Finanzen

EZB: Einlagen-Sicherung kann bei Krise ausgesetzt werden

Die EZB hält es für möglich, dass die Einlagensicherung bei einer Banken-Krise nicht greift.
15.11.2017 17:22
Lesezeit: 2 min

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In einer erbetenen Fachexpertise (opinion) diskutiert die Europäische Zentralbank (EZB) die Abschaffung der heute in den Euro-Staaten geltenden Einlagensicherungssysteme. Der Bericht wurde auf Bitte des Rats der EU sowie des EU-Parlaments erstellt und soll die Sichtweise der EZB zu Finanz-Themen wie Einlagenschutz, Mindestreserve bei Banken, Counterparty-Risk und Marktrisiken darlegen.

Geht es nach der EZB, könnten die derzeit gültige Einlagensicherung offenbar jederzeit abgeschafft und durch ein anderes System ersetzt werden, um Banken im Fall eines Bankrun zu stabilisieren und den Kunden den Zugang zu ihrem Geld zu erschweren. So schreibt die Zentralbank in Unterpunkt 5.3 auf Seite 8 des Dokuments:

„Ein effektives – vor einer Bankabwicklung geschaltetes – Moratorium muss den breitestmöglichen Spielraum haben, um zeitnah auf Abflüsse von Liquidität zu reagieren. Die Generalausnahme für versicherte Einlagen und Ansprüche im Rahmen von Sicherungssystemen für Investoren sollte ersetzt werden durch begrenzte, den Umständen angepasste Ausnahmeregelungen, die von der zuständigen Institution gewährt werden, um ein ausreichendes Maß an Flexibilität zu gewähren.“

Der EZB schwebt offenbar vor, den Zugriff der Bankkunden auf ihre Ersparnisse für eine bestimmte Zeit auszusetzen und diesen nur die Abhebung kleinerer Beträge zu erlauben. In den Anmerkungen auf Seite 8 des Dokuments heißt es mit Blick auf eine Direktive des EU-Parlaments zur Einlagensicherung (2014/49/EU): „Beispielsweise ermöglicht es Artikel 8 (4) dieser Direktive, dass Bankkunden in einer Übergangsperiode innerhalb von fünf Arbeitstagen Zugang zu einem angemessenen Teil ihrer versicherten Einlagen haben sollen, um Ausgaben des täglichen Bedarfs zu bestreiten.“

Wie hoch dieser „angemessene“ Teil der Ersparnisse sein soll, zu dem die Kunden Zugang haben, geht nicht aus dem Dokument hervor. Zu beachten ist, dass Bankkunden den Besitz an ihren Ersparnissen mit der Einzahlung auf ein Konto an die jeweilige Bank abtreten und nur noch Forderungen auf Rückzahlung gegenüber der Bank haben.

Bereits seit mehreren Monaten wird in der EU an Plänen gearbeitet, wie Banken bei einem drohenden Bankrun für mehrere Tage eingefroren werden können. Die Chefin der europäischen Bankenabwicklungsbehörde, Elke König, möchte noch einen Schritt weitergehen. Am Dienstag fordert sie, dass im Falle eines drohenden Bankruns Banken komplett mit ihren gesamten Forderungen und Verbindlichkeiten eingefroren werden müssten, was nicht nur die Kunden, sondern auch die Geschäftspartner der Bank und staatliche Institutionen betreffen würde.

Den Rahmen zu den Überlegungen der EZB bilden die seit Anfang 2016 in der Eurozone gültigen Abwicklungsregeln bei Banken. Diese sehen vor, dass drohende Finanzierungslücken bei Banken zuerst mit nachrangigen Anleihen von Gläubigern, Ansprüchen von Aktionären und Forderungen (Ersparnissen) von Kunden bis zu einem Umfang von 8 Prozent der Bilanzsumme der Bank abgefedert werden müssen, bevor Steuergeld dazu verwendet werden darf.

Wie das Beispiel der Krisenbank Banca Monte dei Paschi die Siena sowie anderer Banken in Italien jedoch zeigte, wird die Regel im Ernstfall aus Furcht vor den Reaktionen der Investoren und Gläubiger kreativ umgangen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump plant Milliardeninvestition in Bitcoin und andere Kryptowährungen
31.05.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsangelegenheit machen – mit Milliarden-Investitionen seiner Mediengruppe. Während der Markt jubelt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Monopol auf Seltene Erden wankt – doch der Westen zahlt den Preis
31.05.2025

China kontrolliert die Welt der Seltenen Erden – und lässt Konkurrenz nur zu ihren Bedingungen zu. Neue Minen entstehen, doch ihre...