten eine zunehmende Arroganz von Seiten des Vertriebs bemerkt, die Entwicklung habe an Markt- und Kundennähe verloren und auch in der Produktion habe es ablehnende Stimmen gegenüber einzelnen Kunden gegeben. „Der Kunde wurde tatsächlich zum Ärgernis“ und die Mitarbeiter sonnten sich weiter im eigenen Erfolg. Der zweistellige Ebit-Wert brachte ihnen seit Jahren Extrazahlungen ein. Man machte also augenscheinlich alles richtig.

Einer, der die Gefahr für das Unternehmen durch die schleichende Arroganz erkannte, war der geschäftsführende Gesellschafter Krause junior. Natürlich lag auch ihm weiterhin am weltweiten Erfolg. Er führte jedoch eine wichtige Zusatzstrategie ein: „Wider die Arroganz!“ Begonnen wurde diese mit mehreren offenen und deutlichen Aussprachen innerhalb des Führungsteams. Gemeinsam wurden Regeln aufgestellt, um der eigenen Arroganz gegenzusteuern. Aber „(...) so entschlossen die Geschäftsführung und das Führungsteam sich gegen die Arroganz aufgebaut hatten, so wenig konnten sie damit bis an die Basis durchdringen. Der ganze schöne gemeinsam beschlossene Ansatz blieb in der dritten Ebene stecken und versandete“, so die Autoren. Mangelnde Selbstreflexion und egoistische Machtinteressen torpedierten das eigentlich gute Ansinnen. Es blieb nur das direkte Gespräch – sowohl mit jenen, die sich quer stellten, als auch mit den Mitarbeitern der dritten und vierten Ebene. Der dadurch erzeugte Druck auf das lähmende Mittelmanagement wirkte. Und auch die Kunden spürten die positive Veränderung. „Regelmäßig wurden alle Mitarbeiter über das große Veränderungsprojekt 'Wider die Arroganz' informiert. Und nach einem Jahr war die Verhaltenswende tatsächlich bewirkt“, so das Fazit von Kübler und Siebel.

Die Krise von UMTEC GmbH & Co. KG wurde am Ende tatsächlich überwunden. Das Unternehmen hatte keine Wachstums- und Ertragsdelle und befindet sich weiter auf Erfolgskurs. „Es ist von den Wettbewerbern – soweit man dies einschätzen kann – nicht einzuholen.“ Als entscheidend hierfür werten die Autoren die Kraft des Unternehmens, schleichende negative Verhaltensprozesse zu erkennen und konsequent anzugehen. Wichtig sei auch die Ordnung des Veränderungsprozesses mit Hilfe eines klaren Projektmanagements gewesen. Auch das Vertrauen und die Werte im globalen Netz erwiesen sich als sichere Basis, ebenso wie dessen Lebendigkeit mit „einem hohen Grad an Selbstorganisation.“ Weiterhin entscheidend sei die Wachstumsmatrix in Verbindung mit dem Baukasten als Grundlage für das zweistellige Wachstum bei gesunder Rendite. Heute ist das Unternehmen „auf dem Weg zum Weltmarktführer in Messkomponenten für die Umwelttechnik.“

Lernen könne man aus diesem Fall gleich mehrere Dinge, meinen die Autoren. Sie sagen: „Bleiben Sie vorsichtig angesichts der Gefahren des Erfolgs. Arroganz und Selbstzufriedenheit können zerstörerisch sein!“ Unter anderem gelte es, langfristig ein weltweites Netzwerk von Personen und Systemen aufzubauen und zu erkennen, welche Kraft in der Verbindung von Disziplin und Freiraum liegt. Wichtig sei bei einer solchen internationalen Strategie aber auch, die gemeinsamen Unternehmenswerte in allen Ländern beizubehalten.

Der deutsche Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Vor allem viele Unternehmen, die außerhalb des Rampenlichts großer Konzerne agieren, prägen die Wirtschaft Deutschlands. Sie sind Impulsgeber, Wertebewahrer und Exportmeister. Zusammen mit Econ-Verlag werfen die Deutschen Wirtschafts Nachrichten in ihrer Reihe „Das bewegt den Mittelstand“ einen genauen Blick in die Welt der leisen Sieger.

Das Buch Mittelstand ist eine Haltung: Die stillen Treiber der deutschen Wirtschaft“ ist im September im Econ-Verlag erschienen. Die beiden Autoren Heiner Kübler und Carl A. Siebel schauen dabei hinter die Kulissen des Deutschen Mittelstandes. Erfolg und Misserfolg ist hier gleichermaßen zu finden. Entscheidend jedoch ist, wie die Mittelständler mit den Misserfolgen umgehen. Bestellen Sie das Buch bei Amazon.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

 

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...