Die USA, Frankreich und Großbritannien haben angegeben, einen Militäreinsatz gegen Syrien durchgeführt zu haben. US-Präsident Donald Trump hatte "Präzisionsschläge" angekündigt, die sich gegen Ziele richten sollten, die mit Chemiewaffen in Zusammenhang stehen sollen. Die Angriffe seien eine Vergeltung für die Verwendung chemischer Waffen durch die syrische Regierung gegen das eigene Volk. Ein solcher Einsatz ist bisher nicht bewiesen worden. Russland hatte am Freitag bekanntgegeben, Beweise zu besitzen, dass ein angeblicher Anschlag in Duma eine von Großbritannien veranlasste Inszenierung gewesen sei. Trumps Tweet war nicht eindeutig: Er sprach davon, dass einen Chemiewaffen-Angriff nur ein "Monster" ausführen könne. Welche Gruppierung er damit meinte, ging aus dem Tweet nicht hervor.
Die britische Premierministerin Theresa May nannte in einer rätselhaften Begründung den angeblichen Giftgas-Angriff auf den britisch-russischen Doppelspion Skripal als Kriegs-Grund gegen Syrien. Sie sagte: "Wir können nicht erlauben, dass der Gebrauch chemischer Waffen normal wird: innerhalb Syriens, auf den Straßen Großbritanniens oder irgendwo sonst in unserer Welt." Wie auch beim angeblichen Angriff in Syrien gibt es im Fall Skripal keinen einzigen schlüssigen Beweis, wer diesen Anschlag verübt haben sollte. Vor allem ist nicht nachvollziehbar, warum Syrien plötzlich für eine Aktion zur Verantwortung gezogen wird, von denen nicht einmal die Briten selbst behauptet hatten, dass Syrien damit zu tun habe.
Es ist unabhängig nicht zu überprüfen, welche Angriffe wirklich stattgefunden haben. Das von Militär den westlichen Nachrichtenagenturen bereitgestellte Bildmaterial zeigt keine eindeutig zuzuordnen Kampfhandlungen, sondern Militärgerät, unscharfe Videobilder und diverse Flugzeuge bei Landungen. Über Twitter wurden zahlreiche bizarre Videos und Fotos verbreitet, bei denen sich allerdings nicht erkennen ließ, was sie zeigen sollen. Die meisten Aufnahmen zeigte Lichtphänomene in der Nacht.
Das russische Verteidigungsministerium sagte laut TASS, dass die russische Luftabwehr nicht aktiviert werden musste. Die syrische Luftabwehr russischer Bauart habe die meisten Raketen zerstört. Laut Moskau sollen 100 Raketen auf "militärische und zivile Ziele" abgefeuert worden sein.
Es ist unklar, welche Ziele angegriffen wurden. Die syrische Luftwaffe hatte bereits im Lauf der Woche einen Großteil ihrer Flugzeuge in Sicherheit gebracht.
Der Angriff erinnert an den ersten Luftschlag von US-Präsident Trump gegen Syrien: Vor einem Jahr hatten die USA angeblich Tomahawks gegen einen leeren Flughafen in Shayrat abgefeuert. Auch damals war ein nicht bewiesener Giftgas-Angriff der Grund, auch damals war der politische Druck auf Trump groß. Die Russen hatten eine Warnung erhalten, der Schaden für Syrien war überschaubar. Es gab allerdings einige Todesopfer auf syrischer Seite. Das Pentagon sagte, beim aktuellen Schlag seien doppelt so viele Raketen abgefeuert worden wie im April 2017.
US-Verteidigungsminister James Mattis sagte, der Angriff sei ein "one time shot" gewesen und dass keine weiteren Schläge geplant seien. Die Militäroperation sei begrenzt gewesen. Die Regierungen in London und Paris bestätigten ihre Beteiligung an der US-Militäraktion. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron und Großbritanniens Regierungschefin Theresa May erklärten, es handele sich um gezielte Angriffe auf Gebäude, die das syrische Regime zur Produktion von Chemiewaffen nutze.
Der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson bezeichnet die Luftschläge laut Reuters als "sehr erfolgreich".
Auch Frankreich erklärte die Angriffe für beendet. Nachrichtenagenturen zitieren als Quelle "das Umfeld" von Präsident Emmanuel Macron. Die französische Armee stehe aber für mögliche weitere Einsätze bereit. Frankreich hatte vor einigen Tagen eine Offensive in Nordsyrien gestartet. Nach den Worten des französischen Außenministers Jean-Yves Le Drian hätten die Angriffe der heimischen Luftwaffe in Syrien nicht auf Verbündete Syriens abgezielt. Frankreichs Verteidigungsministerin Florence Parly sagte, die Russen seien vor der Intervention gewarnt worden.
In Damaskus waren in der Nacht auf Samstag einige Explosionen zu hören. Rauch sei auf der Ostseite der syrischen Hauptstadt aufgestiegen, sagten Augenzeugen laut Reuters.
Die Schäden des Angriffs scheinen sich allerdings sehr in Grenzen gehalten zu haben: Syrischen Staatsmedien zufolge führten die Angriffe auf eine Forschungseinrichtung in Barseh nahe der Hauptstadt Damaskus lediglich zu Sachschäden. Auf eine Militärstellung in Homs abgefeuerte Raketen seien umgelenkt worden, dadurch seien drei Zivilisten verletzt worden.
Reuters bringt die Aussage eines "hochrangigen Assad-Vertrauten": Demnach wurden die von den USA angegriffenen Militärbasen dank einer Warnung Russlands bereits vor Tagen evakuiert. Die Regierung schätze derzeit die Schäden ab.
Die russische Reaktion fiel zurückhaltend aus: Russlands Präsident Wladimir Putin sagte, der Westen habe eine Aggression gegen ein Land durchgeführt, das gegen den Terrorismus kämpfe.
Das russische Verteidigungsministerium erklärt laut der Nachrichtenagentur TASS, keine der abgefeuerten Raketen sei in syrischen Gebieten niedergegangen, in denen durch russische Abwehrsysteme Anlagen in Tartus und in Hmeimim geschützt würden. Der Vorsitzende des russischen Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten nennt die Angriffe eine empörende Verletzung internationalen Rechts und eine grundlose Attacke auf eine souveräne Regierung, wie die Nachrichtenagentur Interfax meldet. Die Angriffe seien höchstwahrscheinlich der Versuch, die Untersuchung des angeblichen Giftgaseinsatzes in Duma durch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) zu erschweren oder zu verhindern.
Das türkische Außenministerium und die israelische Regierung begrüßte die US-geführten Angriffe als "angemessene Antwort" und Markierung einer "roten Linie".
Das iranische Außenministerium verurteilte die Angriffe als Akt der Aggression gegen Syrien, wie der Fernsehsender Al-Manar berichtet, der der libanesischen Hisbollah-Miliz nahesteht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte zu der Aktion laut Reuters am Samstag in Berlin: "Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben. Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen."