Der deutsche Konkurrent Aldi besitzt schon lange ein Standbein in den USA, in der vergangenen Woche zog Lidl nun nach und eröffnete seine ersten zehn Filialen in Amerika. Innerhalb eines Jahres sollen 100 weitere entlang der Ostküste folgen. Für die ohnehin schwächelnden und unter der verschärften Konkurrenz durch Online-Händler wie Amazon leidenden Supermärkte wie Walmart oder Kroger ist das keine gute Nachricht – ebenso wenig wie für die Arbeitnehmer in den USA.
Mit frischgebackenem Brot, „nachhaltigen“ und frischen Produkten wie etwa Fisch und einer großen Weinauswahl setzt Amerika-Chef Brendan Proctor auf eine Marktstrategie, die man in den USA bislang eher bei gehobeneren und teureren Lebensmittelhändlern findet. Doch Lidl zentrales Verkaufsargument bleibt das, womit es der Konzern schaffte, innerhalb von 40 Jahren zu einem der weltweit größten Einzelhändler mit mehr als 10.000 Filialen in 27 Ländern zu werden: Tiefstpreise. Dadurch dürfte sich der herrschende Preiskampf zwischen den etablierten Supermarktketten weiter verschärfen.
Für die US-Branchenschwergewichte, allen voran Marktführer Walmart, dem mit einem Jahresumsatz von 486 Milliarden Dollar weltgrößten Einzelhändler, kommt der neue Wettbewerber mehr als ungelegen. Denn die Geschäfte leiden bereits unter der wachsenden Konkurrenz aus dem Internet, insbesondere unter dem kometenhaften Aufstieg des Online-Riesen Amazon, der zunehmend auch in den Lebensmittelhandel vordringt. Verglichen mit den nagelneuen Filialen von Lidl sehen Walmarts in die Jahre gekommene Shopping-Center zudem richtig alt aus.
Allerdings ist nicht jeder überzeugt, dass Lidl das Zeug hat, den US-Markt aufzurollen. Die Investmentbank Sanford C. Bernstein verweist auf den scharfen Wettbewerb in den USA, wo es neben Walmart und etlichen Supermarktketten auch noch ein riesiges Netz an „Dollar-Stores“ gibt, die sich mit Kampfpreisen überbieten. Das sei die Erklärung, warum Lidls Rivale Aldi trotz mehr als 40-jähriger US-Präsenz bislang nur etwa ein Prozent Marktanteil erreicht habe.
Lidl expandiert in einer Zeit großer Umbrüche auf den US-Markt. Daran hat auch der Technologiekonzern Amazon seinen Anteil, welcher vor wenigen Tagen den Bio-Anbieter Whole Foods übernommen hat.
Für die Angestellten von Whole Foods brechen nun ungewisse Zeiten an, weil Amazon sein Know-How im Technologiebereich nutzen wird, um Kosten einzusparen, Prozesse zu automatisieren und Mitarbeiter zu entlassen, berichtet Bloomberg. Amazon-Chef Jeff Bezos werde versuchen, „den Ruf Whole Foods als Anbieter von hochwertiger, frischer Ware zu bewahren und gleichzeitig die Preise zu senken, um die hochpreisige Reputation des Unternehmens zu verändern“, zitiert Bloomberg eine Quelle.
Teil der Strategie sei, „die Anzahl der Mitarbeiter sowie die Kosten für die Einrichtung zu reduzieren, um gegenüber Großanbietern wie Walmart konkurrenzfähig zu bleiben. Dazu gehört wahrscheinlich auch, die Kassierer zu entlassen und die Zahlungsabwicklung zu automatisieren.“ Reuters zufolge fürchten viele Angestellte von Whole Foods, ihren Arbeitsplatz zu verlieren und die entspannte Unternehmenskultur einzubüßen. Amazon greift für die Arbeit in vielen seiner Lagerhallen bereits auf Roboter zurück und erprobt die Auslieferung von Bestellungen durch Drohnen.
In einer Forschungsfiliale in Seattle erprobt der Online-Shopping-Konzern bereits eine vollkommen automatisierte Form der Zahlungsabwicklung. Dort gibt es keine Kassen mehr, sondern den Kunden wird der zu zahlende Betrag automatisch beim Verlassen des Geschäfts vom Smartphone abgebucht. Die verbliebenen Angestellten seien dann hauptsächlich dafür da, „das Kauferlebnis für die Kunden zu verbessern“, schreibt Bloomberg.