Politik

Ost-Ausschuss: Deutschland muss bei Nord Stream 2 vermitteln

Die deutsche Wirtschaft hat die Bundesregierung aufgefordert, beim Ostsee-Pipeline-Projekt Nord Stream 2 eine Vermittlerrolle zwischen der Ukraine und Russland einzunehmen.
14.05.2018 01:11
Lesezeit: 2 min

"Die deutsche Regierung kann vermitteln, weil Deutschland und die deutsche Wirtschaft eine wichtige Rolle bei dem Projekt spielen", sagte Michael Harms, Geschäftsführer beim Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, der Deutschen Presse-Agentur.

Am Sonntag bricht Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zu einer zweitägigen Reise zunächst in die Ukraine und anschließend nach Russland auf. Der CDU-Politiker will in Kiew sowie dann in Moskau bis Dienstag mit seinen Amtskollegen über energie- und wirtschaftspolitische Fragen sprechen. Er hatte der Ukraine in der Debatte um Nord Stream 2 Unterstützung signalisiert.

Die Ukraine fährt schweres Geschütz gegen die Pipeline auf und behauptet, Nord Stream 2 werde Deutschlands Macht in Europa festigen. Die Umsetzung des Nord Stream 2-Projekts werde Deutschland zu einem europäischen Gasdrehkreuz machen, sagte die stellvertretende Außenministerin der Ukraine, Jelena Zerkal. "Nach der Bildung einer Koalition können wir leider nur sagen, dass Frau Merkels Position im Nord Stream 2-Projekt nicht so kategorisch ist", sagte sie gegenüber dem ukrainischen Kanal 5. "Sie kann die positiven Aspekte der Nord Stream-Gaspipeline als Deutschland sehen, weil Deutschland den größten Gasmarkt hat. Und Deutschland wird die volle Kontrolle über Europa haben – einschließlich Ungarn und anderer kleiner Länder", fügte Zerkal hinzu. Nach Angaben des ukrainischen stellvertretenden Außenministers wird das Nord Stream 2-Projekt Deutschland erlauben, Privilegien im europäischen Energiesektor an sich zu reißen.

Bei den Verhandlungen zwischen dem russischen Gaskonzern Gazprom und der ukrainischen Gasgesellschaft Naftogaz gehe es vor allem um den Umfang des Gastransits durch die Ukraine, sagte Harms. "Es herrscht Einigkeit darüber, dass das ukrainische Transitnetz weiterhin benötigt wird, weil der Importbedarf in der EU steigt und Nord Stream 2 noch auf Jahre nicht mit voller Kapazität zur Verfügung stehen wird. Die Frage ist nun, auf welche Durchleitungsmengen sich beide Seiten einigen können."

"Nord Stream 2" soll russisches Erdgas über die Ostsee nach Mittel- und Westeuropa transportieren. Die Ukraine befürchtet eine sicherheitspolitische Verschlechterung, sollte sie als Erdgas-Transitland für Russland weniger wichtig werden. Für die Ukraine und andere osteuropäische Länder sind Transitgebühren für russisches Gas zudem eine wichtige Einkunftquelle.

Der neue US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, hat vor "russischem Einfluss" auf Deutschland und Europa durch Nord Stream 2 gewarnt. "Wir sind sehr besorgt wegen des Pipeline-Projekts", sagte Grenell den Funke-Zeitungen. Die USA arbeiteten eng mit den Europäern zusammen, die ebenfalls besorgt seien. Die jetzige Pipeline-Strategie bezeichnete er als "sehr problematisch".

Auch die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager kritisierte das Projekt. Nord Stream 2 sei nicht im europäischen Interesse, sagte sie den Funke-Zeitungen. "Wir haben die gemeinsame Strategie, unsere Energie aus vielfältigen Quellen zu beziehen – und uns nicht so stark von Russland abhängig zu machen." Dies sei nicht nur aus Gründen des Klimaschutzes geboten, betonte die Kommissarin. "Es geht auch um Sicherheitsinteressen."

Die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock kritisierte, das Pipeline-Projekt konterkariere die Sanktionspolitik der EU: "Das Projekt wird allein aus wirtschaftspolitischen Gründen betrieben, aber europapolitisch läuft es allen Ansprüchen zuwider", sagte Baerbock der Welt am Sonntag.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump plant Milliardeninvestition in Bitcoin und andere Kryptowährungen
31.05.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsangelegenheit machen – mit Milliarden-Investitionen seiner Mediengruppe. Während der Markt jubelt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Monopol auf Seltene Erden wankt – doch der Westen zahlt den Preis
31.05.2025

China kontrolliert die Welt der Seltenen Erden – und lässt Konkurrenz nur zu ihren Bedingungen zu. Neue Minen entstehen, doch ihre...