Finanzen

EU erwägt Finanz-Sanktionen gegen die Türkei

Die EU erwägt, die Türkei auf eine Schwarze Liste für Steuervermeidung zu setzen.
24.11.2017 16:37
Lesezeit: 2 min

Die EU könnte die Türkei bereits im nächsten Monat auf eine „Schwarze Liste” von Steueroasen setzen, was die Beziehungen zwischen Ankara und dem größten Handelsblock der Welt weiter belasten würde, führt Bloomberg in einer Analyse aus.

Die EU-Arbeitsgruppe Code of Conduct Group, die sich mit „nicht-kooperativen Rechtsordnungen für Steuerzwecke“ befasst, soll nach Angaben des Blatts zum Schluss gekommen sein, dass die türkischen Beiträge zur Lösung von Transparenz-Problemen und zur Abschaffung von Steuerregelungen „nicht ausreichend“ seien. Die EU-Staaten arbeiten seit geraumer Zeit an einer gemeinsamen Liste von Drittstaaten, gegen die es steuerrechtliche Bedenken gibt oder die sich beim Datenaustausch unkooperativ verhalten, so die dpa.

Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, ob die Türkei tatsächlich auf eine „Schwarze Liste” für Steueroasen gesetzt werden soll, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums: „Die angesprochene Liste wird derzeit von der EU erarbeitet. Im Dezember soll sie vorgelegt werden. Ich bitte Sie daher um Verständnis, dass sich das BMF zum jetzigen Zeitpunkt zu den möglichen Ergebnissen (insbesondere zu der Frage, welche Staaten und Jurisdiktionen auf der Liste genannt werden könnten) noch nicht äußern kann.”

Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte den Deutschen Wirtschafts Nachrichten: „Wir können einzelne Länder nicht kommentieren (...). Die EU-Mitgliedstaaten arbeiten daran, die erste schwarze EU-Liste im Dezember – wie geplant – auf Grundlage des von der EU-Kommission im Januar 2016 eingeleiteten Prozesses vorzulegen. Die große Mehrheit der Nicht-EU-Länder, die von der EU während des Screening-Prozesses kontaktiert wurden, haben mit uns einen Dialog über die möglichen identifizierten Probleme geführt. Das ist ermutigend. Wir wissen, dass die Mitgliedstaaten der ,Code of Conduct Group’ eine Reihe von Defiziten während der Screening-Phase festgestellt haben. Es wurden diesbezügliche Schreiben (an die betroffenen Staaten, Anm. d. Red.) versendet (...). Wir drängen die Drittländer dazu, im Rahmen einer Antwort auf diese Schreiben konstruktiv mit der EU zusammenzuarbeiten. Die EU-Kommission erwartet, dass die endgültige Liste (,Schwarze Liste’, Anm. d. Red.) sinnvoll und glaubwürdig sein wird.“

Ein Effekt dieser Zusammenstellung soll sein, bisherige Steueroasen durch das öffentliche Anprangern zu Gesetzesänderungen zu bewegen. Die „Schwarze Liste” soll am 5. Dezember fertiggestellt werden.

Während die EU-Länder uneinig darüber sind, ob Finanzsanktionen gegen unkooperative Rechtsordnungen von Drittstaaten eingesetzt werden sollten, könnte die Aufnahme in die „Schwarze Liste” dem Ruf der Türkei an den Finanzmärkten nachhaltig schaden. Der Druck auf EU-Unternehmen, Investitionen zurückzudrängen, würde dann steigen.

In einem Interview mit Reuters sagte der türkische Finanzminister Naci Ağbal, dass es keinen Grund für die EU gebe, die Türkei auf eine solche Liste zu setzen und dass sich die Türkei an alle internationalen Steuervorschriften halte. Die Türkei hat die EU darüber informiert, dass sie alle notwendigen Arbeiten zum Informationsaustausch bis 2019 abschließen werde.

Ağbal sagte auch, dass die Türkei vergangene Woche in einem Brief an die EU versprochen habe, dass sie alle notwendigen Sekundär-Regelungen umsetzen werde. Doch Bloomberg führt aus, dass die Türkei in dem Schreiben kein ausreichendes Bekenntnis zur Transparenz geleistet habe.

Für die Drittstaaten, die in die Liste aufgenommen werden, besteht eine konkrete Sanktions-Gefahr. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire sagte am 7. November beim Treffen der EU-Finanzminister in Brüssel, eine solche Liste sei lediglich ein erster Schritt. „Wir brauchen Sanktionen (...). Staaten, die keine Informationen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung liefern, werden auch keinen Zugang mehr zu Finanzmitteln von großen internationalen Organisationen wie dem IWF oder der Weltbank haben”, zitiert 24 Heures den französischen Finanzminister.

Die Finanzsituation der Türkei ist derzeit ohnehin schon angespannt. Die Landeswährung Lira steht am Devisenmarkt gegenüber dem Dollar und dem Euro unter starkem Druck. Die Zentralbank kann jedoch nicht reagieren, indem sie die Leitzinsen erhöht, weil Präsident Erdogan dies ablehnt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Kapitalmarktunion im Rückstand: Banker fordern radikale Integration
12.07.2025

Europas Finanzelite schlägt Alarm: Ohne eine gemeinsame Kapitalmarktunion drohen Investitionen und Innovationen dauerhaft in die USA...

DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....