Der US-Verhaltensökonomen Richard Thaler erhält den Nobelpreis für Wirtschaft. Seine Arbeit habe eine Brücke geschlagen zwischen den wirtschaftlichen und psychologischen Analysen der Entscheidungsprozesse von Individuen, begründete die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Montag in Stockholm die Entscheidung. „Seine empirischen Befunde und theoretischen Einsichten waren maßgeblich für die Schaffung des neuen und schnell wachsenden Gebiets der Verhaltensökonomie, die einen tiefgehenden Einfluss auf viele Bereiche der wirtschaftlichen Forschung und Politik gehabt hat.“ Thaler arbeitet an der University of Chicago.
In der Fachwelt erhielt die Akademie für ihre Entscheidung Beifall. „Richard Thalers Forschung ist hochaktuell und bietet nicht nur neue Einsichten, sondern auch praktische Lebenshilfen“, sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest. „Er hat in seiner Forschung gezeigt, dass Menschen häufig nicht vollständig rational handeln, sondern eher einfachen Entscheidungsregeln folgen.“ Als Beispiel nannte Fuest einen Taxifahrer, der als generelle Regel so lange fährt, bis er einen bestimmten Umsatz erreicht an. An Tagen mit hoher Nachfrage höre er früher auf, an Tagen mit schwacher Nachfrage dagegen später.
„Wenn viele Fahrgäste gerne ein Taxi hätten, wird das Angebot verknappt, und wenn wenige Gäste da sind, steigt das Angebot“, erklärte Fuest. „Genau das Gegenteil wäre notwendig.“
Mit seiner Arbeit hat es der 72-Jährige bis nach Hollywood geschafft. In dem Film „The Big Short“ - in dem es um das Entstehen der Finanzkrise 2007/08 geht - spielte Thaler in einem Kurzauftritt sich selbst. Gemeinsam mit Selena Gomez erklärt er dabei in einem Spielcasino, wie das Geschäft mit synthetischen „Collateralized Debt Obligations“ (CDO) die Finanzkrise befeuerte, die die Weltwirtschaft in ihre schwerste Rezession seit Ende des Zweiten Weltkriegs stürzte.
Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries findet die Preisverleihung an Thaler ebenfalls gerechtfertigt. „Seine Forschungsleistung im Bereich Verhaltensökonomik wurde zurecht geehrt und verdeutlicht, dass sich die ökonomische Forschung zunehmend den Erkenntnissen der Psychologie und anderen Disziplinen öffnet“, sagte sie. Die Erkenntnisse der Verhaltensökonomik würden auch für die wirtschaftspolitische Analyse immer wichtiger. „Denn die Wahrnehmungen von Fairness oder Selbstbeherrschung haben Einfluss auf unser wirtschaftliches Handeln.“
Der Nobelpreis im Fach Wirtschaftswissenschaften wird seit Ende der 60er Jahre verliehen. Er wird von der schwedischen Notenbank gestiftet und ist mit neun Millionen Kronen (etwa 900.000 Euro) dotiert. 2016 war der Preis an die in den USA lehrenden Vertragstheoretiker Oliver Hart und Bengt Holmström verliehen worden, 2015 an den britischen Ökonom Angus Deaton für seine Analysen zu den Themen Konsum, Armut und Sozialhilfe.