Die britische Polizei hat am Mittwoch mitgeteilt, dass der ehemalige britisch-russische Doppelagent Sergei Skripal und seine Tochter einem mutmaßlichen Nervengift an der Eingangstür ihres Hauses ausgesetzt gewesen sein könnten. Skripal ist laut britischen Ermittlern zuerst in seinem Haus mit einem Nervengift in Kontakt gekommen. An der Haustür sei "die bislang höchste Konzentration" der Substanz nachgewiesen worden, teilte die Londoner Polizei am Mittwoch mit. Skripal und seine Tochter Julia waren am 4. März in Salisbury südwestlich von London bewusstlos auf einer Parkbank aufgefunden worden.
"An diesem Punkt unserer Untersuchung glauben wir, dass die Skripals zum ersten Mal von ihrer Haustür aus mit dem Nervengift in Kontakt gekommen sind", sagte Dean Haydon, Leiter des Anti-Terror-Kommandos der Metropolitan Police, laut Reuters. "Wir konzentrieren uns daher stark auf die Nachbarschaft." Die Ermittlungen werden nach Aussage von Haydon einige Monate in Anspruch nehmen. Für die Anrainer bestehe keine Gefahr, obwohl das angeblich verwendete Nervengift laut britischer Regierung zu den tödlichsten Stoffen der Welt gehört. Skripal und seine Tochter sollen sich noch am Leben befinden, was allerdings genauso wenig nachgeprüft werden kann wie ihr Aufenthalt in einem Krankenhaus.
Bisher war von stets anonymen Geheimdienstleuten die Version in Umlauf gebracht worden, Skripal sei mit Geschenken aus Russland – unter anderem war ein Blumenstrauß im Gespräch – vergiftet worden. Die Vergiftung sollte sich demnach in einem Lokal ereignet haben.
Unklar ist in diesem Zusammenhang, wie "100 weitere Personen" dem Giftstoff ausgesetzt gewesen sein sollen. Dies hatte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Rainer Breul, auf der Bundespressekonferenz mitgeteilt. Die britische Regierung behauptet in einer von der russischen Zeitung Kommersant veröffentlichten Präsentation, 131 Personen seien dem Nervengift ausgesetzt gewesen.
Die britische Regierung macht die russische Regierung verantwortlich – ohne allerdings bisher einen einzigen, unabhängig überprüfbaren Beweis vorgelegt zu haben. Zahlreiche Staaten, darunter Deutschland, sind dem Vorbild der Briten gefolgt und haben Diplomaten ausgewiesen. Nähere Informationen haben bisher nur die Five Eyes-Mitglieder erhalten – also die USA, Neuseeland, Kanada und Australien. Ihre Geheimdienste kooperieren mit den Briten in einem Netzwerk.