Finanzen

Monte Paschi: Börsengang beschert Steuerzahlern Verluste

Lesezeit: 3 min
29.10.2017 18:16
Der italienische Staat hat durch die Rückkehr der Krisenbank Monte Paschi an die Börse einen hohen Buchverlust eingefahren.

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Mitte der vergangenen Woche war die italienische Krisenbank Banca Monte dei Paschi di Siena wieder auf das Mailänder Börsenparkett zurückgekehrt. Der italienische Staat hatte das angeschlagene Geldinstitut Ende vergangenen Jahres mit Steuergeldern in Milliardenhöhe in einer Notmaßnahme finanziert und danach von der Börse genommen. Nun ist die Aktie wieder im Handel – auf die Behörden dürften enorme Verluste zukommen.

Die 1472 gegründete Monte dei Paschi di Siena gilt als die älteste heute noch bestehende Geschäftsbank der Erde. Die Bank, die im Jahr 2016 einen Verlust von 3,38 Milliarden Euro verbuchen musste, wurde am 22. Dezember des gleichen Jahres vom Kurszettel genommen. Vorher war der Versuch gescheitert, eine Kapitalerhöhung mit einem Volumen von fünf Milliarden Euro am Markt zu platzieren. Damals gelang es dem schlingernden Geldinstitut nicht, die Investoren davon zu überzeugen, frisches Kapital zuzuschießen. Monte dei Paschi di Siena hatte wie andere italienische Institute auch eine große Anzahl ausfallgefährdeter Kredite in ihren Büchern.

Bevor der italienische Staat einsprang, war der Kapitalbedarf von Monte die Paschi von der Europäischen Zentralbank (EZB) auf 8,8 Milliarden Euro geschätzt worden. Das römische Parlament hatte zu diesem Zweck eigens ein Regierungspaket zur Rettung angeschlagener Banken mit Staatsgeldern verabschiedet. Von diesem flossen 4,5 Milliarden Euro an das krisengeschüttelte Geldinstitut aus Siena. Der Rest des Fehlbetrags kam aus einem Aktienumtausch. Die EU-Kommission hatte über viele Monate hinweg auf eine Lösung gedrängt. Schließlich genehmigte dann die italienische Regierung die Rettung der Bank durch den Staat mittels einer sogenannten vorsorglichen Kapitalisierung. Die Notierung wurde zum damaligen Zeitpunkt mit einem Kurs von 15,08 Euro aus dem Handel genommen.

Die Intervention der Regierung in Rom stand im klaren Widerspruch zu den in der EU geltenden Bail-in-Regeln, wonach eine Bank erst dann mit Steuergeldern gestützt werden darf, wenn zuvor die Forderungen von Aktionären und Gläubigern (Anleihebesitzer und Bankkunden) beschnitten wurden.

Von Kritikern wurden die Hilfsmaßnahmen des italienischen Parlaments als dreistes Täuschungsmanöver bezeichnet. Nach den Regeln der Europäischen Gemeinschaft habe Rom der Monte dei Paschi di Siena eigentlich gar nicht so einfach helfen dürfen. Der „geniale“ Kniff, der dabei angewendet worden sei, war, die Bank an sich als gesund und nur mit einigen „kleineren“ Problemen belastet zu bewerten.

Mit der Rettungsaktion der Monte dei Paschi wurde der italienische Staat mit 68 Prozent zum Mehrheitsaktionär und zahlte dafür 6,49 Euro pro Aktie. Bei der erneuten Aufnahme der Notierung wurde der Titel Mitte der Woche mit 4,10 Euro bewertet. In den ersten Tagen verzeichnete das Papier erhebliche Kursschwankungen. Zunächst ging es hinauf bis auf 5,22 Euro um zum Ende der Woche sich bei Kursen um 4,70 Euro einzupendeln. Vieles deutet darauf hin, dass es sich bei Monte die Paschi derzeit um ein reines Zocker-Papier handelt. Nach Meinung von Marktteilnehmern sei es fast unmöglich vorherzusagen, wie lange es dauere, bis sich die spekulativen Anleger verabschiedeten und der Markt versuche, eine faire und ernsthafte Bewertung für das Geldinstitut zu finden.

Auch für die nähere Zukunft rechnen Händler mit großer Volatilität. Wenn sich der Wert auf die derzeitigen Kurse einpendelt, entgeht dem italienischen Staat mehr als eine Milliarde Euro. Aus diesen Gründen will das Finanzministerium in Rom mit der Hoffnung auf zukünftige Gewinne an der Beteiligung festhalten. Dafür hat sich die Monte dei Paschi di Siena einen strikten Sparkurs verordnet. Das Geldinstitut will bis 2021 nach einem Strategieplan vom Sommer 2017 600 der rund 2.000 Filialen schließen und jede fünfte Stelle streichen. Nach dem Plan soll die Bank in vier Jahren dann bereits einen Gewinn von 1,2 Milliarden Euro erzielen. Mit einem Anteil von 4,3 Prozent ist der italienische Versicherer Generali der zweitgrößte Aktionär von Monte dei Paschi.

Insgesamt wird der erneute Börsengang der krisengebeutelten Bank von Analysten zwar nicht als berauschend, aber immer noch als gelungen bezeichnet. Dass es dabei nicht zu einer Bauchlandung gekommen ist, deutet auf eine freundlichere Stimmung bei der Bewertung des europäischen Bankensektors durch die Anleger hin.

Vor kurzem hatte die Bankenaufsicht der EZB den italienischen Geldinstituten bescheinigt, dass sie im zweiten Quartal 2017 insgesamt in größerem Maße faule Kredite abgebaut hätten als die Banken in anderen Staaten der Eurozone: Der Bestand an notleidenden Krediten habe sich um rund 20 Prozent auf 212 Milliarden Euro reduziert. Von den unter dem Strich 55 Milliarden Euro an faulen Darlehen, die bei Monte dei Paschi in den Büchern stehen, übernimmt der Bankenrettungsfonds Atlante 26 Milliarden Euro.


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