Finanzen

Bitkom: Deutsche Wirtschaft ist Opfer massiver Spionage

Einer Untersuchung zufolge entstehen in der deutschen Wirtschaft jedes Jahr Milliarden-Verluste durch Spionage.
21.07.2017 17:45
Lesezeit: 2 min

Durch Spionage, Sabotage und Datendiebstahl entsteht der deutschen Wirtschaft einer Studie zufolge jährlich ein Schaden von rund 55 Milliarden Euro, berichtet Reuters. Im Vergleich zu einer Untersuchung von vor zwei Jahren sei dies ein Anstieg um acht Prozent, teilte der IT-Branchenverband Bitkom am Freitag in Berlin mit. Verbandspräsident Achim Berg sprach von einer „unglaublich hohen Summe“. Laut Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen entspricht diese fast der Höhe des Haushalts von Bayern. Zudem wurden mehr als die Hälfte der Unternehmen in Deutschland (53 Prozent) in den vergangenen beiden Jahren Opfer solcher Attacken, was einem Anstieg um zwei Prozent entspricht.

Die Studie zeige, dass die Gefahr für Firmen aller Branchen und jeder Größe real sei, sagte Berg. In Zeiten von Industrie 4.0 müsse mehr für die Abwehr von Spionageangriffen getan werden. Täter sind der Studie zufolge zu 62 Prozent aktuelle oder ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens. Dabei gehe es diesen nur selten um Geld, erläuterte Verfassungsschutz-Präsident Maaßen. Vielmehr identifizierten sie sich nicht mehr mit den Unternehmenszielen, da sie sich beispielsweise schlecht behandelt fühlten. Oftmals würden Personen aber auch einfach abgeschöpft und gäben nicht einmal vorsätzlich Informationen heraus. 41 Prozent der Firmen machen Wettbewerber, Kunden, Lieferanten oder Dienstleister für Angriffe verantwortlich, 21 Prozent Hobby-Hacker und sieben Prozent Personen aus der organisierten Kriminalität.

Ausländische Geheimdienste wurden zwar nur in drei Prozent der Unternehmen als Täter identifiziert. Maaßen betonte jedoch, dabei handele es sich zumeist um besonders komplexe Angriffe. Zudem unterstrich er, mittelständische Firmen seien ein begehrtes Ziel von Angreifern, weil sie schwächer geschützt und als Zulieferer Zugang zu Großunternehmen hätten. Bei den Taten gehe es nicht nur darum, an Informationen zu kommen, sondern auch darum, die Reputation eines Konkurrenten zu beschädigen.

Die Urheberschaft der Geheimdienste bei der Wirtschaftsspionage könnte aber erheblich höher liegen als die in der Studie genannten 3 Prozent. Es ist beispielsweise bekannt, dass viele professionelle Dienste ihr Operationen als Werk von Einzeltätern tarnen.

In jedem sechsten Unternehmen wurden der Befragung von mehr als 1000 Firmen zufolge in den vergangenen zwei Jahren sensible digitale Daten gestohlen. Vor allem Kommunikationsdaten wie E-Mails (41 Prozent) oder Finanzdaten (36 Prozent) fielen in die Hände der Angreifer. Die Täter haben es dabei nicht ausschließlich auf digitale Daten abgesehen. Auch werden Geräte wie Notebooks oder Smartphones gestohlen.

Die meisten Taten werden laut Berg aus Deutschland begangen (37 Prozent). Darüber hinaus führe die Spur oft nach Osten: 23 Prozent der Unternehmen berichteten von Tätern aus Osteuropa, 20 Prozent aus China und 18 Prozent aus Russland.

Alarmiert zeigten sich Berg und Maaßen darüber, dass nicht einmal jedes dritte Unternehmen (31 Prozent) nach einem Angriff staatliche Stellen einschaltet. Nur wenn Firmen Angriffe meldeten, könnten die Sicherheitsbehörden aber ein realitätsnahes Lagebild erstellen und Abwehrstrategien entwickeln, mahnte Maaßen. Als Hauptgrund dafür, sich nicht an die Behörden zu wenden, gaben die meisten Befragten die Angst vor Imageschäden an (41 Prozent).

Der Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI), Arne Schönbohm, sagte, die hohe Zahl betroffener Unternehmen zeige deutlich, dass auf dem Gebiet der Cyber-Sicherheit in Deutschland Nachholbedarf bestehe. Doch seien nicht nur die Unternehmen als Endanwender gefragt. Die Hard- und Softwareindustrie müsse dafür sorgen, Schwachstellen „schneller und besser zu schließen“, sagte er zu Reuters.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...