Gemischtes

Deutsche Zulieferer wappnen sich für Umbruch in Auto-Industrie

Die Umrüstung auf die E-Mobilität könnte die Auto-Zulieferer-Branche viele Arbeitsplätze kosten.
13.04.2018 17:04
Lesezeit: 2 min

Deutschlands Autozulieferer stehen vor großen Herausforderungen. Der mögliche Niedergang des Dieselmotors und der potentielle Aufstieg des Elektro-Autos stellen für die Zulieferer-Industrie und sogar für ganze Regionen eine ernsthafte Bedrohung dar. Ein Beispiel ist Homburg. Die Kommune zwischen Saarbrücken und Kaiserslautern ist von ihren Autoausrüstern wirtschaftlich abhängig. Fast ein Viertel der insgesamt 32.000 Arbeitnehmer in dem 42.000-Einwohner-Ort ist bei drei großen Zulieferern tätig. Bei Bosch, das vor Ort drei Fabriken unterhält, fertigen 4.500 Mitarbeiter Hydraulik-Komponenten und Einspritzsysteme. Bei Schaeffler produzieren 2.400 Menschen Wälz- und Nadellager. Und bei Thyssenkrupp stellen 700 Mitarbeiter Kurbelwellen her.

Sollte das Elektroauto das Dieselfahrzeug ablösen - was angesichts der gravierenden Schwächen des Elektroantriebs alles andere als sicher ist - würden diese Produkte nicht mehr gebraucht. Vom Diesel-Skandal bei VW sind die drei Homburger Bosch-Werke bereits betroffen. Die Einspritzsystem-Produktion ging letztes Jahr um zehn Prozent zurück. Der Bosch-Vorstand plante daraufhin die Stilllegung einer Produktionslinie für ein älteres Modell von Diesel-Injektoren. Erwogen wurde auch, die Produktion nach Indien zu verlegen. Unabhängig davon, wie die Entscheidung ausgefallen wäre, hätten 700 Mitarbeiter bis Ende 2017 ihren Arbeitsplatz verloren. Nach Protesten der Belegschaft und Interventionen der saarländischen sowie der rheinland-pfälzischen Landesregierung machte Bosch seine Entscheidung rückgängig und verkündete eine Job-Garantie bis Ende dieses Jahres. Im Gespräch ist derzeit die Reduzierung der Belegschaft um 400 Mitarbeiter sowie die Einführung von zeitweiliger Kurzarbeit. Geprüft wird auch, ob die Produktionslinie auf andere Produkte umgestellt werden kann.

Batteriezellen werden in den Homburger Bosch-Werken allerdings nicht hergestellt werden. Investitionen in Höhe von 20 Milliarden Euro wären notwendig gewesen, um die dafür notwendige Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu leisten sowie die entsprechenden Produktionsstätten aufzubauen. Anfang dieses Jahres entschied sich der Bosch-Vorstand gegen die Investitionen. Gegen die etablierte Konkurrenz aus Fernost hätte man sich nicht durchsetzen können, lautete die Begründung. Wenige Wochen, nachdem Bosch seine Entscheidung bekannt gegeben hatte, unterzeichnete VW Lieferverträge mit chinesischen und koreanischen Batteriezellen-Herstellern im Wert von 20 Milliarden Euro.

Bosch ist der größte Autozulieferer der Welt. Das 1886 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart erzielt rund 60 Prozent seines Umsatzes von 78 Milliarden Euro (2017) mit seiner Autosparte. Von den weltweit 400.000 Mitarbeitern sind 135.000 in Deutschland beschäftigt.

Wenn Bosch seine Aktivitäten in Homburg reduzieren würde, wäre das eine Katastrophe, sagte Bürgermeister Rüdiger Schneidewind im Gespräch mit Bloomberg. „Wir müssen abwarten, ob das Unternehmen neue Teile entwickeln kann, die zukunftssicher sind.“

Mit hohen Investitionen bereitet sich die ZK Friedrichshafen auf die Zukunft vor. Der mit einem Umsatz von 37 Milliarden Euro nach Bosch und Continental drittgrößte deutsche Autozulieferer steckt 2018 über zwei Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung. Diese Summe entspricht in etwa dem operativen Gewinn des Unternehmens. Unter anderem wollen die Baden-Württemberger mit dem Geld Elektroantriebe, hybride Getriebetechniken sowie Fahrerassistenzsystem entwickeln.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik NATO ohne Substanz: Europa fehlen Waffen für den Ernstfall
01.07.2025

Europa will mehr für die Verteidigung tun, doch der Mangel an Waffen, Munition und Strategie bleibt eklatant. Experten warnen vor fatalen...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Krypto-Coup: Milliarden für die Familienkasse
30.06.2025

Donald Trump lässt seine Kritiker verstummen – mit einer beispiellosen Krypto-Strategie. Während er Präsident ist, verdient seine...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Streit um Stromsteuer belastet Regierungskoalition
30.06.2025

In der Bundesregierung eskaliert der Streit um die Stromsteuer. Während Entlastungen versprochen waren, drohen sie nun auszubleiben –...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft PwC: Künstliche Intelligenz schafft Jobs nur für die, die vorbereitet sind
30.06.2025

Künstliche Intelligenz verdrängt keine Jobs – sie schafft neue, besser bezahlte Tätigkeiten. Doch Unternehmen müssen jetzt handeln,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...