Politik

Spekulation: Katalonien könnte Rückzieher bei Unabhängigkeit machen

In Katalonien steht eine entscheidende Rede des Regierungschefs Puigdemont bevor.
10.10.2017 15:10
Lesezeit: 2 min

Doch am Dienstag sind in Katalonien Gerüchte aufgekommen, der katalanische Regierungschefs Carles Puigdemont könne bei seiner mit Spannung erwarteten Rede einen Rückzieher machen und die Unabhängigkeit nicht erklären. Stattdessen könnte er das Ergebnis des Unabhängigkeitsreferendums zum Anlass nehmen, die Abspaltung von Spanien lediglich anzukündigen, meldet der katalanische Regionalsender TV3.

TV3 beruft sich auf ein angeblich heimlich mitgeschnittenes Gespräch zwischen Kataloniens Vizeministerpräsidenten Oriol Junqueras und Jordi Cuixart von der Bürgerbewegung Omnium Cultural. Darin soll Cuixart laut TV3 gesagt haben: "Die CUP wird durchdrehen", weil Puigdemont kein DAtum für die Unabhängigkeit verkünden wird. Die linke CUP, mit der Puigdemonts regierende Mehrparteien-Allianz "Junts pel Si" ("Gemeinsam für Ja") in einer Koalition ist, verlangt die sofortige und einseitige Unabhängigkeitserklärung.

Der Sprecher der separatistischen Regionalregierung von Katalonien hat Medienberichte über interne Differenzen bezüglich des weiteren Vorgehens nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum dementiert. Wenige Stunden vor dem mit Spannung erwarteten Auftritt des katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont am Dienstagabend vor dem Parlament in Barcelona, bei dem möglicherweise die Unabhängigkeit von Spanien erklärt werden soll, versicherte Sprecher Jordi Turull, die Regierung stehe "absolut geschlossen" hinter Puigdemont.

Informationen zum Auftritt Puigdemonts vor dem Parlament wollte Turull nicht geben. Der katalanische Regierungschef könnte am Dienstagabend in Barcelona möglicherweise einseitig die Unabhängigkeit der Region ausrufen. Er will sich dabei nach Angaben der Regionalregierung auf das Ergebnis des "verbindlichen Referendums" vom 1. Oktober berufen, bei dem rund 90 Prozent der Wähler für eine Trennung gestimmt hatten.

Die Abstimmung war zuvor jedoch vom spanischen Verfassungsgericht untersagt worden und fand gegen den Willen der Zentralregierung in Madrid statt. Im Fall einer Unabhängigkeitserklärung wird mit einer harten Reaktion Madrids gerechnet. Auch die Festnahme Puigdemonts und anderer Separatisten wird nicht ausgeschlossen.

Wenige Stunden vor dem geplanten Auftritt des katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont vor dem Regionalparlament blickt Spanien gebannt und nervös nach Barcelona. Nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober, bei dem mehr als 90 Prozent der Wähler für eine Trennung gestimmt hatten, will sich Puigdemont um 18.00 Uhr vor dem Parlament äußern. Sollte er dabei wirklich die Unabhängigkeit der Region ausrufen, droht eine harte Reaktion aus Madrid. Auch eine Festnahme Puigdemonts und anderer Separatisten wird nicht ausgeschlossen.

In einem Kommentar der Zeitung "El País" hieß es am Dienstag, wenn der 54-Jährige einseitig die Unabhängigkeit der Region ausrufen und seine "selbstmörderischen Pläne vorantreiben" würde, sei dies völlig unverantwortlich. Die Regionalregierung steuere in vollem Bewusstsein auf einen Abgrund zu. Auch im spanischen Fernsehen gab es kein anderes Thema als die Katalonien-Krise und die möglichen Auswirkungen von Puigdemonts Rede.

Die Präsidentin des spanischen Unterhauses, Ana Pastor, sagte, Ministerpräsident Mariano Rajoy werde am Mittwoch (16.00 Uhr) vor der Abgeordnetenkammer in Madrid Stellung zu Puigdemonts Aussagen beziehen. Er könnte Experten zufolge im Falle einer Unabhängigkeitserklärung auch erstmals den Artikel 155 der spanischen Verfassung anwenden, der besagt, dass die Zentralregierung eine Regionalregierung entmachten kann, wenn diese die Verfassung missachtet. Wahrscheinlich sei dann, dass Madrid die katalanische Regionalregierung suspendiere und auch Polizei und Ministerien übernehme, sagte der Experte für Internationales Recht Nico Krisch der Deutschen Presse-Agentur.

"Aber der Artikel kann nicht von einer Minute auf die andere angewendet werden. Er muss erst vom Senat gebilligt werden", erklärte der Journalist Joaquín Luna von der Zeitung "La Vanguardia". Wie lange das dauern könnte, sei nicht bekannt.

Derweil spekulierten politische Analysten und Medien in Spanien über den möglichen Inhalt von Puigdemonts Rede. Eine angesehene Journalistin sagte am Dienstag im TV-Sender "La Sexta", Puigdemont werde im Parlament nach ihren Informationen die "Katalanische Republik" ausrufen. Ob er das Wort "Unabhängigkeit" aussprechen werde, sei jedoch noch nicht klar, sagte sie unter Berufung auf Angehörige der katalanischen Regionalregierung. Wie Madrid auf eine solche Formulierung reagieren würde, war ebenfalls unklar.

Auch die Ausrufung von Neuwahlen wäre theoretisch möglich, sowie ein neuerlicher Aufruf Puigdemonts in Richtung Zentralregierung, endlich Gespräche mit der katalanischen Führung aufzunehmen. Auf ein ernsthaftes Gesprächsangebot Madrids würden die Katalanen nach Einschätzung von Rechtsexperte Krisch "sehr positiv" reagieren. Dies verweigere Madrid jedoch bisher strikt. Rajoy sei im Moment nicht willens, einen solchen Weg zu gehen - es sei denn, es gebe einen internationalen Schlichtungsversuch, der für Madrid schwer zurückzuweisen wäre.

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